29. Kapitel

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Ich spüre wie ich falle und versuche den Sturz etwas abzufedern, auch wenn ich nicht weiß ob es funktioniert.
Doch als mich jemand auffängt, kann ich keine Schmerzen spüren, die ein schneller Fall verursacht hatten. Dann werde ich vorsichtig auf den Boden gelegt. Ich höre Stimmen. Was genau sie sagen, kann ich jedoch nicht verstehen. Ich spüre, dass meine Körperfunktionen noch nicht wirklich da sind. Ich kann weder meine Augen öffnen, noch mich anderweitig bewegen.

Doch langsam wird alles deutlicher und ich höre wie jemand sagt: «Schließlich hat sie es selbst Tobias erst vor wenigen Stunden alles erklärt.» Die Stimme gehört eindeutig Marya. Jemand anderes meldet sich nun zu Wort: «Ja und? Wir haben genauso das Recht zu wissen, was mit ihr los ist.» Ich weiß, dass sie über mich reden, also schlage ich meine Augen auf und meine leise: «Eigentlich habt ihr kein Recht darauf.»  Durch meine Augen kann ich nur das Gesicht von Tobias sehen. Ich scheine in seinem Schoß zu liegen. Langsam dreht er seinen Kopf nach unten und nach kurzer Zeit treffen sich unsere Augen.
Sie nehmen mich wieder vollkommen gefangen. Sie leuchten so grün wie eine Wiese. Wie die Wiese, auf der ich noch vor einer kurzen Zeit gelegen habe. Sie sind einfach perfekt. Ich kann mich nicht von ihnen lösen, schaffe es nur nach einiger Zeit mit Mühe.

Gleich darauf versuche ich mich aufzusetzen. Erst mit der Hilfe von Tobias gelingt es mir. Er nimmt mich kurz in die Arme, was ich kraftlos erwidere. Dann lässt er mich los. Allerdings scheine ich einfach keine Kraft in meinem Körper zu haben, denn ich kann ihn nicht halten. Dann spüre ich wie ein Mädchen, wahrscheinlich Marya, zu mir hin rutscht. Bei ihr kann ich mich dann anlehnen und fallen lassen. Tobias kann ich jetzt nicht mehr sehen, da er hinter mir sitzt. Dafür bemerke ich jedoch die Blicke aller anderen auf mir.
Bis jetzt hat niemand zu meinem gesagten etwas erwidert, weswegen ich mir nicht sicher bin, ob sie es verstanden haben. Also wiederhole ich es einfach nochmal. «Warum?», flüstert ein Mädchen zurück. Damit habe ich schon gerechnet, jedoch nicht die Arte und Weise wie und was sie noch danach sagt: «Klar, du vertraust uns nicht. Mit Sicherheit weißt du auch nicht, dass mein Name Livia lautet. Aber das zählt für uns nicht! Du hast uns unser Leben gerettet und jetzt...Jetzt bist du vor unseren Augen geschwebt! Vielleicht denkst du, wir verurteilen dich danach oder so, aber das ist nicht der Fall. Egal was es mit dir auf sich hat, wir werden immer hinter dir stehen. Selbst wenn du uns nicht wirklich kennst, reicht es uns, dich zu kennen.» Damit schließt sie ihre Rede und sinkt leicht wieder in sich zusammen. Ich jedoch kann nichts anderes, als Livia anzuschauen und jedes Wort von ihr noch einmal in meinem Kopf zu wiederholen. Es fühlt sich an, als würde plötzlich ein Schalter in meinem Kopf umgelegt werden und ich beginne zu erzählen. Nur die wichtigsten Sachen, was ich bin und was es mit dem Zeichen auf sich hat. Also, dass daraus meine Flügel kommen. Ich stottere, aber sie unterbrechen mich nicht einmal und hören mir aufmerksam zu. Doch in manchen Augen sehe ich etwas aufflackern, so etwas wie wiedererkennen. Doch sicher bin ich mir nicht. Während ich erzähle, rückt Tobias näher an mich heran und Marya hält weiterhin meine Hand. Sie spenden mir Kraft. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

Als ich zu Ende erzählt habe, kommt Mark zu mir und umarmt mich unbeholfen. Auch die anderen Lächeln mich alle an. Irgendwie bin ich sichtlich erleichtert. Doch dann fällt mir die Warnung des alten Mannes ein. «Wie spät haben wir es?», frage ich geschockt in die Runde. «Mittlerweile ist es fast um halb vier, warum?», fragt Tobias ernst. «Wir müssen uns sofort in Sicherheit bringen! Schon in wenigen Minuten werden wohl Bomben abgeworfen!» Die anderen springen sofort auf und ohne weitere Absprache fangen sie an ihre Sachen zu packen. Da ich mich immer noch nicht rühren kann, bleibe ich an Marya gelehnt sitzen und kann nur mit ihr zusammen beobachten, wie alle ihre Sachen hektisch zusammenpacken. Ich bin verwundert, warum sie mir meine Worte ohne weiteres glauben. Aber andererseits ist es wahrscheinlicher, als der Fakt, dass ich ein Engel bin. So warum nicht?

Das Mädchen mit den EngelsflügelnWhere stories live. Discover now