"Lügen und Pläne" - Teil 29

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»Du verarschst mich doch gerade!«, entfuhr es Izzie, als wir uns kurze Zeit später ins Poolhaus zurückgezogen hatten. »Er ist ein Meermann? Das ist doch verrückt! Und Anne hat von alledem gewusst? Das kann ich einfach nicht glauben!«

»Schhh! Nicht so laut, ich will nicht, dass er uns hört!«

Izzie runzelte die Stirn. »Wieso nicht?«

»Stellt sich raus, dass es da so ein Gesetz gibt, das verbietet einem normalen Menschen zu erzählen, dass es Meermenschen gibt.«

Izzie nickte. »Okay das macht Sinn.«

»Ja na ja, wenn es doch einer erfährt, sind die Konsequenzen ziemlich drastisch.«

»Drastisch? Sowas wie, sie sperren dich ein?«

»Ja und sowas wie, sie bringen dich um.«

Izzie schluckte merklich und blieb ungewohnt still. Ich setzte mich neben sie an den Küchentisch und legte meine Hand auf ihre Schulter. »Keine Sorge, George weiß nichts und wenn wir vorsichtig bleiben, dann wird er auch nie etwas erfahren, okay?«

Izzie nickte. »Du glaubst wirklich, dass er mir was tun würde?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Um ehrlich zu sein, habe ich keine Ahnung, wozu er fähig ist. Ich meine wir können noch nicht mal sicher sein, dass George überhaupt sein richtiger Name ist. Ich bezweifle, dass er das hier ...«, ich wies mit der Hand auf die Einrichtung des Poolhauses, »tatsächlich mit dem Filmen von Dokumentationen finanziert.«

Izzies Augen weiteten sich. »Du meinst, er ist sowas wie ein Meermann Gangster?«

»Möglich wär's, aber selbst wenn nicht, wir können weder ihm noch Tante Anne trauen.«

»Du hast recht. Trotzdem ist George die einzige Quelle für Informationen, auch wenn wir nicht wissen können, ob er die Wahrheit sagt.«

Ich nickte. »Den Versuch ist es jedenfalls wert.«

»Du willst also vorerst bleiben?«

Ich dachte eine Weile nach. Der Gedanke die Segel zu streichen und von hier zu verschwinden war verführerisch. Was hielt mich schon hier? Georges Lügen? Ein Praktikumsplatz, den ich mir nicht selbst verdient hatte? Das waren alles keine Gründe, um in Simons Bay zu bleiben. Ein paar silberner Augen mit dunklen Wimpern schlichen sich in meine Gedanken. Ty! Was würde er sagen, wenn ich einfach verschwand?

»Wegzulaufen ist keine Lösung«, erwiderte ich dann.

Izzie grinste. »Stimmt und ich bin mir sicher, Ty wäre ziemlich traurig, wenn du ihn nicht mehr anzicken würdest«.

Verdammt, woher wusste Izzie nur immer, woran ich gerade dachte? Ich musste wirklich daran arbeiten meine Gesichtsausdrücke besser unter Kontrolle zu halten.

»Das Thema hatten wir doch schon. Ich zicke nicht rum und Ty ist mein Tutor. Da läuft nichts!«

»Natürlich, deswegen werdet ihr auch morgen nur zusammen lernen, stimmt's?«

Ich verdrehte die Augen. »Ich wusste, dass du das wieder gegen mich verwendest. Warum erzähle ich dir sowas überhaupt noch?«

»Na ich nehme an, weil du unterbewusst weißt, dass ich die Situation besser einschätzen kann als du!«, konterte Izzie.

»Tatsächlich?«, ich musterte Izzie wenig überzeugt und wappnete mich gegen die höchstwahrscheinlich absolut lächerliche Einsicht die Izzie gleich zum Besten geben würde.

»Na, dass du da selber nicht drauf kommst. Das ist jawohl der älteste Trick der Menschheit. Zusammen Lernen!«, sagte sie und setzte das zusammen Lernen mit den Fingern in Anführungszeichen. »Weiß doch jeder, was das bedeutet.«

»Mein Referat verbessern, das bedeutet es. Du interpretierst da viel zu viel rein.«

Izzie stöhnte. »Du bist manchmal so ein Holzkopf, Mia!«

»Wie wäre es, wenn du dich einfach mal da raus hältst?«

»Das würde ich ja, wenn du nicht so absolut hilflos wärst, wenn es um Jungs geht.«

»Ich bin nicht hilflos oder hoffnungslos. Ich bin einfach nur realistisch. Basta! Und jetzt hör auf zu nerven, ich muss noch an meinem Referat feilen.«

Izzie zog ein Schnute, ich wusste aus Erfahrung, dass das nur gespielt war. Ich zog mich in unser Schlafzimmer zurück und kuschelte mich samt Laptop ins Bett. Außer mir Tys Feedback durchzulesen, kam ich mit der Arbeit kein Stück voran. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Ständig schwirrten mir die Ereignisse des Tages durch den Kopf. Zu meinem Leben als Meerjungfrau gehörte plötzlich mehr, als mit wilden Delfinen zu schwimmen. Die Ungewissheit und das neu entfachte Misstrauen gegenüber Anne und George, verursachten ein unangenehmes Ziehen in der Magengrube. Mehrmals war ich drauf und dran Tante Anne anzurufen und sie zur Rede zu stellen. Doch was konnte sie schon sagen, außer zuzugeben, dass sie mich mein ganzes Leben lang belogen hatte? Nein, es war gut, dass mehrere tausend Kilometer zwischen uns lagen. Tante Anne konnte mir gestohlen bleiben!

Under water - Das Einmaleins für Meerjungfrauen Band 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt