Kapitel 11 (She)

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Ich erzählte ihm alles. Von Jack, dem Date und wie das Mobbing anfing. Die ganze Zeit über schaute Luke mir in die Augen und hörte aufmerksam zu. Noch nie zuvor hatte ich mit jemandem darüber geredet. Nicht einmal mit Flora, als sie noch meine Freundin war.

Nachdem ich fertig war, atmete ich tief durch und sah zu Boden. Es war nicht leicht, das Geschehene zu erzählen. Gefühle und Erinnerungen, die ich immer versucht hatte irgendwie zu verdrängen, kamen hoch. Ich spürte während des Redens, wie mir nach und nach die Tränen kam, doch ich versuchte, sie so gut wie möglich zu unterdrücken. Und dennoch bahnte sich hier und da ein Tropfen seinen Weg über meine Wangen.

Ich blickte wieder auf und wartete auf Lukes Reaktion. "Auf welche Schule gehst du eigentlich?", fragte er mich plötzlich. Überrumpelt antwortete ich: "Auf das Gymnasium hier in der Stadt. Wieso? Du etwa auch?" Stumm nickte er. Nichts gegen Luke, aber ich hätte nicht gedacht, dass jemand wie er auf ein Gymnasium ginge.
"Hast du wohl nicht erwartet", schmunzelte er und sprach somit genau meinen Gedanken aus. "S-sorry", stammelte ich nur und sah ihn verlegen an. Ich spürte, wie ich rot wurde. Das war definitiv peinlich gewesen.
"Ist ja auch egal", sagte er und schaute auf sein Handy, welches er soeben aus seiner Hosentasche gezogen hatte. "Ich würde gern noch eine Weile bleiben, aber ich muss wirklich los. War nett mit dir zu reden", erklärte er und stand auf. Ich erhob mich ebenfalls. "Ach und eins noch." Er drehte sich um und kam mir ganz nah, um meine Arme zu nehmen. "Bleib stark, denn genau das bist du. Lass dir von niemandem dein Leben versauen, dazu ist es zu wertvoll."
Seine Worte rührten mich und ich musste lächeln. "Werde ich." Luke wollte gerade gehen, als auch ich ihn am Arm festhielt und zu mir zurückzog. Ich machte es genauso, wie er eben bei mir und nahm seine Arme in meine Hände. "Das Gleiche gilt für dich. Was passiert ist, ist passiert und man kann es nicht rückgängig machen. Aber lass dich davon nicht runterziehen. Und vorallem, lass dich nicht vom Alkohol kaputt machen, denn dafür bist du zu besonders. Dein Leben ist dazu zu besonders." Ich zog ein Taschentuch und einen Stift aus meiner Tasche. Ich schrieb meine Nummer auf das Papier und reichte es ihm. "Wenn du reden willst, ruf mich an und ich bin da. Aber zerstöre dich nicht weiter selbst."

Bittend sah ich Luke an und dieser nickte. Ich glaubte sogar, ein kleines Lächeln auf seinem sonst so kaltem Gesicht zu sehen. Er nahm das kleine Taschentuch entgegen und antwortete mit: "Werde ich". Dann drehte er sich endgültig um und ging davon. Nachdem er weg war, wollte ich ebenfalls gehen, wurde jedoch von zwei ganz bestimmten Personen wenige Meter von der Bank entfernt, abgefangen.

"Wer war denn dieser heiße Typ?", fragte Flora mit gehässigem Unterton. "Ich wüsste nicht, was dich dss angeht", antwortete ich und wunderte mich sofort über mein plötzliches Selbstbewusstein. Auch Flora und ihre neue beste Freundin Alexandra hatten dies bemerkt und Alexandra sagte sofort: "Scheint dir ja ganzschön Mut gemacht zu haben." Dann kam sie mir gefährlich nah und flüsterte mir mit dreckigem Grinsen ins Ohr: "Er will doch eh nix von dir. Hast du dir mal seinen Blick angeschaut? Der war doch total genervt von deinem Gejammer! Nicht einmal richtig verabschiedet hat er sich! Glaub mir, er nutzt dich nur aus. So wie alle, denn dafür bist du geschaffen."  Danach lehnte sie sich wieder zurück und sagte zu Flora: "Lass uns gehen. Ist ja peinlich, sich mit so einer Schlampe abzugeben! Wenn auch nur für ein paar Minuten."
Diese nickte und die beiden gingen hochnäsig an mir vorbei. Ich sagte nichts zu dem Ganzen und ließ es über mich ergehen. So wie immer.

Noch lange, nachdem sie weg waren, schaute ich in die Richtung, in die sie gegangen waren. Man müsste meinen, mit der Zeit gewöhnte man sich an die Attacken, doch das stimmte nicht. Ich hatte lediglich gelernt, nicht nach außen zu zeigen, wie weh es eigentlich tat. Ich hatte gelernt, meine Schwäche zu verstecken und so zu tun, als wäre alles okay.


Can a boy change your life? *wird überarbeitet*Where stories live. Discover now