12 Tagesanbruch.

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┊  ┊  ┊          ★ ISABELL

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05:21 Uhr.

Es war quasi mitten in der Nacht und trotzdem war ich hellwach. Ganz Hamburg lag noch in Dunkelheit und ich war froh, dass Niall ein Auto im Rechtsverkehr fahren konnte. Hinten im Wagen saß Basil und war wieder eingenickt. Ich hatte Mitleid mit ihm und musste schmunzeln als er anfing zu schnarchen.

Das Auto wurde sicher im Parkhaus abgestellt und Niall und ich schlossen fast lautlos die Autotüren. Wir wollten beide den Personenschützer nicht zumuten uns hinterher zu stiefeln. Zumal er nun erneut schnarchte und sowieso schon ziemlich angefressen war, weil er in dieser Frühe hatte aufstehen müssen. 

Hastig schrieb Niall auf seinem Handy eine Nachricht an Basil und blickte dann auf die Uhr. Er grinste breit und wegen der Kälte leuchteten seine Wangen rot: „Ham' n' Stunden."

Ich puzzelte mir seinen Satz zusammen, so wie immer. Auch Harry schlief noch tief und fest im Hotel. Er hatte kein Interesse daran den Hamburger Fischmarkt zu besuchen und umso erfreuter war ich, als Niall mich in der Lobby fragte ob ich vielleicht mit wollte.

Etwas ungeschickt versuchte er die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen uns zu dämpfen, indem er die eine oder andere Gebärde mit einbezog. Alleine wegen dieser Geste zögerte ich keinen Augenblick zu zusagen, was diesen Ausflug anging. 

Im ersten Moment hatte ich mich unheimlich gefreut und hoffte, dass Niall dies beibehielt und nicht so plötzlich damit aufhörte die Hände zum Reden zu nutzen, wie er anfing.

Ich zog mir die Mütze von Harry über die Ohren und fröstelte. Meine Güte war das kalt. „Weißt du, wo genau wir hin müssen?", fragte ich Niall, während wir durch das Parkhaus liefen, er nickte: „Ja. Ist... weit."

Wir huschten durch die Dunkelheit und ich dachte an den Zettel, den ich Harry hinterlassen hatte. Er war nach dem Konzert so erledigt ins Hotel gekommen, dass er nahezu nach der Dusche ins Bett fiel.

„Bist du eigentlich gar nicht von gestern kaputt?", wollte ich wissen. Niall rieb seine Hände aneinander und wirkte unentschlossen, dann machte er die Gebärde für 'ein Bisschen' und ich verstand. „Aber... Hamburg! Letztes Mal... nicht... jetzt endlich...!"

Der Lückentext des Tages ließ grüßen. 

Ich sollte mich daran gewöhnen, dass ich ihn nie komplett verstehen würde, es sei denn ich durchblickte den irischen Akzent irgendwann. Da Niall nicht der Typ zu sein schien, der anstrengenden Smalltalk halten musste, war ich froh darüber ihm nicht immer angestrengt zuhören zu müssen.

Über uns sah man noch die Sterne und als wir den Fischmarkt erreichten, da war ich überrascht, wie viel bereits schon los war. Zahlreiche Menschen waren unterwegs und wir konnten auf den nächtlichen Hafen schauen. Der Anblick war großartig. So schien es auch Niall zu sehen, denn er machte bereits mit dem Handy die ersten Fotos.

Die riesigen Containerschiffe, die Kreuzfahrtschiffe wirkten noch imposanter als bei Licht. Jetzt bereute ich es keine weitere Sekunde, dass ich mich so früh aus dem Bett gequält hatte. Weiter hinten über den Hafen sah man, dass die Morgendämmerung bald beginnen würde. Der Himmel begann sich sanft zu verfärben.

Jenseits der Stille ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt