Lestrade POV

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"Du kommst doch auch, Sherlock?", frage Mary, als wir über ihre im Mai geplante Hochzeit sprachen.
"Hochzeiten, hm... nicht wirklich mein Ding", entgegnete dieser und blickte gedankenverloren aus dem Fenster.
Mary grinste bloß. Sie schien anzunehmen, dass Sherlock, trotz seiner Abneigung gegenüber Hochzeiten, erscheinen würde.
Ich konnte nur hoffen, dass er seinen Bruder nicht überreden würde, ebenfalls zu kommen.
Das letzte was ich gerade wollte, war, Mycroft sehen zu müssen.
Glücklicherweise hatte ich gerade so viel Stress im Job, dass ich nicht viel über Mycroft nachdenken konnte.
Außerdem freute ich mich viel zu sehr darüber, dass John Sherlock verziehen hatte und nun alles wieder beim Alten war, als dass ich hätte missgelaunt sein können.
Auch Marys und Johns Hochzeit würde sicher fantastisch werden.
Es konnte also alles nur bergaufgehen.
Als mein Handy vibrierte, blickte ich kurz auf den Bildschirm und erstarrte.
Ein eingehender Anruf von Mycroft.
Schnell drückte ich ihn weg.
"Alles in Ordnung?", raunte Sherlock mir zu.
Ich wollte gerade etwas möglichst Unverfängliches erwidern, da wurde die Tür auf einmal aufgerissen, sodass mir eine Antwort erspart blieb.
"Hallo zusammen!", rief Molly und betrat mit ihrem neuen Freund - der eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit Sherlock hatte - das Zimmer.
Während ich mich ein wenig mit ihr und Mary unterhielt, spürte ich wie mein Handy alle paar Sekunden wieder zu vibrieren begann. Ich ignorierte es jedoch.
Als es mir nach ein paar Minuten dann doch zu nervig wurde, schaltete ich es auf stumm.
Ich wüsste nicht, was Mycroft und ich uns noch zu sagen hätten.
Anscheinend hatte er ja alles Wichtige schon bei unserem letzten Treffen ausgesprochen.

"Haben Sie mir überhaupt zugehört?", fragte Sherlock und blickte zu mir herüber. Schnell ließ ich mein Handy sinken.
"Ich ähm... nicht ganz", gab ich zu.
"So durcheinander wie du redest, wäre es ja auch ein Wunder, wenn dir jemand folgen könnte", zog John Sherlock auf.
Ich warf ihm kurz einen dankbaren Blick zu.
"Daran lag es aber nicht", beharrte Sherlock. "Unser lieber Grayson war abgelenkt"
"Greg", verbesserte ihn John. Dann runzelte er irritiert die Stirn.
"Abgelenkt?"
Sherlock nickte.
"Er hat gerade eine Nachricht von jemandem bekommen, der ihm sehr viel bedeutet, den er jedoch seit geraumer Zeit ignoriert, was darauf schließen lässt, dass er sich mit der Person gestritten hat."
"Und das siehst du daran, dass Greg gerade auf sein Handy geguckt hat?", fragte John immer noch sichtlich verwirrt und warf Sherlock einen ungläubigen Blick zu.
"Natürlich", erwiderte dieser, als wäre es offensichtlich.
"Gray... Greg hat Gefühle für diese Person aufgebaut und anscheinend angenommen, diese würden erwidert werden. Dann wurde er jedoch abgewiesen, weshalb er jetzt auf keine ihrer Nachrichten oder Anrufe reagiert."
"Logisch", murmelte John ironisch.
Sherlock ignorierte seinen Kommentar und meinen entsetzten Blick und fuhr fort: "Sie scheint jedoch ebenfalls Gefühle für ihn zu haben, sonst hätte sie sich nicht mit ihm getroffen und würde ihm nicht extra einen Brief schreiben"
Er deutete auf den Briefumschlag auf meinem Schreibtisch.
Immer noch verblüfft starrte ich Sherlock an.
Abgesehen von der Tatsache, dass er glaubte, dass es um eine Frau ging, hatte er soeben meine gesamte Situation durchschaut.
Als mir klar wurde, dass Sherlock vorhatte, Mycrofts Brief zu öffnen, und er somit alles herausfinden würde, machte ich einen Satz auf meinen Arbeitstisch zu.
Sherlock war jedoch schneller und bevor ich den Brief verschwinden lassen konnte, hatte Sherlock ihn sich schon geschnappt.
"Er hat ihn noch nicht sehr lange.", deduzierte er einfach weiter, als würde es sich hier um einen Fall handeln. "Trotzdem ist der Brief ziemlich zerknickt, was darauf hindeutet, dass er schon mehrmals darüber nachgedacht hat ihn zu öffnen, es dann jedoch gelassen hat. Die Schrift auf dem Umschlag ist ziemlich ordentlich, also entweder die Person... Oh."
Einige Sekunden lang schwieg Sherlock.
Ich nutzte den Moment, um ihm den Brief aus der Hand zu reißen und ihn in meine Manteltasche zu stopfen.
John schien sich ein wenig für das Verhalten seines Freundes zu schämen und nicht so Recht zu wissen, was er jetzt sagen sollte.
Da ich ebenfalls kein Wort herausbrachte, war es Sherlock, der das Schweigen brach.
"M.H."
Verständnislos blickte John ihn an.
"Das stand auf dem Brief. Von M.H."
Ich schluckte.
Jetzt war der Zeitpunkt also gekommen.
Sherlock wusste Bescheid.

Mystrade - One Call Away (Sherlock)Where stories live. Discover now