Mycroft POV

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Ungeduldig verdrehte ich die Augen.
"Ich habe keine Zeit für diesen Unfug", stellte ich klar, als Jack statt auf meine Fragen zu antworten, wieder begann, Gegenfragen zu stellen.
"Das hast du früher auch immer gesagt, wenn ich dich verunsichert habe", entgegnete Jack triumphierend.
"Du verunsichert mich keines Wegs", erwiderte ich verärgert. "Du ermüdest mich bloß"
Jack legte den Kopf schief und musterte mich eingehend.
"Das ist doch nicht das, was du wirklich über mich denkst, Mycroft"
Ich hielt seinem Blick stand.
"Doch, Jack. Mein Leben ist - im Gegensatz zu deinem - weitergegangen.", stellte ich klar.
Denn egal wie sehr er mich noch immer verunsicherte, ich war nicht mehr der junge Mann, der - vollkommen fasziniert von Jack - alles für ihn getan hätte.
Jack schnaubte verächtlich.
"Du bist abhängig von mir, Mycroft Holmes. Bild dir ruhig ein, dass es anders ist. Aber wir beide kennen die Wahrheit"
Ich ballte die Fäuste und versuchte nach außen hin weiterhin gefasst zu wirken - was mir allerdings nur mehr oder minder gelang.
"Hat es dir die Sprache verschlagen?" Jack hob fragend eine Augenbraue und machte einen Schritt auf mich zu.
"Du bist dir doch sonst nie für einen Spruch zu schade", fuhr er fort.
Großer Gott! Langsam war es mit meiner Geduld nun wirklich zu Ende!
Ich sog scharf die Luft ein und blickte auf die Uhr.
Bereits seit zwanzig Minuten versuchte ich Jack zu verhören und bekam nichts außer Gegenfragen und unangebrachter Bemerkungen aus ihm heraus.
"Wieso sagst du mir nicht einfach, was ich hören will?", fragte ich gereizt. "Dann können wir das Ganze hier endlich hinter uns bringen"
Jack kam noch etwas näher auf mich zu.
"Das wäre doch viel zu langweilig", antwortete er.
Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, zog Jack mich urplötzlich zu sich heran und presste seine Lippen auf meine.
Für einige Sekunden starrte ich ihn bloß schockiert an.
Jack war vieles zuzutrauen, doch ich hatte keines Falls damit gerechnet, dass er so weit gehen würde.
Als ich ein Geräusch neben mir wahrnahm, schaffte ich es endlich, mich aus meiner Schockstarre zu reißen. Ich stieß Jack mit so viel Wucht von mir weg, dass er gegen die harte Steinwand knallte.
Statt seinen Fehler zu begreifen, grinste er mich jedoch bloß dreckig an.
Und als wäre das alles nicht schon schlimm genug, erkannte ich plötzlich, wer das Geräusch neben mir verursacht hatte.
"Greg", stieß ich entsetzt hervor.
Dieser warf mir bloß einen ungläubigen Blick zu und machte einige Schritte rückwärts.
Ich wollte irgendetwas tun oder sagen, doch erschien mir in dieser Lage nichts wirklich angebracht und so starrte ich meinen Freund bloß schweigend an.
In meinem Blick lag etwas Flehendes. Doch Greg wich immer weiter vor mir zurück.
"Ich... ich muss an die frische Luft", stammelte er und eilte Richtung Ausgang, wobei er fast in einen der Wärter hineingerannt wäre.
Ich warf Jack einen vernichtenden Blick zu.
"Ich verspreche dir, du wirst den Rest deines verfluchten Lebens in dieser Zelle verbringen!", zischte ich, bevor ich Greg hinterher lief.

"Greg!", rief ich meinem Freund zu, woraufhin sich dieser umdrehte.
Draußen war es relativ kalt für die Jahreszeit und dummerweise hatte ich meinen Mantel im Auto gelassen.
Fröstelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust.
"Es tut mir leid", sagte ich leise.
"Was tut dir leid, Mycroft?", fragte Greg aufgebracht. "Was zur Hölle war das?!"
Ich senkte meinen Blick, weil ich es einfach nicht ertrug, Greg nach den Geschehnissen von eben in die Augen zu sehen.
Natürlich war es nicht meine Absicht gewesen, dass das passierte und ich hatte den Kuss keinesfalls erwidert.
Doch für Greg musste das Ganze anders ausgesehen haben.
"Was verdammt nochmal ist los mit dir?!", rief Greg wütend. "Kannst du nicht wenigstens einmal ehrlich sein?"
Ich schluckte.
"Ich weiß, ich hätte sofort aufrichtig zu dir sein sollen...", fing ich an.
"Oder als ich dich danach gefragt habe", unterbrach mich Greg verärgert. "Ich habe dir die Chance gegeben, ehrlich zu sein. Und dann verschweigst du mir sowas?"
"Ich werde dir die ganze Wahrheit erklären - wenn du mir nur zuhörst", bat ich ihn.
Greg nickte distanziert.
"Okay"

Mystrade - One Call Away (Sherlock)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt