4. Kapitel

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Langsam versuche ich meine Augen zu öffnen. Am Anfang gelingt es mir nicht, aber nach einiger Zeit schon. Als erstes schaue ich mich um. Ich liege in einem Bett, in einem kleinen Raum. Dieser befindet sich in einem typischen Jungenzimmer. Es ist ziemlich unordentlich, aber man erkennt die Struktur aus meinem Zimmer wieder. 

Ich setze mich auf. Links neben mir rührt sich auf einmal etwas. Dann geht ein Schatten langsam um mich herum. Solange bis ich ihn erkenne. Es ist der Junge, der Nachhilfe von mir wollte. Ich bin zu erstaunt um noch etwas sagen zu können. Er setzt sich mir gegenüber und wartet ab. Als ich dann endlich meine Stimme wiederfinde, klingt sie gepresst und ziemlich dünn. «Versteh mich jetzt bitte nicht falsch, wenn ich dich das jetzt Frage. Ich bin dir immer noch dankbar. Doch warum hast du mir geholfen?», frage ich ihn. Er schaut mich aus seinen undurchdringlichen, blauen Augen an. Ein paar Sekunden halte ich seinem Blick stand, dann senke ich meinen eigenen. «Man sollte zu nichts gezwungen werden, was man nicht möchte. Das ist mir später klar geworden. Wann genau weiß ich nicht. Es tut mir übrigens Leid. Weil ich dich doch so bedrängt habe», meint er. Ich schüttle energisch mit dem Kopf. «Nein, du brauchst dich nicht bei mir zu entschuldigen. Damit sind wir quitt, da du mir geholfen hast. Danke», entgegne ich. Dann stehe ich langsam auf. Ich mache ein paar Schritte vorwärts. Taumle jedoch, da sich plötzlich alles zu drehen beginnt. Urplötzlich ist der Junge neben mir und stützt mich. «Ist wirklich alles in Ordnung?», fragt er besorgt. Ich nicke, woraufhin er mich wieder loslässt. Er verschwindet jedoch nicht von meiner Seite. «Wie heißt du eigentlich? Ich glaube du hast dich noch nicht wirklich vorgestellt.» Er lacht leise in sich hinein. Antwortet dann jedoch: «Stimmt. Das habe ich nicht. Mein Name lautet Drake.» Ich lächle ihn kurz an. Dann verschwinde ich aus seinem Zimmer und mache mich auf den Weg zu meinem Eigenen. Seinen Namen werde ich nie wieder vergessen. Doch nicht wegen diesem Moment, sondern wegen einem ganz anderen.

Der restliche Tag verläuft gut. Ich bleibe größtenteils in meinem Zimmer, höre Musik und mache Hausaufgaben oder lese. Am Abend hole ich mir etwas zu essen, gehe dann aber sofort wieder in mein Zimmer zurück. Ich bin nicht unbedingt erpicht darauf so viele Leute zu treffen. Schließlich hat sich das geschehene wie ein Lauffeuer verbreitet. Da ich total erschöpft bin, wegen allem was so passiert ist, gehe ich auch früh schlafen. Wie es zu erwarten war, schlafe ich auch sofort ein.

Als ich gerade am nächsten Morgen aus meinem Zimmer gehen will, klopft es an der Tür. Ich öffne diese vorsichtig. Davor steht Drake. Ich bin erstaunt, noch bevor ich auch nur ein was sagen kann, meint er: «Ich hab dir vergessen deine Sachen wiederzugeben. Deswegen wollte ich sie dir jetzt bringen. Gestern hätte ich das natürlich auch machen können, aber ich wollte dich da nicht noch einmal stören. Ich glaube das war gestern auch ziemlich viel, was du erst noch verarbeiten musstest.» Ich lächle ihn an. Nach einem, «Dankeschön und ja, das gestern war schon ziemlich viel», nehme ich meine Tasche von ihm entgegen. Diese hatte ich tatsächlich schon gesucht und mich dabei gewundert wo sie sein könnte. Es ist mir allerdings nicht im Geringsten eingefallen, dass sie bei Drake sein könnte.

«Wollen wir zusammen zum Klassenzimmer gehen? Oder soll ich schon vorgehen?», erkundigt sich Drake. «Du kannst mich ruhig begleiten, wenn du willst», entgegne ich zögernd. Es könnte auch schön sein mal Gesellschaft zu haben, auch wenn ich weiterhin leicht misstrauisch bin. Ich packe noch schnell meine Sachen zusammen und gehe dann raus auf den Flur. Dort verschließe ich dann die Tür hinter mir. Danach machen Drake und ich uns auf den Weg. Die Leute die an uns vorbei kommen, schauen uns verwirrt nach. Die meisten Blicke treffen jedoch mich. Sie verstehen nicht, wieso jemand neben mir laufen und sich auch noch mit mir unterhalten darf. Ja es ist etwas Neues, aber jetzt müssen sie sich eben daran gewöhnen.

Andere, besonders die Jungs, schauen Drake böse oder beneidend an. Doch die Blicke lassen ihn total kalt. Es interessiert ihn nicht. Wieso auch?

Jetzt kommt es immer wieder vor, dass Drake und ich zusammen Zeit verbringen. Meistens geht von ihm die Initiative aus. Am Anfang traue ich ihm noch nicht. Blocke ihn ab und zu mal ab. Nur selten gehe ich auf seine Angebote ein. Er schlägt zum Beispiel vor, mit mir Partnerarbeiten zu machen oder zu Mittag zu essen. Das alles sind keine großen Sachen, aber für mich kostet es schon viel Überwindung. Doch er blockt für mich immer wieder fiese Sprüche ab oder ähnliches. Zwischen uns ist etwas. Das spüre ich klar und deutlich. Wir verstehen uns gut, sehr gut sogar. Nach einiger Zeit gestehe ich mir ein, dass ich etwas für ihn fühle. Kurz darauf, schon fast als hätte er meine Gedanken gelesen, fragt Drake mich: «Willst du mit mir zusammen sein?» Ich weiß am Anfang nicht was ich sagen soll. Dann gebe ich mir einen Ruck und bejahe. Anfangs kümmert sich Drake richtig sehr um mich. Er will jedem zeigen das ich seine Freundin bin. Gleichzeitig möchte er mich auch vor allem beschützen. Manchmal ist es etwas anstrengend mit ihm, aber es ist mir egal. Er ist damit zufrieden, es langsam angehen zu lassen. Er kommt mir total entgegen. Obwohl er meine Ängste nicht kennt, nie erfahren wird.

Das Mädchen mit den EngelsflügelnTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon