"Barton's" - Teil 22

985 78 9
                                    

Knapp drei Stunden später hatten sich meine schlimmsten Befürchtungen bereits bestätigt. Das Barton's war gerammelt voll, selbst auf der ausladenden Veranda und auf dem davorliegenden Sandstrand tummelten sich die Gäste. Es wurde gelacht, getanzt und geflirtet. Die Musik dröhnte aus den Lautsprechern und die Luft, verhangen mit Zigarettenrauch, klebte auf der Haut. Ich saß an der Bar, eingequetscht zwischen zwei massigen Typen, die zu einem Rugbyteam gehörten, welches heute Abend seinen Sieg feierte. Sie grölten und kippten ein Bier nach dem anderen herunter. Nachdem sich die ersten Spritzer Bier auf mein Oberteil verirrt hatten und von Izzie weit und breit keine Spur zu sehen war, beschloss ich lieber das Weite zu suchen, bevor einer der betrunkenen Holzklötze auf die Idee kam, mich anzugraben. Sich durch die Menschenmenge zu quetschen, ohne jemandem dabei allzu nahe zu kommen, war unmöglich. Obwohl es bereits Nacht war und das Meer direkt vor der Türe lag, waren die Temperaturen in der Kneipe so hoch wie in einem Schmelztiegel. Dies brachte die Gäste nicht nur dazu, den konsumierten Alkohol wieder auszuschwitzen, es verlieh auch der Luft ein besonderes Aroma. Genervt drückte ich die Person vor mir zu Seite und wischte mir angeekelt den Schweiß an der Hose ab.

Ich konnte es nicht erwarten nach draußen zukommen und kaum hatte ich die Schwelle zur Veranda überquert, wurde ich mit einer kühlen, salzig schmeckenden Meeresbrise belohnt. Über mir raschelten die Palmen im Wind und die Tiki-Fackeln warfen tanzende Schatten über den weißen Sandstrand. Nur wenige Meter vor mir rollten Wellen träge und dunkel an Land. Ich steuerte gerade eine der etwas abseits gelegenen Sonnenliegen an, als es plötzlich warm in meinem Nacken zu kribbeln begann. Es wanderte langsam meinen Körper hinunter und wieder hinauf. Verwundert drehte ich mich um und sah Tys Blick auf mir ruhen. Er lächelte und das warme Licht der Fackeln ließ seine ebenen Gesichtszüge noch stärker hervortreten. Ich hatte Männer selten als schön empfunden, aber Ty konnte ich diesen Titel ohne zu zögern geben. Und als sein Lächeln auch seine Augen zum Strahlen brachte, machte mein Herz einen kleinen Hüpfer. Ich schluckte und hoffte inständig, dass er nicht erriet, was in mir vorging. Er hatte die Hände lässig in die Hosentaschen gesteckt und schlenderte langsam auf mich zu.

»Hey!«, begrüßte er mich schlicht.

Ich nickte und wartete darauf, dass er die Unterhaltung weiterführte, doch er schwieg und suchte meinen Blick. Der Feuerschein spiegelte sich in seinen silbernen Augen und erinnerten mich an einen Nachthimmel voller Sterne. Oh Gott, jetzt reiß dich bloß zusammen Mia, hallte es durch meinen Kopf und ich senkte rasch den Blick.

»Äeehhm! Du bist noch gekommen ... ich dachte, du hättest es dir vielleicht anders überlegt«, sagte ich und verlagerte unsicher mein Gewicht von dem einen auf den anderen Fuß.

»Warum sollte ich es mir anders überlegen?«, entgegnete Ty. Ich spürte seinen Blick noch immer auf mir ruhen.

Ja warum? Ich zuckte mit den Schultern. »Na ja keine Ahnung, ist ja nicht so, als ob wir beste Freunde wären.«

»Stimmt!«, stellte er trocken fest. Mein Kopf ruckte hoch und ich suchte in seinen Augen nach Anzeichen, wie er dies gemeint haben könnte.

»Du scheinst mir eine ziemlich harte Nuss zu sein. Ich gehe einfach davon aus, dass du dafür einen besonders weichen Kern hast«, sagte er und zwinkerte, als er fortfuhr, »ich muss dich nur knacken.«

»Pff! Na dann beiß dir mal lieber nicht die Zähne aus«, erwiderte ich etwas zu schnell.

Tys Grübchen vertiefte sich. »Na komm, kein Grund direkt wieder die Firewall hochzufahren. Wie wäre es mit einem Drink?«

»Nein danke, ich trinke nicht ... also Alkohol meine ich ... eigentlich nie an Wochentagen ... weil morgen ein Praktikumstag ist, weißt du?«, stotterte ich und kam mir dabei unendlich bescheuert vor. Warum war ich bloß so ein Nerd?

Under water - Das Einmaleins für Meerjungfrauen Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt