11 Frei, wie ein Vogel.

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┊  ┊  ┊          ★ HARRY

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„Ohne einen Personenschützer setzt du keinen Fuß aus diesem Hotel!"

Rita Morales hatte die Organisation unserer Tour übernommen und war gleichzeitig die Herrin über unsere freie Zeit. Wenn jemand eine Übersicht über jedes Detail hatte, dann Rita. Das war auf der einen Seite gut, doch auf der anderen war sie extrem unflexibel.

Wir trafen uns in der Hotellobby: „Bitte Rita, ich bin nur zwei, maximal drei Stunden weg."

„Nein", wiederholte sie und schob sich die übergroße Brille zurück auf die Nase. Ihr rundes Gesicht und die abstehenden Augen ähnelten der einer älteren Katze. Judy, unsere Stilistin hatte ihr am Vorabend den Ansatz der knallroten Haare nach gefärbt und die Dauerwelle erneuert.

„Rita, komm schon", versuchte ich es noch einmal. Doch unsere Tourmanagerin seufzte tief und sah mich direkt an: „Nein, dabei wird es bleiben. Ich habe schon Zugeständnisse gemacht, was unseren kleinen Deal wegen Jerry angeht. Aber ich werde dich definitiv nicht alleine losgehen lassen. Ruf Jerry, Frank, Basil oder Paddy an. Einer von ihnen wird dich begleiten, ansonsten bleibst du hier."

Frustriert und beleidigt sah ich sie an, doch Rita ließ sich nicht erweichen, denn sie schob hinterher: „Das ist mein Ernst! Raff dich auf, Jerry wird bestimmt mitgehen, immerhin hat ihm die Bootsfahrt gestern ziemlich gut gefallen."

Ich verstand die kleine Anspielung nur zu gut. Nämlich, dass Jerry in Zukunft mehr Dates mit meiner Freundin haben würde, als ich. Noch wusste Isabell nämlich nichts von ihrem Glück und ich würde den Teufel tun und ihr verraten, dass Jerry indirekt nicht mehr mein Personenschützer war, wenn sie mich auf Tour besuchte.

Eine kleine, fiese Stimme im Hinterkopf zwitscherte mir, dass Isabell das alles andere als gut finden würde und ich hoffte einfach, es möge ihr nie auffallen, dass Jerry sich so viel in ihrer Nähe aufhielt. Aber ich wollte es auf keinem Fall riskieren, Isabell noch einmal alleine losziehen zu lassen. Zumindest nicht, wenn sie sich in meiner Nähe aufhielt.

„Okay...", gab ich nach und meldete mich bei Jerry. Ich hatte wirklich Glück, dass er gerne das Hotel verließ und sich die Stadt ansah, in der wir uns aufhielten. Paddy, Liams Leibwächter, holte lieber Schlaf nach, Basil nutze das Spa und Frank skypte, wann immer er konnte, mit seinen Kindern.

Isabell betrat die Lobby und sah sich suchend um. In den Händen hielt sie die Tasche mit ihrer Kamera, denn ich hatte ihr versprochen, ihr ein, zwei Tricks zu zeigen. Schließlich konnte auch ich ein wenig fotografieren. Ich ging auf sie zu und nahm ihr die Tasche ab. Auf Dauer konnte sie schwer werden.

„Wir kriegen ein bisschen Gesellschaft. Jerry kommt mit."

„Oh", überrascht sah sie mich an. „Gut, wieso auch nicht. Hoffentlich langweilt er sich bei uns nicht."

„Schätze nicht", viel eher würde Jerry das Gefühl haben, er wäre der Störer und leider war er das auch. Aber es war besser mit ihm zusammen rauszugehen, als gar nicht raus zu kommen. „Also, wo möchtest du hin?"

Sie ließ sich ablenken und grinste breit, sofort wurde meine Laune besser: „Als du im Bad warst, habe ich im Internet etwas interessantes gefunden. Dafür müssen wir wieder zurück an den Hafen. Heute wird da sicher ziemlich viel los sein und die Wahrscheinlichkeit, dass du dort auffällst ist bestimmt niedriger."

Jenseits der Stille ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt