16. Verrückte Welt

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Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, was verrückter war, die Tatsache gerade eben noch an der Decke gehangen zu haben, von einem gruseligen Mädchen verschleppt wurden zu sein, oder doch der Fakt, das Oktavia, Dick nicht die Augen auskratzen wollte als wir sie jetzt vor uns sahen.
Sie hatte ihre Arme vor der Brust verschränkt und sah uns aus ihren braunen Augen fragend an.
Die karamellfarbene Lockenmähne hatte sie zu einem zerzausten Knoten hochgesteckt und mehrere Strähnen hingen ihr ins Gesicht, wo eine davon sie an ihrer StupsNase kitzelte. Worauf hin diese energisch mit einer Hand hinter das linke Ohr befördert wurde.
Sie sah uns immer noch fragend an.

Wir saßen immer noch still vor ihr auf der Couch.
Und taten nichts.

Als vorhin das kleine ExorzistenMädchen Damian und Tim mitgenommen hatte, war es kurz darauf nochmal zurück gekommen und hatte mich von der Decke gekratzt.
Anschließend waren wir ebenfalls mit einem Blopp verschwunden.

Es hatte sich angefühlt, wie erst zusammen gepresst und dann wieder auseinander gezogen zu werden. Wie ein Stück Knete.
Kein schönes Gefühl, das sag ich euch.
Denn dieses zusammen gequetscht werde schlug auf den Magen.

Was der Grund war, warum keiner etwas von uns sagte. Würde ich jetzt den Mund aufmachen, würde die Coach auf der ich gerade saß wahrscheinlich ein paar grüne Spritzer abbekommen. Und grün paar nicht so ganz zu rotem Samt.

„Also?" setzte Oktavia nach einer gefühlten Ewigkeit dann an.

Sie blickte uns einem nach dem anderen an.
Erst Damian der ihren Blick ausdruckslos erwiderte. Was nicht wirklich verwunderlich war. Die beiden hatten sich bisher, soweit ich wusste, nur zweimal kurz gesehen und dabei nicht viele Worte verloren.

Ihre Augen bewegten sich weiter zu Tim, der Rechts neben Damian saß. Er war der einzige von uns vieren, der seine Alltagkleidung anhatte.
In seinem Fall ein schwarzer Pulli und eine dunkel blaue Jeans. Dazu Turnschuhe.
Als wir ihn vorhin abgeholt hatte, hatte er sich strickt geweigert seinen alten Robinanzug anzuziehen. Das sei er nicht mehr, hatte er gesagt.
Nur den Gürtel und seine Waffe hatte er behalten. Diese war wenigstens nützlich. Auch gegen die kleine Computeruhr hatte er nichts gehabt, auch wenn er sogleich den darin enthaltenen Peilsender gehakt und abgeschalten hatte.

Tim erwiderte ihren Blick nicht ganz so ausdruckslos sondern hob beschwichtigend seine Hände. Als wolle er sagen: „Schau mich nicht so an! Ich hab damit nichts zu tun."

Damit schien sie wohl erstmal einverstanden zu sein. Denn sie verdrehte bloß kurz die Augen bevor sie zu Dick hinüber schaute.
Der schien unter ihrem Blick förmlich einzugehen.
Und wendete seinen sogleich ab.
Seine Augen wahren überall da, wo sie sich nicht mit Oktavias treffen mussten. Der Boden und seine Fingernägel hatten es ihm besonders angetan. Er betrachtete sie als wären sie ihm vorher noch nie aufgefallen.

Ein bisschen tat er mir ja schon Leid. Also beschloss ich doch das Gespräch zu beginnen.
„Hey" sagte ich und hob die Hand.

„Hey" sie lächelte mit ihrem üblich frechen Grinsen an.
„Schön dich mal wieder zusehen."
Ich grinste zurück. „Ja finde ich auch." Was die Wahrheit war. Oktavia war immer anders als die anderen drei gewesen. Sie hatte mich immer auf eine Art verstanden, wie ich es nichtmal selbst konnte.
So wie Bruce wahrscheinlich von Alfred verstanden wurde, wurde ich von ihr verstanden.

„Euch alle." ergänzte sie noch zu ihren Satz und sah aufgeschlossen in die Runde
Dick sah kurz auf. Ein klein bisschen Hoffnung drauf, das er seine Augen fürs erste behalten durfte, lag in seinem Gesicht.
„Okay also was ist passiert?" Oktavia schmiss sich auf die Coach gegenüber von uns. Unter ihren Kopf legte sie ihre Hände. Dann schlossen sich ihrenAugen, so als wolle sie schlafen.
Noch eine Sache die ich an ihr mochte. Sie liebte es zu schlafen und hasste es, diejenige im Raum zu sein, die nicht wusste worum es ging. Wodurch sie selbst im Schlaf ständig vor sich hin brabbelte.

Das Leben ist InjusticeWhere stories live. Discover now