8 Erzähl mir von morgen.

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Satt und müde schleppten Fizzy und ich uns in mein Zimmer. Ich bezog eine weitere Decke und als sie sich in die hintere Ecke gerollt hatte, sah sie an die Decke: „Danke, dass ich hier schlafen darf."

„Du kannst mein Zimmer gerne für die Zeit haben, während ich Harry besuche", sprach ich und merkte, wie glücklich ich sie damit machte: „Wirklich?"

„Wieso nicht. Drei Tage die Woche ist Benny weg und Noah ist nur Abends zu Hause. Von denen hat sicher keiner was dagegen, immerhin kennen sie dich."

Eleanor flog mit mir zusammen nach Hamburg und wie ich erfuhr, sollte für diese Zeit Lottie auf Fizzy achtgeben. „Ich liebe meine große Schwester, aber ich überlebe sie nicht länger als drei Tage."

Ja, das konnte ich verstehen. Flint fing auch an zu nerven, wenn man ihn länger um sich hatte. Schwerfällig kroch ich unter die Decke und spürte nun die Erschöpfung des Tages. Mein Fuß pochte, meine Schulter schmerzte und ich atmete nur noch flach.

Scheiß Schmerzen.

Bevor ich ins Flugzeug stieg würde ich ein paar Tage blau machen und mich fit schlafen. „Sag mal, Fizzy, muss ich irgendetwas beachten, wenn ich Harry auf Tour besuche?"

„Hm", sie neigte leicht den Kopf. „Ich kann dir nur sagen, was El immer macht, wenn sie zu Louis fliegt. Nämlich sich vorab informieren, was in der Stadt so los ist. Oft geht sie shoppen oder schaut sich die Sehenswürdigkeiten an. Manchmal arbeitet sie auch im Hotelzimmer, zumindest das, was sie am Laptop erledigen muss."

Ich runzelte die Stirn: „Verbringt sie überhaupt Zeit mit Louis?"

Nun rollte sich Fizzy auf die Seite und sah mich an: „Ich zerstöre nur ungern deine Illusionen, aber wenn du Harry auf Tour besuchst, dann arbeitet er auch und ist meistens erst sehr spät Abends da oder zwischendurch für ein, zwei Stunden. Und ich würde ihn an deiner Stelle nicht zu jedem Interview oder Konzert begleiten. Das ist anstrengend und irgendwann nur noch langweilig."

Da war sie, die ehrliche und ungeschönte Wahrheit. 

Ich hatte mir schon gedacht, dass das kein echter Urlaub werden würde. Trotzdem wollte ich unbedingt zu Harry fliegen. Wenn ein paar Stunden alles waren, was ich kriegen würde, dann nahm ich sie mir. Das war besser, als überhaupt nichts.

Ich würde mir viel zu tun mitnehmen und Fizzys Rat beherzigen und mir in den jeweiligen Städten raussuchen, was ich da Mittags unternehmen konnte.

Ganz, wie ich es vorausgesagt hatte, sah Noah kein Problem darin, wenn Fizzy mein Zimmer nutzte während ich weg fuhr. Vermutlich hoffte er, sie würde öfters den Kochlöffel schwingen. Hoffentlich schnitt er sich nicht ins eigene Fleisch.

Die Tage vor dem Flug waren unglaublich stressig. Ich musste zu zwei Nachuntersuchungen und bekam Stress mit dem Arzt. („Mehr Ruhe!") Allerdings bekam ich zumindest sein Okay für die Reise. Vorher musste ich auf das Grab von Dumbledore schwören, dass ich eine Praxis oder Krankenhaus aufsuchte, sollte es mir im Urlaub schlechter gehen. Für die Medikamente gab er mir eine extra Bescheinigung.

Alleine dieser kleine Besuch hatte mich mehr geschafft, als ich es zugeben wollte. Erledigt saß ich ziemlich lange an der Bahnstation der Tube und machte Pause. Erst dann raffte ich mich auf nach Hause zu fahren.

Eleanor war mir eine große Hilfe, sie beantwortete meine gefühlten 100 Fragen, was ich alles für den Besuch bei Harry mitnehmen sollte. Welche Schuhe, welche Jacke, wie viel Kram zu wechseln und ab wie viel Uhr ich den Flug buchen sollte.

„Du buchst hier gar nichts!", stemmte sich Eleanor mir entgegen als sie in meinem Zimmer über den Koffer stieg. „Ich habe die Tickets schon."

„Was kriegst du wieder? Ich kann dir das direkt überwei-!"

Sie sah mich so böse an, dass ich stoppte. Irritiert runzelte ich die Stirn: „Wer hat die Tickets bezahlt?"

„Unwichtig", fand sie, doch ich konnte ihr nicht zustimmen. Aus Eleanor war kein Wort rauszukriegen und ich schwor mir, dass ich das Geld für den Flug an die richtige Adresse zurückschicken würde.

„Übrigens, ich bin sehr froh, dass Fizzy so lange hier einziehen kann, wenn wir weg sind. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, ob sie und Lottie sich nicht die Köpfe einschlagen werden", gab Eleanor zu und schüttelte den Kopf, als ich ihr zwei Mäntel präsentierte. „Eine Jacke reicht. Nimm die Schwarze, die passt zu allem und die Hälfte muss aus seinem Koffer wieder raus, weil du ja auch unterwegs ein bisschen was kaufst. Lass mich mal eben-"

Und schon machte sie sich an meinen Koffer zu schaffen.

Ich war ganz froh drüber und ließ mich aufs Bett fallen. Fluffy war mein Babysitter und war bereit zum kuscheln und spielen. Während ich ihn kraulte, hörte ich Eleanor plappern und verstand nicht alles. Nur so viel, dass sie mich mit ihrem Wagen abholen würde und wir zusammen zum Flughafen fuhren.

Meine Vorfreude auf Harry wuchs in unermessliche. Amanda riet zum Beauty-total-Tag. Leider war der wirklich anstrengend, wenn man sich nicht richtig bewegen konnte und im Bad auf dem Rasierschaum für die Beine fast ausrutschte und die verdammte Haarpackung in die Augen bekam.

Am Ende hatte ich mich mit dem Rasierer mehrmals am Knie und Knöchel geschnitten, bemerkte blaue Flecken, die nicht an meinem Oberkörper sein sollten und dann war da noch der ekelhafte Pickel am Kinn, den nur ich zu sehen schien.

Dabei wollte ich hübsch sein, wenn ich Harry wieder sah. Ein blöder Gedanke, denn mir wäre es auch egal, wenn Harry einen dämlichen Pickel auf der Stirn hätte. Pickel wollte ich verdammt noch mal trotzdem nicht!

Die Nacht, bevor es losging konnte ich kaum schlafen. Mein Gepäck hatten die Jungs am Vorabend bereits bis nach unten ins Treppenhaus gebracht. Ich musste also nur noch meinen Rucksack selbst schleppen.

Viel zu früh saß ich kerzengerade im Bett und ging noch einmal alles Wichtige durch. Pass, Reader, Lesestoff, CI-Batterien, Medikamente, Geld, Handy – mir schwirrte der Kopf. Nur mit Mühe und Not bekam ich mein Frühstück runter, verabschiedete Benny und Noah, machte Platz für Fizzy und hockte schließlich auf den Stufen im Treppenhaus.

Hoffentlich wurde der Besuch bei Harry auf Tour gut. Und hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich ging nichts schief. Ich wollte Zeit mit ihm, so viel, wie nur möglich war. In meinem Magen flatterte es vor Vorfreude und mein Herz raste alleine bei dem Gedanken Harry endlich wieder gegenüber zu stehen.

Völlig neben der Spur rieb ich meine eiskalten Fingerspitzen aneinander. Ich dachte kurz an Fizzy und hoffte, dass sich ihre Panik nicht wiederholte, wenn sie mein Zimmer bezog. Auch schweifte ich kurz zu meiner Mutter. Sie sollte Harry kennenlernen und selbst feststellen, dass mein Freund an anständiger Kerl war. Vielleicht war die Vorstellung Wunschdenken, doch ich wollte optimistisch bleiben.

Ein Auto fuhr vor. Eleanor war da.

Endlich ging es los. 







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