Segel am Horizont gesichtet!

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Kapitel 2

**** Es wurde Abend ... ****

Morgen Mittag würden wir unser Ziel erreicht haben, von dem aus wir wieder zurück in unsere Zeit reisen würden. Bis dahin gab es nichts für uns zu tun.

„Aber nicht, dass ihr wieder auf die glorreiche Idee kommt, die Breitseitenkanonen ein weiteres Mal zu testen!" Ermahnte ich meine Crew mit einem breiten Grinsen und erntete Gelächter und hier und da ein „Sorry, passiert nie wieder"

Mein Appetit war zurück und so saßen wir in der Messe zusammen und genossen das Essen. Ich hatte zwischendurch immer wieder Bilder von Haytham im Kopf, wie er neben mir saß beim Essen. Oder wie er gedankenverloren in ein Glas Wein starrt. Aber meine Leute lenkten mich mit Geschichten ab, die sie während ihres Aufenthaltes in New York erlebt hatten. Was eindeutig heraus zu hören war, war, dass die Prostituierten ganz schön hartnäckig sein konnten. Ja, das war ja nichts neues! Einigen waren ihre Geldbörsen geklaut worden. Wir konnten von Glück reden, dass es nicht so schlimm für uns war. Doch es war ärgerlich, weil man lernte, dass andere Zeiten auch andere Maßnahmen der Vorsicht mahnten!

Nach dem Essen ging ich wieder an Deck, um frische Luft zu tanken und noch ein letztes Mal diesen wolkenlosen klaren dunklen Himmel des 18. Jahrhunderts zu bewundern. Es war zwar ziemlich kalt mittlerweile, doch ich lehnte an der Reling, als plötzlich der Mann im Ausguck brüllte: „SCHIFF IN SICHT! NÄHERT SICH VON ACHTERN!" Ich eilte ans Heck und versuchte, eben dieses Schiff auszumachen.

Aber ich konnte beim besten Willen noch nichts erkennen. Also schnappte ich mir ein Fernglas und suchte das Meer ab. Und tatsächlich, da kam ein Schiff hinter uns her. Erkennen, was für eines es war, konnten wir aber alle nicht, es war noch zu weit entfernt. Es näherte sich aber schnell, also war es vermutlich kleiner als die Jackdaw. Gebannt schaute ich auf das größer werdende andere Schiff und in mir keimte dieser Wunsch auf, es möge die Morrigan sein. Es möge Haytham an Bord sein und dann...

„ES IST DIE MORRIGAN! MIT VOLLEN SEGELN!" hörte ich es von oben rufen!

Rafael sah mich fragend an. „Was machen wir jetzt? Wir können sie nicht auch mit rüber nehmen. Alex, das ist gerade echt scheiße, wenn ich das so sagen darf!"

Verdammt, er hatte ja Recht. Es würde alles nur noch einmal weiter nach hinten verzögern. Aber durfte ich mich nicht ein ganz kleines bisschen freuen, dass mein Templer mir hinterher kam? Wenn er denn an Bord war, ich nahm es einfach an, denn Shay würde vermutlich nicht nach mir suchen! Warum auch?

„Ich weiß es gerade nicht, Rafael. Ich weiß es wirklich nicht!"

Jetzt konnte ich auch die Männer auf der Morrigan langsam erkennen. Und es war tatsächlich Haytham, der dort am Bug stand und... hatte er wirklich ein breites Grinsen im Gesicht und winkte mir zu???

Wir verlangsamten die Jackdaw, damit wir mit der Morrigan gleich auf waren und sicherten dann die beiden Schiffe.

Ohne zu warten oder auf die Etikette zu achten, sprang ich an Deck der Morrigan und stürmte auf den Großmeister zu und ihm in die Arme. Er war wirklich hier... Ich übersäte ihn mit Küssen und klammerte mich regelrecht an ihn mit meinen Armen und Beinen.

Ein Räuspern ringsum von den versammelten Mannschaften riss uns aus unserem seligen Moment. „Ich konnte es nicht ertragen, dich einfach so gehen zu lassen. Und ja, ich werde es zulassen müssen. Aber diese Nacht möchte ich noch mit dir verbringen und mich dann morgen überzeugen, dass du heile nach Hause reist."

Ich war immer noch sprachlos, aber glücklich. Gleichzeitig plagte mich dieser Gedanke, dass wir das Ganze jetzt nur hinauszögerten. Aber... ER war hier, wir hatten noch EINE gemeinsame Nacht! Was wollte ich mehr?

„Haytham, ich weiß nicht, was ich sagen soll..." meine Hand berührte seine Wange und er lehnte sich daran.

„Du brauchst nichts sagen, ich weiß, was du denkst!" grinste er auf mich hinunter. Achja, da war ja was. Das offene Buch, daran musste ich dringend weiter arbeiten, aber in seiner Gegenwart fiel mir das einfach sehr schwer.

Meine Mannschaft zog sich dezent zurück und verteilte sich auf der Morrigan oder eben unter Deck der Jackdaw. Jetzt hatte ich meinen Templer noch ein wenig für mich alleine.

Und so verbrachten wir noch eine Nacht gemeinsam. Eine fast schon gestohlene Nacht, aber es war mir egal. Noch nie hatte ich so ein inniges Gefühl gehabt und ich genoss es einfach! Ich versank in seinen Erzählungen und in seiner Stimme. Haytham war völlig gelöst und nichts deutete irgendwie auf den ach so disziplinierten Großmeister hin. Und ab und an, sah ich ihn mit seinen 9 Jahren, wenn er mal wieder in ganz alten Zeiten schwelgte.

Selig und völlig entspannt lag ich schläfrig in seinen Armen, aber nach schlafen war Haytham dann doch nicht. Ich erspare euch die Einzelheiten meiner Lobpreisungen über seine Fähigkeiten und sein Können. Denn die Bezeichnung als Großmeister verdiente er in so mancher Disziplin! So viel sei gesagt, auch DAS würde ich sehr sehr vermissen!

„Weißt du was gerade eigenartig ist?" fragte mich Haytham plötzlich. Ich sah zu ihm auf „Nein, das weiß ich nicht, ich hoffe, es ist nichts schlimmes. Habe ich etwas falsch gemacht?" Verdammt, immer dieses schlechte Gewissen.

Ein leises Lachen „Nein, hast du nicht. Es ist nur seltsam, dass ich hier... also auf dem Schiff meines Vaters... das wir..." Ohhhh, ich verstand. „Haytham, sag nichts, ich weiß was du meinst. Aber ich versichere dir, daran ist nichts merkwürdig oder so. Es gibt keine Assoziationen in egal welcher Richtung, falls du das befürchtest." Hörte ich da ein erleichtertes Seufzen?

„Ich wollte es nur erwähnt haben." sagte Haytham betont gleichgültig. Doch es war ihm nicht gleich. Ein Schmunzeln konnte ich mir dann aber doch nicht verkneifen und nahm meinen Templer wieder in den Arm.

Die Zeit verging viel zu schnell und der Morgen kam viel zu früh! Der Moment rückte immer näher und ich wollte einfach nicht. Ich WOLLTE es nicht, ich konnte ihn nicht verlassen. Aber tief in mir wusste ich, ich musste es. Könnte ich nicht einfach noch ein paar mal hin und her reisen? Hey, ich hatte die Macht über die Zeit. Also...

Doch auch das, so wusste ich, würde über kurz oder lang, nicht gut gehen. Die Vorläufer hatten eine eindeutige Warnung gegeben! Mein Plan nahm aber immer mehr Gestalt an, auch wenn er bis jetzt nur in meinem Kopf war!

Als wir aufgestanden waren, bat mich Shay für einen Moment unter vier Augen zu sprechen. Was wollte er denn jetzt? Mit einem genervten Seufzen folgte ich ihm etwas außerhalb der Hörweite der Crew. „Mrs. Frederickson, ich muss euch um etwas bitten!" Oh, er konnte höflich fragen, wie schön. „Und um was wollt ihr mich bitten?" mit verschränkten Armen stand ich vor ihm.

„Ich... wir brauchen ein Medikament von euch. Ich weiß, es ist nicht richtig und es ist eigentlich gefährlich. Doch es geht um unsere Tochter July. Meine Frau hatte eine Vision von diesem Wesen, in welcher ihr gezeigt wurde, dass unsere Tochter sterben wird!" Ich sah ihn nur fragend an!

Konnte diese Frau nicht einfach mal den Mund aufmachen? „Master Cormac, dass tut mir sehr leid, so etwas sehen zu müssen. Aber warum in drei Teufels Namen kann eure Frau nicht einfach etwas sagen? Was zur Hölle ist so schwer daran zu fragen. Ich bin die letzte Person auf Erden, die nicht helfen würde! Lasst mich raten, eigentlich solltet ihr mir das Medikament einfach entwenden, stimmts?" ich starrte ihn wütend an.

„Wäre euch das lieber, Mrs. Frederickson?" fragte er provozierend. „Nein, natürlich nicht, denn ich komme in Teufels Küche, wenn hier Sachen von Bord verschwinden. Aber das ist euch vermutlich auch ziemlich egal! Das Ganze ist nämlich nicht gerade billig! Aber nun gut, welches Medikament benötigt ihr?" meinte ich sauer und stieß resigniert die Luft aus.

„Gegen Scharlach, Cephalosporine heißt es, glaube ich." Ich sollte lieber selber noch mal nachschlagen, nicht dass ich etwas falsches mitgab.

„Also schön, folgt mir nach unten." Haytham kam auf uns zu und fragte, ob alles in Ordnung sei und ich bat ihn ebenfalls mit zukommen.

Gemeinsam betraten wir die Krankenstation. Ich holte das große Medikamenten Buch aus dem Regal und sah noch einmal nach. Es gäbe auch noch die Möglichkeit von Amoxicillin. Doch das würde über mindestens 10 Tage verabreicht werden müssen. Da war Cephalosporine tatsächlich die bessere Wahl.

Ich nahm den Schlüssel für den Schrank mit den wichtigen Medikamenten und fischte 2 Fläschchen raus. Danach verschloss ich ihn sorgfältig wieder und ging an die Schublade mit den Spritzen. Als ich sie aufzog, traute ich meinen Augen nicht! Dort wo eigentlich mindestens zwei Dutzend dieser Folterinstrumente drin sein sollten, lagen nur noch 5 Stück!

Langsam drehte ich mich zu Shay um und er bekam meine ganze Wut zu spüren. „Was glaubt eure Frau eigentlich wer sie ist? WAS hat sie hier noch mitgehen lassen? Ich... ich bin gerade so dermaßen wütend, ich könnte euch jetzt und hier dafür erwürgen! Dieses Weib hat fasst meinen gesamten Bestand an Spritzen mitgenommen und..." ich drehte mich nochmal um und sah in den anderen Schubladen nach, wo die leichten Schmerzmittel und ähnliches lagern! Auch dort herrschte fast gähnende Leere! Sie schien einfach hinein gegriffen zu haben, ohne explizit zu suchen!

„DAS darf nicht wahr sein! Ich... explodiere gleich, glaubt mir... geht mir aus den Augen, oder ich bringe euch um!" mit diesen Worten, welche ich ihm fast entgegen spuckte, drückte ich ihm nur die Fläschchen in die Hand und schubste Shay hier raus. Ich selber blieb hier unten, denn ich musste mich beruhigen.

„Alex, was hat meine kleine Schwester alles entwendet? Und warum ist das so schlimm?" fragte mich mein Templer in einem beschwichtigenden Ton.

„Dieses Weib hat mindestens zwei Dutzend Spritzen mitgenommen und einige Schmerzmittel und diversen Kleinkram an wichtigen Medikamenten. Haytham, das wird für mich ein ernstes Nachspiel haben. Ich muss mich rechtfertigen, wohin das alles gegangen ist. Ich kann ja noch nicht einmal sagen, ich brauchte es für Notfälle. Ich habe keine Patientenunterlagen, nichts gar nichts kann ich nachweisen! Zumal mir die Zulassung für eine Krankenstation tatsächlich auch noch entzogen werden kann!"

„Das ist natürlich jetzt schwierig, helfen kann ich dir sicherlich nicht dabei, oder?" wütend sah ich zu ihm auf. „Nein, DU kannst nichts machen. Oder doch, richte deiner kleinen diebischen Schwester aus, wenn ich sie das nächste Mal sehe, hat sie schlechte Karten!Verdammt, das wird mich ein Vermögen kosten!" Wütend stapfte ich aus dem Raum und atmete tief durch. Als ich wieder an Deck war, versuchte ich mich immer noch zu beruhigen! Ich war so dermaßen sauer gerade, ich könnte wirklich jemanden umbringen, ganz langsam und mit ... lassen wir das!

Rafael bemerkte meine Wut und fragte, mit einem bösen Blick Richtung Haytham, ob alles in Ordnung sei. „Ich erklärs dir später, ok?" ich sah einfach aufs offene Meer und hoffte dort auf meinen inneren Frieden zu stoßen.

Even when your kind appears to triumph ... Part 2Where stories live. Discover now