"Wir lernen nur!" - Teil 30

921 79 9
                                    

Da Ty und die restliche Belegschaft auf einer Fortbildung waren, verlief der nächste Tag ohne große Vorkommnisse. Für die Praktikanten blieb nicht viel zu tun, als die Routinearbeiten, die jeden Tag auf dem Plan standen. Mir konnte es recht sein, denn so hatte ich genügend Zeit mich auf mein Gespräch mit George vorzubereiten. Ich hatte mir fest vorgenommen, ihm nicht die Oberhand zu geben und das Gespräch zu kontrollieren. George schuldete mir Antworten. Doch je näher der Feierabend rückte, desto öfter musste ich an Ty denken. Ich redete mir ein, dass ich nervös war, weil so viel an dem Gelingen meines Referats hing. Doch ein inneres Stimmchen, das verdammt nach Izzie klang, flüsterte mir etwas ganz anderes zu.

Hinzu kam, dass mir nicht bewusst gewesen war, dass George und Izzie an diesem Abend nicht anwesend sein würden. George hatte den Grund für seine Abwesenheit nicht genauer genannt, was mich nicht überraschte. Geheimnisse schienen sein Spezialgebiet zu sein. Izzie hingegen hatte die Nachtschicht im Barton's erwischt und würde sicherlich nicht vor drei Uhr nachts nach Hause kommen. Ty und ich würden ungestört an meinem Referat arbeiten können. Bei dem Gedanken machte mein Herz einen kleinen Hüpfer und ich atmete tief ein, um mich wieder zu beruhigen. Reiß dich mal zusammen, flüsterte ich mir selbst zu. Ty ist nur irgendein Typ, kein Grund gleich auszuflippen!

Es half nichts, das flaue Gefühl in meinem Bauch wollte nicht verschwinden und als ich Zuhause ankam und einen Blick in den Spiegel warf, entschied ich, dass eine Dusche und ein Kleiderwechsel nötig waren. Verzweifelt stand ich wenig später vor meinem Kleiderschrank und betrachtete den kläglichen Inhalt. Ein paar dunkle T-Shirts und khakifarbene Shorts. Großartig!

Mein Blick wanderte verstohlen zu Izzies Kommode. Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß! Ich öffnete das Schränkchen und zog eine lachsfarbene ärmellose Bluse heraus. Izzie trug es als kurzes Kleid, bei mir würde es nur knapp über die Hüfte gehen. Zusammen mit meiner abgeschnittenen Jeans sah es ganz passabel aus. Es spannte ein wenig an der Oberweite. Ich würde aufpassen müssen, dass der Stoff nicht einriss. Izzie würde mich köpfen, beste Freundinnen hin oder her.

Meine Haare ließ ich einfach offen an der Luft trocknen, sodass sie in weichen Wellen über meine Schultern fielen. Ich überlegte, wo Ty und ich am Besten lernen konnten und entschied mich für die Terrasse der Villa, da dort um diese Uhrzeit die letzten Sonnenstrahlen ankamen. Ich holte meine Bücher und stellte ein paar Mini-Brezeln und Limonade auf den Tisch. Zufrieden betrachtete ich mein Werk, als ich hinter mir ein Geräusch vernahm. Ich zuckte zusammen und wirbelte herum. Ty stand hinter mir und betrachtete mich mit einem schiefen Lächeln. Es brachte sein Grübchen wunderbar zur Geltung. Mein dummes Herz schlug schneller. Was hatte dieses Grübchen nur an sich, dass es mich derart aus dem Konzept brachte?

»Wie lange stehst du schon da?«, verlangte ich zu wissen. Hatte der Kerl noch nie was von klingeln gehört?

Tys Lächeln wurde breiter. »Es ist auch schön, dich zu sehen«, sagte er und steuerte auf den Tisch zu. Er stellte seine Tasche ab und fragte: »Ich nehme an, wir lernen hier?«

Ich nickte. Er legte einen Stapel Bücher auf den Tisch und setzte sich. »Also, wie ich dich einschätze, hast du dir bereits mein Feedback genau angeschaut«, sagte er und musterte mich.

Ich zögerte. Gestern war ich zu abgelenkt gewesen, um ernsthaft an meinem Referat weiterarbeiten zu können.

»Hast du dazu irgendwelche Fragen?«, erwiderte er und schlug seinen Notizblock auf.

»Nicht wirklich«, sagte ich und fügte unter Tys strengem Blick hinzu, »ich meine, es war sehr verständlich und übersichtlich formuliert.«

»Gut, wie möchtest du dann von hier aus weiter machen?«, fragte er und lehnte sich im Stuhl zurück.

Under water - Das Einmaleins für Meerjungfrauen Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt