Kapitel 1 (She)

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Unsanft wurde ich von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen. Ich drückte den Knopf, um das nervige Piepen abzustellen und hiefte mich aus dem Bett. Es war Montag. Ich hasste Montage.

An Montagen lief immer alles schief. So auch an diesem.

"Guten Morgen Schatz! Du solltest dich beeilen, sonst verpasst du den Bus", begrüßte mich meine Mum, als ich die Küche betrat. Mit einem kurzen "Guten Morgen" setzte ich mich an den Tisch und stocherte in dem Müsli, welche meine Mum mir netterweise gemacht hatte, herum. Aber ich wollte nix essen.

"Bist du krank? Du isst ja gar nichts", fragte sie mich besorgt. Ich schüttelte den Kopf und sagte mit müder Stimme: "Nein, alles okay. Hab nur keinen Hunger." Dann stand ich auf und ging ins Bad, um mich fertig zu machen. Ich kämmte meine Haare und schminkte mich. Dann packte ich noch schnell meine Schultasche und verabschiedete mich von meiner Mutter. Als ich an endlich an der Bushaltestelle ankam, fuhr der Bus gerade davon. Ich sag ja, an Montagen läuft alles schief.

Also rief ich seufzend meine Mum an und fragte, ob sie mich fahren könne, da es zum Laufen zu weit war.

An der Schule angekommen, gab ich ihr noch schnell einen Kuss auf die Wange und verabschiedete mich nun schon zum 2. Mal.

Auf dem Weg zum Klassenzimmer versuchte ich so gut es ging abzuschalten, doch meine Mitschüler hatten keine Gnade. Irgendein Mädchen aus der Stufe unter mir lief an mir vorbei und zischte missbilligend: "Dich will hier niemand." Ich zuckte bloß mit den Schultern und setzte schweigend meinen Weg fort.

"Gott siehst du heute wieder scheiße aus Melody. Wärst du lieber zu Hause bei Mama geblieben", rief mir Jonas, aus meiner Parallelklasse, hinterher. Ich schaute ihn kurz an und senkte dann wieder den Blick. Ich wollte ihn nicht sehen. Niemanden.

"Bitch!"

"Schlampe!"

"Krankes Flittchen!"

Von allen Seiten wurde ich beschimpft. Auch von Leuten, die mich nichtmal kannten oder damals noch gar nicht hier waren. Ich war das Gespött der Schule. Das kleine dumme Mädchen, das auf Jack reingefallen ist. Seit er letztes Jahr sein Abitur gemacht hat, ist das Mobbing sogar noch schlimmer geworden und es will einfach kein Ende nehmen.

Ich betrat das Klassenzimmer und die Erste, die ich sah, war Flora. Bitte nicht, dachte ich. Sie kam zu mir und grinste mich böse an: "Gut siehst du aus Melody." Ich runzelte die Stirn. Hatte sie gerade etwas nettes gesagt? Für einen Moment begann ein Funken Hoffnung in mir aufzuflackern, doch dieser wurde schon im nächsten Moment zerstört.
Sie sah mein Gesicht und fing plötzlich an laut loszulachen. Sie konnte kaum reden vor Lachen. "Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich das ernst meine! Haha!" Sie hielt sich den Bauch und schüttelte den Kopf, wobei ihre mittellangen Haare nur so flatterten.

"Oh..dachtest du doch? Sorry Süße, aber jemand wie du war und wird nie hübsch sein. Sieh's ein! Und jetzt entschuldige mich. Ich habe besseres zutun, als mich mit jemandem wie dir abzugeben. Ciao Schätzchen." Lachend verzog sie sich zurück zu ihren neuen besten Freundinnen. Katja und Alexandra. Die Bitches der Stufe.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie Flora und ich immer über sie gelästert haben.

"Schau mal! Da kommen Dumm und Dümmer", sagte ich zu ihr. Flora musste grinsen. "Ooh neeeein! Etwas ganz schlimmes ist passiert!!", quiekte sie plötzlich. Schockiert sah ich sie an: "Was denn?"  "Mein-mein..", stotterte sie und sah mich mit einem leidenden Gesichtsausdruck an.
"Dein?"
"MEIN FINGERNAGEL IST ABGEBROCHEN!", schluchzte sie und ich musste aufpassen, nicht sofort laut loszuprusten. "Oh mein Gott! Du wirst sterben! Schnell, ich rufe einen Krankenwagen!", rief ich dramatisch und verzog mein Gesicht, sodass es aussah, als hätte ich schrecklich Mitleid. Sie fing an zu lachen und ich stimmte mit ein. Alexandra und Katja sahen uns verwirrt an, was uns nur noch mehr zum Lachen brachte.

"Oooooh schaut mal! Melody heult schon wieder. Was hast du denn? Verträgst du die Wahrheit nicht?", fragte mich Lucas mit einem gezwungenen traurigem Blick. Er legte eine Hand auf meine Schulter, doch ich schüttelte sie ab. "Fass' mich nicht an", zischte ich leise.

Ich fasste an meine Wange und spürte etwas Feuchtes. Erst jetzt merkte ich, dass wirklich weinte. "Bitte eine Tüte Mitleid für Melody! Schließlich lieben wir sie alle so!", rief Lucas. "Oooooooh", rief die ganze Klasse und alle grinsten.

Das gab mir den Rest. Ich drehte mich um und rannte mit tränenüberströmtem Gesicht so schnell wie möglich aus der Schule. Ich musste einfach weg und einen klaren Kopf bekommen. Der Tag war für mich gelaufen.

Can a boy change your life? *wird überarbeitet*Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora