„Jetzt werde Mal nicht albern!", fuhr ich ihn an.

„Ich bin überhaupt nicht albern, aber ich stehe nicht drauf, wenn meine Freundin sich mit jemand anderen vertröstet, nur weil ich mich gerade nicht von einem Ort zum anderen beamen kann!" Er klang so wütend, wie ich mich fühlte und merkwürdigerweise erschreckte mich das. Denn ich hatte Harry noch nie so erlebt.

Missmutig reckte ich das Kinn: „Willst du mir allen Ernstes unterstellen, ich wäre dir fremdgegangen?" Das war ein starkes Stück an Unterstellung und ich konnte nicht glauben, dass das ausgerechnet von Harry kam.

Ich hätte viel mehr Grund mir Sorgen zu machen. Ich musste gegen die Topmodels des Victoria's Secret – Kataloges antreten. Ich musste hinnehmen, dass er mit super erfolgreichen, bekannten und großartigen Frauen in Kontakt stand. Ich hatte verflucht noch mal das Recht ihm so etwas zu unterstellen. 

Nicht er mir!

Der Ausdruck in Harrys Augen wurde hart und dann fragte er ganz direkt: „Du hast Benny nicht geküsst, während ich weg war?"

Es war, als hätte man mir einen Eimer mit eiskaltem Wasser über den Kopf gegossen. Damit traf er mich absolut unvorbereitet. Mir entgleisten die Gesichtszüge.

„Also stimmt es", stellte Harry tonlos fest. Mein Hals fühlte sich an, als würde mir jemand die Luft abdrücken: „Das war keine Absicht, ich hatte nicht vor, dass das passiert."

„Ja, das sagen sie alle", meinte er tonlos und wandte sich von mir ab. Das machte mich fuchsig: „Denkst du, ich laufe durch die Gegend und gucke mich um, um zu entscheiden, mit wem ich mich heute amüsiere, wenn du unterwegs bist?" Ich konnte nicht anders, ich musste ihm ein Kissen vom Bett an den Kopf werfen.

„Wage es nicht jetzt abzuhauen!", brüllte ich ihn an und erschrak über mich selbst, denn ich hatte Harry tatsächlich mit dem Kissen getroffen. Doch ich konnte meinen Zorn nicht zügeln und hob es auf, um ihn noch mal mit dem Kissen zu schlagen. „Das mit Benny war ein Versehen! Ich war betrunken, wir sind zusammen nach Hause und ich dachte, wir fangen endlich an uns besser zu verstehen! Ich habe das nicht kommen gesehen und mich ihm nicht an den Hals geschmissen, weil ich dachte er wäre ein netter Ersatz für dich!"

Das war doch wohl die Höhe!

„Ich habe dich jeden verfluchten Tag vermisst und die Tage gezählt, wann ich endlich zu dir kann. Damit das klappt, habe ich mir buchstäblich den Arsch mit meiner Abschlussarbeit abgeschrieben!", dieser ganze Stress und Druck hatte mich an dem Rande eines Nervenzusammenbruchs gebracht.

„Du hättest mir das mit Benny sagen müssen!", warf Harry mir vor. „Was, wenn euch einer gesehen hätte und das in der Presse gelandet wäre? Kannst du dir vorstellen, was losgewesen wäre?"

„Kannst du dir vorstellen, dass mir das scheißegal ist?", das war nur die halbe Wahrheit. Ich hatte überhaupt nicht an die Presse gedacht. „Und wie hätte ich dir das sagen sollen, ohne, dass es sich komisch angehört hätte? Das alles hatte nichts zu bedeuten!"

Jetzt lachte er spöttisch: „Ja klar! Stell dir mal vor, mir wäre so etwas passiert und ich würde dir sagen, dass es nichts bedeuten würde. Wie viel Gewicht hat das?"

Dieser-

Bevor ich ihm meine Wut weiter an den Kopf knallen konnte, hielt ich inne und legte die Stirn in Falten: „Du kannst doch nicht wirklich glauben, dass... ich zweigleisig fahren würde, während ich mit dir zusammen bin!"

„Weiß man's?"

Tief und nur mühsam beherrscht holte ich Luft: „Harry... so sehr ich es auch hasse, dass du kaum da bist, aber wieso sollte ich mir jemand anderes suchen, wenn ich dich habe?" Wer sollte mit Harry mithalten können? Für mich gab es niemanden, für den ich auch nur annähernd das Gleiche empfand.

Jenseits der Stille ✓Where stories live. Discover now