35 Die andere Seite.

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┊  ┊  ┊             ★ NIALL

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Ich wusste nicht, was genau ich mir unter einen Deaf Slam hatte vorstellen sollen. Natürlich das gesprochene Wort, das in Gebärdensprache dargestellt wurde. Aber niemals hätte ich gedacht, dass es auf solch eine Art und Weise ging.

Es war ein Bisschen wie Musik. Dort gab es schließlich auch verschiedene Richtungen. Rap, Pop, Klassik, Blues, Jazz, Country, sie war vielfältig. Genauso war es bei der Gebärdensprache auch.

Isabell erklärte Jerry, Arlo und mir die zahlreichen Unterschiede. Gedichte, Pantomime, Geschichten, stark emotionale Darstellungen – der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.

„Krass", entwich es mir und ließ mich völlig auf den Deaf Slam ein. Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht allzu viel verstehen würde und tat ich es doch, bemerkte ich es nicht einmal.

Die Veranstaltung wurde in Gebärdensprache eröffnet. Eine elegante alte Dame mit weißen Haaren und in einem schwarzen Kleid erklärte die Regeln. Jeder Teilnehmer bekam fünf Minuten Zeit, es war egal, welche Themen sie aufgriffen. Es gab 40 Teilnehmer, also würde die Geschichte hier ziemlich lange dauern. Eine Jury würde entscheiden, welche 6 in die Endrunde kamen.

Damit wünschte man allen viel Erfolg und uns gute Unterhaltung. Zuerst dachte ich, dass die Teilnehmer einfach nur auf der Bühne standen und ihren Teil durchbrachten, doch ich irrte. Denn sie konnten mit Licht arbeiten und auch mit Wind.

Der Erste, ein Mann mit Glatze, aus Australien schien eine Geschichte über einen Sturm zu erzählen. Er machte dies unglaublich lebendig. Selbst ein Anfänger, wie ich, verstand, was er ausdrücken wollte. Eindrucksvoll berichtete er von Naturgewalten, Unwetter und wie schwach der Mensch dagegen war.

„Hat er das erlebt?", fragte Arlo und Isabell schüttelte den Kopf: „Nein, zum Glück nicht."

Es folgte Pantomime, dann jemand, der ein wenig wirkte wie ein Clown, nur ohne Schminke und schließlich trug ein junges Mädchen ein Gedicht vor, das ich vorne und hinten nicht verstand.

„Puh", machte Isabell und Jerry beugte sich vor: „Man kann ja gar keine Geste erraten."

Isabell lächelte schmal: „Ist auch sehr schwer. Sie benutzt eine alte Gebärdensprache und Ausdrücke, die wir heute nicht mehr verwenden. Hohes Niveau. Ich vermute, sie studiert Gebärdensprache. Sonst würde man niemals auf so etwas kommen."

Ich hob die Augenbrauen. Sehr cool!

Als jemand kam, der während seines Beitrages mit dem Licht spielte, indem es immer wieder an und aus ging, da kniff ich mehrmals die Augen zusammen. Wenn ich es richtig verstand, dann erzählte er etwas von einem inneren Lichtschalter, emotionaler Stabilität und wie die Dunkelheit ihn verschlang. Harter Tobak.

Es folgte eine Pause.

„Es is' toll, dass man mit den Händen klatschen kann, ohne Krach", fand Arlo. Zusammen mit Jerry zog er los, um Zuckerwatte zu kaufen. Ich blieb mit Isabell zurück und bemerkte ihren trübseligen Blick.

„Was ist los?", fragte ich und sie seufzte enttäuscht: „Harry wird nicht kommen. Dabei hat er versprochen, dass er es schaffen wird."

Ah ja, er hatte wegen seiner Solokarriere noch ein, zwei Meetings. Genaues wusste ich auch nicht. „Wahrscheinlich zieht es sich wegen dem Marketing wieder unglaublich in die Länge. Nimm es ihm nicht übel, das lässt sich bei ihm nie vermeiden."

Jenseits der Stille ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt