Lestrade POV

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Als ich endlich mein Handy gefunden hatte, blickte ich verwirrt auf den Bildschirm.
Sieben verpasste Anrufe?
Zwei waren von Grace, doch meine Frau würde sich wohl oder übel gedulden müssen.
Die restlichen waren von Sherlock und da es um den Fall ging, sollte ich ihn wohl schleunigst zurückrufen.
Doch in dem Moment fiel mir auf, dass ich zusätzlich zu den neunundzwanzig Nachrichten von Sherlock noch sechs von... Mycroft hatte?
Irritiert öffnete ich den Chat und hatte sogleich die Dringlichkeit aller anderen Dinge vergessen.
Es hatte sich anscheinend noch etwas Neues zu dem Fall ergeben, bei dem ich Mycroft um Hilfe gebeten hatte.
Schnell tippte ich eine Antwort ein.
"Greg! Hier bist du!", drang die vorwurfsvolle Stimme meiner Frau zu mir herunter.
Genervt und ein wenig enttäuscht klappte ich das Handy zu.
"Ja, Schatz. Ich komme sofort", rief ich und lief die Treppe nach oben, die aus der Tiefgarage herausführte.
In letzter Zeit lief es zwischen mir und Grace nicht wirklich gut und wir stritten so häufig, dass ich langsam den Überblick darüber verlor, warum wir überhaupt stritten.
Es gab einfach zu viele Dinge, die in letzter Zeit schief gelaufen waren.
Vor allem da ich sie vor knapp einem Monat mit einem ihrer Kollegen zusammen in unserem Bett erwischt hatte.
Grace bedeutete mir viel und sie schien es sehr zu bereuen, also hatte ich entschieden ihr noch eine Chance zu geben. Doch die Fehler der Vergangenheit ließen nicht von uns ab.
Langsam begann ich mich zu fragen, ob das mit Grace überhaupt noch das Richtige war. Ob ich nicht bloß aus Gewohnheit oder, weil es eben einfacher so war, bei ihr bleiben wollte. Ob ich nicht jemand Besseres verdient hatte.
Doch dieser Gedanke war gleichermaßen egoistisch als auch bescheuert.
Grace hatte bewiesen, wie leid es ihr tat und dass sie mich liebte. Ich sollte nicht mehr sauer auf sie sein.

Wie geht es Ihnen?
Ich schmunzelte.
So eine Frage hatte ich nicht von Mycroft erwartet.
Okay gut, ich war der jenige gewesen, der begonnen hatte ihm häufiger zu schreiben, doch ich hatte nicht wirklich mit einer Antwort gerechnet.
Jedes Mal überraschte es mich wieder, wenn auf meinem Bildschrim der Name 'Mycroft' aufleuchtete.
In der letzten Zeit hatte ich sehr häufig Nachrichten an Mycroft geschrieben und es gehörte für mich schon fast zur täglichen Routine.
Außerdem hoffte ich immer noch inständig darauf, dass Mycroft noch einmal zufällig bei mir in der Nähe war, was vielleicht etwas naiv war, aber naja...
Eigentlich ganz gut. Ich habe ein wenig Stress mit einem Fall. Druck von oben, wenn Sie verstehen...
Bereits kurz nachdem ich die Nachricht abgesendet hatte, traf auch schon Mycrofts Antwort ein.
Hatte er nicht etwas Besseres zu tun?
Nicht, dass es mich stören würde, aber als Fast-CIA-Chef sollte er doch vielleicht...?
"Kommen Sie jetzt, Greg?", fragte Sally ungeduldig.
Ich räusperte mich verlegen.
"Ähm ja... einen Moment noch"
Sie verdrehte bloß die Augen.
"Gut. Wir warten draußen auf Sie"
Ich nickte und wandte mich schnell wieder meinen Handy zu.
Mit Druck von oben kenne ich mich nicht so gut aus. Aber ich könnte den Leuten, die Ihnen Druck machen, vielleicht helfen sich auf ihre eigenen Probleme zu konzentrieren...?
I

ch grinste in mich hinein.
Ich fürchte, leider kann ich dieses Angebot nicht annehmen.
Aber das würden Sie wirklich für mich tun?
Und haben Sie wirklich nichts Wichtigeres zu tun, als mit mir zu schreiben?
Es dauerte ein wenig bis Mycroft antwortete.
Nichts Wichtigeres
Diese zwei kleinen Worte brachten mein Herz dazu schneller zu schlagen.
"Greg?!", ertönte Sallys Stimme.
Sie klang ziemlich genervt.
"Jaja, ich komme", seufzte ich, steckte mein Handy in die Hosentasche, zog mir meine Jacke über und folgte Sally nach draußen.

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich erst beim dritten Klopfen realisierte, dass jemand vor meiner Bürotür stand.
"Oh ähm, Herrein", rief ich schnell.
"Herrgott nochmal, wollen Sie mich ewig warten lassen?", ertönte eine mir bekannte Stimme und Mycroft betrat den Raum.
"Ähm nein, entschuldigen Sie, ich war gerade in Gedanken. Und ich hatte Ihr Kommen nicht erwartet"
Ein wenig enttäuscht blickte ich ihn an. "Wollten Sie mir nicht Bescheid geben, wenn Sie in der Nähe sind? Dann hätte ich doch noch..."
"Kaffee besorgen können?", unterbrach Mycroft mich.
Ich nickte, woraufhin er zwei dampfende Becher hinter seinem Rücken hervorholte.
"Sie haben wirklich...?", fragte ich überrascht.
"Sieht so aus, oder?", erwiderte Mycroft und stellte den Kaffee auf meinem Tisch ab.
Schnell legte ich die Akten, die ich bis eben durchgesehen hatte, zur Seite und bedeutete Mycroft auf dem leeren Stuhl mir gegenüber Platz zu nehmen.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich hinsetzte.
"Also wie läuft's mit dem Drogen-Fall?", fragte er.
Ich fuhr mir verzweifelt durch die Haare.
"Erinnern Sie mich nicht daran!"
Mycroft lachte leise.
"Vielleicht sollten Sie meinen Bruder hinzuziehen"
Ich nippte an meinem Kaffee. "Ja vielleicht.
Wie läuft die Regierung? Oder sind Sie gerade zu beschäftigt damit, der Secret Service zu sein?", zog ich ihn auf.
"Nein, eigentlich bin ich gerade eher mit etwas anderem beschäftigt", antwortete er ernst.
Ich konnte ein zufriedenes Grinsen nicht unterdrücken, doch genau das war es doch, worauf Mycroft es abgesehen hatte.

Mystrade - One Call Away (Sherlock)Where stories live. Discover now