43 Ein anderes Gefühl von Schmerz.

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»Nein. Eigentlich wollte ich mein Zimmer streichen und umräumen. Du weißt schon, einen Tapetenwechsel haben«, gestand ich und sah, dass er eine Augenbraue hob. Statt mich zu verspotten, so wie er es früher getan hätte, schien er nun interessiert: »Vorstellungen?«

»Vielleicht hellblaue Wände? Ich bin unsicher. Zumal ich jetzt nicht den ultimativen Geschmack habe.«

Darauf ging Benny nicht ein: »Wir könnten auch den Flur und die Küche gleich mitstreichen. Unsere WG ist ziemlich abgenutzt und einige Ecken brauchen eine Überholung.«

Eh ich mich versah saß Benny mitten bei mir im Zimmer und wir erstellten auf einem Blatt Papier einen Plan für mein Zimmer. Benny hatte super Ideen und auf der Zeichnung würde mein Zimmer ein wenig größer wirken.

»Das Ganze muss vor der CI-OP fertig sein. Danach werde ich sicher nicht mit einem Pinsel an der Wand stehen können«, fasste ich zusammen.

Er zuckte mit den Schultern. »Dann sollten wir morgen anfangen und Noah zwingen zu helfen.« Der würde sich bedanken und freuen.

Aktuell kam er immer so spät abends nach Hause, dass er sich nur Reste in die Backen schaufelte und dann pennen ging. Die Arbeit bei Apple begeisterte ihn und jeden Morgen fand ich ein Post-It am Kühlschrank. Entweder er entschuldigte sich, weil er mein Eis gefressen hatte oder er bat mich bestimmte Dinge einzukaufen und seine Wäsche einzustecken.

Mittlerweile kam ich mir vor wie seine Mama. Was mich daran erinnerte, dass sein jüngerer Bruder eigentlich bei uns hatte vorbeischauen wollen und das immer noch nicht getan hatte.

Mein Handy blinkte auf und ich sah auf das Display. Der Name von Cal Aurand erschien als eingehenden Anruf. Einst hatten Arlos Dad und ich für den Notfall die Nummern getauscht.

Ich konnte den Anruf nicht annehmen, da ich ihn schlicht nicht hörte und als Cal auflegte, da schrieb ich ihm eine Kurznachricht. Solche Momente hasste ich. Ich würde gerne in Ruhe telefonieren können und vielleicht war das mit den neuen CIs möglich.

Nach dem üblichen Vorgeplänkel und Grüßen von Arlo kam Cal zur Sache.

‚Du hast doch Fotos auf Tour gemacht, auch von Konzerten, nicht wahr?'

Mein Daumen huschte über die Buchstaben. ‚Ja, immer mal wieder.' 

Ich wusste nicht einmal wie viele es waren. Damals hatte ich nur unbedingt Cals Tipps ausprobieren wollen. Die Kamera gammelte seit meiner Rückkehr unangetastet in einer Ecke herum.

‚Würdest du mir die Abzüge schicken? Ich weiß, die Dateien sind groß. Aber ich könnte dir Zugangsdaten für eine Plattform geben, wo du sie uneingeschränkt hochladen kannst.'

Oh weh, das bedeutete, ich würde mir alle Fotos ansehen müssen damit ich die Privaten von Harry und mir aussortierte.

Prompt plingte eine weitere Nachricht auf.

‚Bitte Isabell. Es wäre sehr wichtig.'

Er schrieb mir, dass die Fotos von seiner Kollegin Helené und ihm abhanden gekommen waren. Sie brauchten zumindest ein paar passable Fotos vom Beginn der Tour. All das würde den Fans und dem Marketing zugutekommen.

‚Du wirst natürlich auch für jedes Bild finanziell entschädigt.'

Klang sehr verzweifelt. Ich seufzte tief und versprach, dass ich sie ihm heute noch schicken würde. Überschwänglich bedankte sich Cal.

Benny zog schließlich ab, weil er Küchendienst hatte und den Kochlöffel schwingen wollte, bevor Noah wieder zu Hause war: »Der Typ arbeitet zu viel. Wenn das so weiter geht, wird er noch ein echt spießiger Workaholic.«

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