47 Ein schöner Schluss.

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┊  ┊  ┊           ★ ISABELL

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Ich liebte unser Sommerfest. Jedes Jahr aufs Neue kam es genau zu der Zeit, wenn ich es am meisten brauchte. Noah und ich planten bereits zwei Wochen vorher ganz detailliert, was genau wir machen wollten.

Vorher besuchte ich meine Eltern bei ihren Reibekuchenessen und besprach mit ihnen, wann die Reimplantation vor mir stand. Noch hatte ich ein paar Wochen Zeit alles andere vorzubereiten.

Das Gespräch mit meinen Eltern war nicht schwierig, sie wussten, dass es früher oder später zu genau diesem Eingriff kommen würde. Das Einzige, was für sie zählte war das Wo und Wann. Danach folgte die Frage, ob ich mich bei ihnen erholen wollte oder in London.

Ich wollte nach der OP in London bleiben, auch wenn der Gesichtsausdruck meiner Mutter mir direkt ein schlechtes Gewissen machte. Doch ich wusste, dass ich bei meinen Eltern früher oder später gestresst war. Der Lebensslogan meiner Mutter war nämlich: „Wer rastet, der rostet." Und das war alles was ich wissen musste.

Zurück in London nutze ich die CIs gar nicht mehr. Ständig stoppte die Übertragung oder war so dumpf, dass ich schließlich nur noch frustriert war.

Um mich nicht irre machen zu lassen, weil ich viel Zeit hatte, bis endlich die OP stattfand, stürzte ich mich in Arbeit. Dicky hatte immer irgendetwas für Hearzone für mich. Außerdem widmete ich mich endlich mal richtig ausgiebig meinem Hobby.

»Wie wäre es mit einem Fotokurs?« warf Benny irgendwann ein und ich schnüffelte mich neugierig durch die Prospekte. Er meldete uns schließlich bei einer Miss Sachs an und wir packten die Taschen für eine Woche. Der Kurs fand in einem kleinen Hotel auf dem Land statt.

Umgeben von Wäldern, einem See, kleineren Denkmälern und Skulpturen würden wir viele Motive finden. Man riet uns, dass wir wanderfestes Schuhwerk mitnahmen und dicke Jacken.

Wir fuhren früh mit Lunchpaketen los und ich drücke Noah zum Abschied fest. »Mach eine richtige Pause und denk dran: Urlaub, keine Arbeit!«

»Ich schwöre auf meine unsterbliche Seele, dass ich mich in eine Ecke setzte und nur noch anstaube!«, verschaukelte mein bester Freund mich. Dann grinste er schief: »Gebe mein Bestes.«

Benny und ich fuhren lange bis wir das Hotel Granville erreichten. Es war klein, lag sehr einsam und die Straßen dorthin waren enorm hoppelig. Unterwegs steckte ich meine Nase in eine Fachzeitschrift für Fotografie. Vorher schrieb ich mit Cal, den Tourfotografen von One Direction.

Sein Angebot für ihn zu arbeiten, ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Gleichzeitig war ich ein ziemlicher Anfänger und würde in einiger Zeit lange nichts mehr hören. Ich schrieb Cal all die Bedenken und Fragen. Nebenbei horchte ich nach Arlo und was der kleine Frechdachs gerade trieb.

Und Cal antwortete ebenso ausführlich. Seine Partnerin, Helené, sah kein Problem damit, dass es dauern würde, bis ich wieder einigermaßen hörte. Sie hatte Geduld und ihr gefielen die Bilder, die sie von mir gesehen hatte. Beide sicherten mir zu, dass sie sich um den Aufbau meiner Ausbildung geduldig kümmern würden. Sie boten mir eine Probezeit nach der Operation an und ich sagte zu.

Den Vertrag würde ich am Wochenende von den Hearzone-Anwälten kontrollieren lassen. Meinen Eltern hatte ich noch nicht verklickert, dass ich auf einen eher künstlerischen Beruf setzte. Im Notfall könnte ich mich immer noch verteidigen, dass auch mein Vater als Kunsthändler am Anfang eher kleine Brötchen gebacken hatte.

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