Lestrade POV

1K 72 15
                                    

Mycroft stöhnte genervt auf.
"Warum? Du kannst ja gerne hingehen, aber wieso muss ich denn mitkommen?"
Ich seufzte.
"Wie sieht es denn bitte aus, wenn mein Freund nicht mitkommt? Außerdem würde Sherlock dich sicher gerne bei der Hochzeit dabei haben"
"Und John wäre sicher erleichtert, wenn ich nicht erscheinen würde", unterbrach mich Mycroft und ließ seinen Blick an mir herabwandern.
"Wow. Der Anzug steht dir"
Ich grinste.
"Du könntest ihn noch den ganzen Abend bewundern, wenn du mitkommst. Außerdem gibt es laut Mary einen wirklich leckeren Kuchen"
Mycroft hob skeptisch eine Augenbraue. "Wie kommst du darauf, dass du mich damit bestechen kannst?"
Ich schmunzelte und schaltete die Kafeemaschine ein, die Mycroft mir vor einer Woche geschenkt hatte, als ich bei ihm eingezogen war.
"Nur so eine Vermutung"

Als wir auf der Hochzeit eintrafen, wurden wir zuerst von einer übermäßig erfreuten Mary und anschließend von einem nicht ganz so begeisterten John begrüßt.
Er schien aber nicht verärgert, sondern eher überrascht darüber, dass Mycroft gekommen war.
Mycroft beharrte jedoch auf seine Meinung, dass John ihn nicht leiden konnte.
Während ich uns zwei Sektgläser besorgte und Mycroft unsere Mäntel weghängte, bemerkte ich, dass Molly und Tom auch schon da waren, was wahrscheinlich an Mollys Überpünktlichkeit oder ihrer Begeisterung für Hochzeiten lag. Oder daran, dass Sherlock ebenfalls da war.
Dieser unterhielt sich gerade gut gelaunt mit einer der Brautjungfern, als Mycroft auf ihn zusteuerte und seinen Bruder begrüßte.
Sherlock schien ebenfalls nicht mit Mycrofts Anwesenheit gerechnet zu haben. Ich schmunzelte in mich hinein.
"Ähm, dürfte ich einmal...", hörte ich eine Stimme hinter mir.
"Oh ja klar, entschuldigen Sie", murmelte ich und machte dem hochgewachsenen Mann in Uniform Platz. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch es schien sich eindeutig um den Militärkommandanten zu handeln, den ich bloß aus Johns Erzählungen kannte.
Ich räusperte mich und streckte ihm höflich die Hand entgegen.
"Ich bin Greg. Ein Freund des Brautpaars"
Der ehemalige Kommandant nickte mir freundlich zu und schüttelte meine Hand mit einem erstaunlich festen Händedruck.
"Major Sholto. Freut mich"
Ich zuckte kurz zusammen, als ich auf einmal Mycrofts Stimme an meinem Ohr wahrnahm.
"Major Sholto, aha"
Er trat an mir vorbei und musterte den Major mit einem abfälligen Blick.
"Mycroft Holmes", fügte er dann mit einem knappen Nicken hinzu und zog mich mit einer sanften Bestimmtheit von ihm weg.
"Was sollte das?", raunte ich ihm irritiert zu.
"Ich traue niemandem vom Militär"
Ich seufzte.
"Und wieso nicht?"
Mycroft nahm mir das Sektglas aus der Hand und trank einen Schluck.
"Weil es heute noch einen Mord geben wird, wenn mein Bruder ihn nicht verhindert"
Geschockt blickte ich ihn an.
"Was?! Hier? Auf der Hochzeit? Aber das ist doch...!"
Mycroft zuckte die Schultern, als hätten wir uns gerade über ein unwichtiges Thema, wie die Farbe der Tischdecken unterhalten und ging zu unseren Plätzen.

Mein Blick wanderte zu Sherlock, der, nachdem er tatsächlich den Abend gerettet hatte - wie Mycroft es prophezeit hatte - nun seine Geige zur Hand nahm und für John und Mary ein selbstgeschriebenes Stück zu spielen begann.
Den ganzen Tag über schon hatte in seinem Blick etwas Wehmütiges und irgendwie Hoffnungsloses gelegen.
Seit dem Gespräch mit seinem Bruder, schien seine Deprimiertheit noch mehr zugenommen zu haben, doch Mycroft wollte mir einfach nicht verraten, worüber er und Sherlock vor einigen Minuten geredet hatten.
Als Sherlock nun die letzten Töne auf seiner Geige spielte, lagen seine traurigen Augen auf John, der Mary lächelnd und überglücklich küsste.
Auch wenn ich mich unglaublich für die beiden freute, ließ mich dieser Ausdruck in Sherlocks Augen den ganzen Abend nicht mehr los.

Mystrade - One Call Away (Sherlock)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora