52. Kapitel

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Adriana


Als ich die Schwelle des Tores übertrete, durchfährt mich eine Wärme, die jegliche Kälte vertreibt. Als ich die anderen ansehe, kann ich erkennen, dass es ihnen nicht anders geht. Danach richte ich meinen Blick wieder auf und starre mit offenem Mund auf das Bauwerk vor mir. Das Schloss erhebt sich bis in die Wolken und scheint prächtiger den je. Vor dem Schloss befindet sich ein größerer Platz, der in der Mitte von einem Brunnen verziert wird. Ich merke, wie die anderen neben mich treten, doch kann meinen Blick nicht abwenden.

Mit einem Mal verändert sich das Bild vor meinen Augen und der Schneefall wird immer weniger. Dafür nehmen die Farben des Schlosses und der Pflanzen in unserer Umgebung ins unermessliche zu. Schließlich fühlt es sich an, als würde ich mich in einem Traum befinden. Das Schloss strahlt in den schönsten Nuancen, da das Eis, aus dem es zu bestehen scheint, die Sonne widerspiegelt. Der Brunnen plätschert fröhlich vor sich hin und überall sieht man die ungewöhnlichsten Blumen in allen erdenklichen Farben.

Doch erst komplett wird dieses Bild durch die vielen Menschen, die hier stehen und sitzen. Jeder wirkt einzigartig. Ich kann mehrere kleine Kinder sehen, die inmitten der Menschenmassen Fangen spielen und nicht selten böse angesehen werden, weil sie jemanden angerempelt haben. Die Erwachsenen stehen zumeist herum und unterhalten sich miteinander und zwischendrin kann ich sogar Personen erkennen, die weit über sechzig scheinen. Man findet hier die verschiedensten Hautfarben und Haarfarben. Staunend drehe ich mich im Kreis und versuche jedes Detail aufzusogen, damit ich es bloß nicht wieder vergesse. Ich werfe den Anderen einige Blicke zu, doch sie scheinen mich gar nicht wahrzunehmen, viel zu sehr sind sie von allem fasziniert.

„Beeindruckend, oder?", erklingt hinter mir eine weibliche Stimme. Erschrocken drehe ich mich zu der sanften Stimme um und mir stockt der Atem. Die Frau mir gegenüber scheint in diesem Moment das schönste zu sein, was ich je gesehen habe. Ihre goldblonden Haare fallen ihr bis zur Mitte des Rücken hinunter. Das weiße Kleid scheint nur für sie gemacht worden zu sein, es ist weder zu schlicht, noch zu auffällig, weder zu lang und breit, noch zu kurz und schmal. An ihr scheint es einfach perfekt.

„Luna", höre ich Alissa neben ihr flüstern und sehe aus dem Augenwinkel, wie sie langsam auf die Knie geht. Natürlich, Alissa hatte schon eine Vision von Luna bekommen. Eilig wende ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Frau vor mir und gehe auch langsam hinunter.

„Erhebt euch alle wieder. Ich bin weder eine Heilige, noch eine Königin, also denke ich, können wir das mit dem Niederknien lassen."

„Aber ...", will Newt ihr gerade widersprechen, als sie die Hand hebt und ihm damit zeigt, zu schweigen.

„Seht mich einfach als Mutter, die ihre Kinder über alles liebt." Langsam erheben wir uns wieder und ich fasse es immer noch nicht so recht, dass ich Luna, der Mondgöttin gegenüberstehe. Schließlich gleitet ihr Blick zu mir und ein Lächeln bildet sich auf ihren Lippen. „Adriana, ich freue mich, dass du die weite Reise auf dich genommen hast, um hierher zu kommen." Ich brauche einige Momente, um meine Sprachlosigkeit zu überwinden.

„Was genau bedeutet hier?" Ich lasse meinen Blick über die Umgebung schweifen und versuche irgendwie den Ort wiederzuerkennen, an dem wir uns eigentlich nun befinden.

„Das ist eine gute Frage. Ihr befindet euch immer noch im Himmelsschloss. Doch während bei euch in der Zeit das Schloss ein alter und verlassener Ort ist, so ist er hier der Mittelpunkt der Erde. Kurz bevor Esperanza verstorben ist, habe ich schon damit begonnen, diese Welt zu schaffen. Ich wusste, dass die Menschen und die Werwölfe nicht auf ewig miteinander auskommen würde und so wollte ich für meine Kinder einen Zufluchtsort schaffen, an den sie sich jederzeit zurückziehen können. Das Schloss sollte dabei den wichtigsten Punkt darstellen. Der Ort, wo alle Menschen zusammenkommen und Frieden herrscht. Doch als Esperanza von uns gegangen ist, gab es niemanden mehr, der dieses Schloss bewohnen wollte. Das Schloss hatte keinen Besitzer oder Herrscher, der wusste, wie er es zu führen hatte. Doch so habe ich es mir immer vorgestellt." Verträumt lässt sie ihren Blick über die Menschenmassen gleiten und das Lächeln auf ihren Lippen strahlt heller als die Sonne.

Der schwarze BetaNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ