Epilog

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Taehyung

Junges Grün wächst, der Duft von Blumen benebelt die Luft, breitet sich aus. Es riecht süßlich, dass es die Bienen anlockt, die endlich wieder frei sein können, in der Wärme lieblich summen können.
Die Blüten sind frisch, auf ihnen perlen Tropfen, die vom gestrigen Regen noch nicht vollkommen verschwunden sind.
Die Bäume bekommen frische Blätter, werden wieder kräftiger, erlangen ihre alte Stärke wieder. Tiere leben auf, Eichhörnchen rennen die Stämme hinauf, die Mäuse quiecken glücklich, die Vögel zwitschern ein Lied zum neu abgebrochenen Morgen.

Und doch, obwohl Frühling ist, die Zeit des Neuanfangs, die bunt und wild ist, eine einzigartige Erfahrung, die man selbst beobachten darf. Alles was ich wahrnehme ist die graue Welt. Es wirkt als würden die Blumen trauern, dass sie nicht ein Jahr durchhalten würden, wieder ersterben.
Die Bäume sich fürchten wieder blank machen zu müssen, ihr Grün abschütteln.
Tiere sich vor ihrem Feind verstecken, nur deswegen so lebhaft herumrennen, sie wollen nichts riskieren.
Und die Vögel, es ist als würden sie ein Trauerlied für mich singen, ich der regungslos mitten auf dem Hof stehe, den ich sonst immer liebte.

Alles scheint so fern von mir, ich bin isoliert von der Schönheit, die ich nun so sehr beneide. Auch ohne das ich es so sehe, alles um mich herum kann leben, während ich von innen welke. Ohne mich und meine Existenz scheint die Welt sich weiter zu drehen, ich gehe nicht einmal mehr mit ihr.
Warte auf das Schicksal mich zu holen wie es das bei vielen macht.

Wo war überhaupt mein Platz auf dem Planeten, ich hatte keine Familie, nichts.
Yeontan vernachlässige ich so sehr, dass Jimin ihn aufgenommen hat. Meine Freunde, ich schotte mich immer mehr von ihnen ab, obwohl sie nicht aufgeben wollten, wie immer, mich wieder auf die richtige Spur zu lenken, mir meinen Weg zu zeigen.

Doch habe ich überhaupt einen solchen?

Noch nie hat mich irgendjemand gewiesen, nicht einmal den kleinsten Pfad entdeckte ich bisher und ich exestiere schon so unendlich lang, das ich zweifle, dass der überhaupt ist.

Es tut mir leid für die Jungs, dass sie nichts bekommen für das was sie mir geben.
Nur Abweisung von mir spüren, nicht einmal den Mut ihnen in die Augen zu sehen hab ich noch.
Denn auch sie leiden, das weiß ich, allen voran Hoseok, der der seinen Bruder verlor, sein letztes bisschen Familie, die er besaß.
Selbst jener scheint besser damit umzugehen, er ist auch oft hier und versucht sein bestes, das habe ich nicht verdient.

Kürzlich ist mir klar geworden was Jin damals wirklich gemeint hat, weshalb ich es übernehmen soll. Sie hätten es zu hundert Prozent besser gemeistert, die Situation, aber der Blonde durchschaut mich zu der Zeit durch und durch.
Er wusste genau von unseren Gefühlen, er wusste wie sehr wir uns liebten, ohne das es uns so streng bewusst war.
Uns alleine zu lassen, damit wir uns dies sagen können, das war sein Plan, damit es nicht zu schmerzhaft ist, wir ohne Reue unserer Bestimmung folgen, ich der weiter auf der Erde wandelt und Yoongi, der sich verabschieden musste.

Ich halte einen Strauß voller bunten Blumen in der Hand, obwohl ich alles so monochrom wahrnehme, ich weiß wie schön er eigentlich ist. Die Dornen einzelner Rosen, die beigemischt sind bohren sich in meine Haut, sodass Blut sich mit dem Wasser vermischt, in welchem sie vor kurzem standen.

Langsam gehe ich in die Hocke, meine wilden Haare, fliegen mir ins Gesicht. Sie sind ungepflegt, fettig, offen und kurz. Ich habe sie geschnitten, weil ich entschlossen für einen Neustart war, der mir bis jetzt nicht gelungen ist. Die Strähnen stören, versperren meine Sicht auf das vor mir.

Anschließend stelle ich den Strauß in die Vase, der schon mit Wasser reichlich gefüllt ist. Von den eingepflanzten Blumen entferne ich die welken Blüten und zupfe das bisschen Unkraut, dass sich doch gebildet hat in einem Tag.

Ich schmeiße den Dreck in einen kleinen Eimer daneben, und verstecke jenen sofort wieder, sonst zerstört es das ganze Bild, der Ort durfte nicht den Hauch eines Makels aufweisen.

Wie immer lese ich die Innenschrift des Steines vor mir, meine Lippe beginnt zu zittern, mehr mit jedem Buchstaben.

Min Yoongi
*9.03.1993
†14.11.2015
Das Leben endet, die Liebe bleibt

Meine Tränen, ich denke jedes Mal ich habe genug vergossen, könnte es nicht mehr, aber Momente wie diese bewiesen mir, dieser Schmerz ist so unendlich tief, egal wie oft ich weine, es würde genau so grausam bleiben. Die Trauer um ihn, einen geliebten Menschen, Bruder, Freund und vielleicht auch Lover.

Ich vergrabe mein Gesicht in meinen von Erde beschmutzten Hände, schließe meine Augen und schluchze tief auf.
Der ganze Schmerz, er wirkt realer, mehr als dir letzten Male, ich erinnere mich noch immer bildhaft an seine letzten Worte und das Gesicht, das Lächeln von dem kleinen Engel.

"Tae ich, ich- ich liebe dich" gesteht er schließlich doch, ein zartes, zufriedenes Lächeln auf den Lippen. Eine einzelne Träne rennt seine Wange entlang.

"Ich konnte es dir nicht sagen, so gerne hätte ich das" wimmer ich, meine Tränen schneiden mir die Luftzufuhr ab.
"Kein Wort könnte beschreiben was du für mich warst, nichts könnte das jemals, es tut mir so leid das es so kommen musste, ich, alleine ich bin Schuld und auch du wusstest das bestimmt, aber trotzdem hast du mich so lieblich angesehen, als ob ich das wertvollste auf deiner kleinen Welt wäre, die zu zerbrechen drohte. Ich wünschte ich könnte dir noch sagen wie dankbar ich für dich bin, du hast mir so viel gegeben.
Vor allem hast du mir gezeigt wie fühlen geht. Es war so als ob du mir Einblick in jede Emotion gewährt hast, die jemals existiert hat. Ich bin so dankbar und gleichzeitig wünsche ich mir nicht gelernt zu haben wie schlimm Trauer und Verbitterung ist.
Ich vermisse dich, dein Bruder vermisst dich, Seokjin, Namjoon, Jeongguk, Jimin, Jackson sogar Yeontan!"
Ich halte inne, verstumme komplett.
An meiner Brust halte ich mich, es ist als ob sie schmerze obwohl da nichts ist.

"ich habe dir noch keine Antwort gegeben Yoongi... weißt du auch ich liebe dich" flüster ich beinahe tonlos, meine Tränen scheinen zu versiegen. Und auch wenn der Katzenäugige, den ich so sehr in mein ehemals kaltes Herz geschlossen habe, nicht mehr ist, so habe ich das Gefühl, seine Wärme zu spüren, wie er mich von hinten umarmt und sich bei mir bedankt...

Ende

Cut of life~TaegiUnde poveștirile trăiesc. Descoperă acum