"Meerjungfrauen gibt es nicht!" - Teil 44

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Ich wälzte mich unruhig im Bett hin und her. Das Kissen war so hart, als hätte man es mit Kieselsteinen gefüllt. Genervt strampelte ich meine Beine frei und setzte mich auf. Das war alles nur Izzies Schuld - dachte ich und pustete den Pony aus den Augen. Warum musste sie sich auch immer in alles einmischen? Sie tat ja fast so, als hätte sie den großen Durchblick. Nur weil ihr die Typen reihenweise verfielen, hieß das noch lange nicht, dass sie eine Expertin in Sachen Liebe war. Katzenfrau! Pah! Ich hatte vollkommen normale und vor allem ausreichende soziale Kontakte, nur weil ich nicht gleich alles stehen und liegen ließ, um Mr. Tyler Warren zu verzeihen, und mich ihm heulend in die Arme warf, war ich noch lange kein Fall für eine Intervention.

Würde ich über dieses Thema mit Tante Annes besten Freundinnen Agathe und Merle sprechen, dann würden mir die beiden sofort zustimmen. Frauen in ihren Dreißigern wussten, dass man sich von Männern nicht alles gefallen lassen sollte. Ich hörte in Gedanken, wie Agathe trällerte: »Entweder er hat es oder er hat es nicht. Eine Frau hat zu viel zu tun, als sich auch noch einen Mann als Heimwerkerprojekt aufzubürden.«

Genau! - dachte ich, und Ty, der hatte es eben nicht. Es gab gar keinen Grund hier wach zu liegen und auf den Nägeln zu kauen, bis die Finger bluteten. Und es gab erst recht keinen Grund dafür, dass sich mein Magen anfühlte als würde ein eisiger Wirbelsturm darin toben. Ty abzusägen war eine weise und vor allem sehr erwachsene Entscheidung. Ich seufzte, wenn mein inneres Stimmchen das nur endlich kapieren würde, dann konnte ich auch wieder schlafen und den ganzen Mist vergessen.

Izzie regte sich neben mir und ich hielt erschrocken inne. Ich wollte sie nicht wecken, vor allem, wollte ich mir nicht wieder anhören, warum ich auf jeden Fall mit Ty sprechen musste. Izzie war der Überzeugung, dass die drei Wortfetzen, alles sagten, was es zu sagen gab. Wenn es nach ihr ging, dann würden wir schon morgen zusammen in den Sonnenuntergang reiten, oder schwimmen, oder was auch immer Liebespärchen in Schmonzetten so taten.

Zu meiner Erleichterung rollte sie sich nur zur Seite und schlief weiter. Meine Haut fühlte sich an, als würden tausende Ameisen darunter krabbeln. Ich würde heute vermutlich kein Auge mehr zu bekommen. Missmutig wälzte ich mich aus dem Bett und schlurfte in die Wohnküche. Die kalten Fliesen unter den Füßen wirkten beruhigend und ich steuerte automatisch den Kühlschrank an. Irgendwo musste da noch Haselnusseis zu finden sein. Ich hatte erst letztens eine neue Packung gekauft.

Das grelle Licht des Kühlschranks und die erschreckende Abwesenheit von Haselnusseis ließ meine Stimmung unter den Gefrierpunkt sinken. Na toll, noch nicht einmal das wurde mir gegönnt.

Da kam mir eine andere Idee und ich schlich auf Zehenspitzen zum Küchenregal und angelte nach dem immerhin halb vollen Schokobrotaufstrich. Ich musste grinsen, Izzie hasste es, wenn ich das Zeug löffelte. Pech gehabt! Sie war ja nicht da, um mich aufzuhalten, und es gab Momente, die konnten nur mit zweihunderttausend Kalorien und einem Zuckerrausch kuriert werden.

Eine halbe Stunde später war das Glas leer und ich fragte mich ernsthaft, wie ich jemals hatte denken können, dass ein halbes Glas Schokocreme eine gute Idee war. Ich überlegte kurz, ob drei Uhr morgens zu früh war, um joggen zu gehen, und entschied dann, dass ich durch das ganze Geheule bereits genug Kalorien verbrannt hatte. Ich rutschte tiefer in die Sofakissen und angelte nach meinem Smartphone.

Ohne nachzudenken, öffnete ich die Nachrichten App und scrollte nach unten. Mein Blick blieb auf Tys Profilbild hängen. Mein Daumen machte sich selbständig und strich sanft darüber. Es machte Pling und der Chat öffnete sich. Für eine Weile starrte ich auf den blinkenden Strich im Eingabefeld. Das eisige Gefühl in der Magengegend kehrte zurück und ich befürchtete, dass die Schokocreme es sich noch einmal anders überlegt hatte und wieder raus wollte. Ich atmete tief ein und tippte mit zittrigen Fingern.

Under water - Das Einmaleins für Meerjungfrauen Band 1Where stories live. Discover now