41. Kapitel

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Terence

„Was machst du noch hier?" Erschrocken blicke ich auf, als die Stimme mich völlig aus meinen Gedanken reißt. Im Türrahmen steht Kate, dich mich mit stumpfen Augen ansieht.

„Ich gucke noch was und komme gleich nach", meine ich einfach nur, ehe ich mich wieder dem Buch vor mir zu wende.

„Was ist das?" Statt wie gewollt ins Bett zu gehen, kommt sie auf mich zu und lässt sich neben mir nieder.

„Das habe ich in Arthur's Sachen gefunden. Er hatte auch so eine Einladung in die kalte Welt bekommen. Ich gucke grade, ob wir irgendwie mit ihnen Kontakt aufnehmen können." Während ich spreche, halte ich meinen Blick auf das Buch gesenkt und blättere wahllos irgendwelche Seiten um.

„Komm doch einfach mit ins Bett und ruhe dich ein bisschen aus. Wie lange hast du jetzt schon nicht mehr richtig geschlafen?" Mit einem Gähnen lehnt sie sich an mich an. Doch leider muss ich ihr zustimmen, die Augenringe in meinem Gesicht sind nicht mehr zu übersehen und der Kaffee hilft mittlerweile auch nicht mehr wirklich.

"Ich kann nicht. Dafür mache ich mir viel zu viele Sorgen." Das ist in keiner Weise gelogen. Ich erinnere mich nur noch zu gut an den Moment, als Kilian bei uns angekommen ist und uns erzählt hat, dass sie einfach nach Kanada verschwunden ist. Natürlich sind wir sofort aufgebrochen, länger hätte er es wahrscheinlich auch nicht mehr ausgehalten, so sehr, wie er fast durchgedreht ist. Doch irgendwann im Hubschrauber hört meine Erinnerung auf.

Stattdessen erwache ich ein bisschen später irgendwo in Kanada nicht weit von dem Rudeldorf entfernt auf. Dort angekommen erfahre ich, dass Adriana sich mit ihren Freunden auf eine Reise aufgemacht. Dann hat es noch mal ein bisschen gedauert, bis ich durch einen Brief von Christopher erfahre, wohin sie sind. Auf einmal spüre ich einen gleichmäßigen Atem in meinem Nacken und mit einem Lächeln stelle ich fest, dass Kate ganz offensichtlich eingeschlafen ist. Ihr macht das Ganze nicht weniger zu schaffen, schließlich haben sich auch ihre beiden Brüder auf die Reise begeben.

Seufzend schließe ich das Buch, ehe ich mich daran mache, Kate in unser Bett zu tragen, wobei ich versuche, sie bloß nicht aufzuwecken. Sie braucht genau wie ich jeden Schlaf, den sie bekommen kann. Doch bevor ich auch ins Bett gehe, gehe ich noch mal kurz in den Garten. Dort zünde ich eine kleine Kerze an, stelle diese auf die Terrasse und knie mich vor ihr nieder.

„Liebe Luna, bitte kümmer dich gut um Adriana und ihre Freunde. Sorge dafür, dass sie sicher und heil wieder nach Hause zurückkehren." Automatisch verfalle ich in mein tägliches Gebet und denke noch nicht mal wirklich viel darüber nach, für wen ich bete oder wofür.

Früher hat Kate sich immer wieder über meine Angewohnheit, jedes Mal vorm Schlafengehen zu beten, lustig gemacht. Doch mittlerweile hat auch sie gemerkt, dass mich nichts davon abhalten wird. Selbst, wenn die Welt untergehen würde, würde ich immer noch beten. Arthur hat mir mein Leben lang eingeprägt, dass ich für alles Gute in meinem Leben froh sein soll und das Schlechte immer von der guten Seite sehen sollte. Aber vor allem soll ich mich für alles Schöne bei Luna bedanken und zu ihr beten, wenn mir oder Freunden etwas Böses widerfährt.

Mittlerweile kann ich nicht mal mehr schlafen, wenn ich nicht gebetet habe. Langsam erhebe ich mich wieder und will gerade die Kerze auspusten, als eine Bewegung in meinem Augenwinkel meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist schon lange nach eins und für gewöhnlich gibt es niemanden in diesem Rudel, der solange wach bleibt. Vorsichtig drehe ich mich um und versuche, nur im Licht des Mondscheins etwas zu erkennen. Leider gehört die Fähigkeit, im Dunkeln zu sehen, noch nie zu meinen besonderen Stärken.

Aus diesem Grund kann ich nichts anderes als Dunkelheit sehen. Langsam fallen mir die Augen zu und ich wende mich der Terrassentür zu, damit ich nun endlich ins Bett gehen kann. Doch auf einmal höre ich von weiter weg einen Schrei, der nichts Gutes bedeuten kann. Aber bevor ich irgendwas machen kann, werde ich von hinten umgeworfen und als ich mich auf dem Boden umdrehe, blicke ich in glühend rote Augen.

Der schwarze Wolf, der auf mir hockt, ist einer der größten, den ich je gesehen habe. Auf einmal bin ich wieder hellwach und langsam hebt er seine rechte Pfote, um mir meine Kehle durchzuschlitzen. Doch kurz bevor seine Pfote meinen Hals berührt, ertönt ein dumpfer Knall und er kippt zur Seite weg. Erstaunt reiße ich die Augen auf und blicke zu Kate, die neben mir mit meinem Aluminiumbaseballschläger steht. Erleichtert springe ich auf und sie reißt mich fast um, als sie mich umarmt. Schließlich lösen wir uns wieder voneinander.

„Wieso bist du wach?" Ich sehe sie fragend an, da sie doch ihren Schlaf braucht. Auf der anderen Seite wäre ich nun nicht mehr am Leben und zum anderen kann ich nun sicher sein, dass sie nicht im Schlaf ermordet werden kann.

„Ein Schrei hat mich geweckt. Ich dachte erst, ich hätte ihn mir eingebildet. Doch dann wollte ich doch besser nach dir sehen." Sie schenkt mir ein Lächeln zu, dass ich automatisch erwidere. Doch als mir der Schrei einfällt, wird meine Miene wieder ernst.

„Der Schrei. Es hörte sich an, als käme er hier irgendwo aus dem Dorf. Wir sollten nach den anderen sehen." Sie nickt einfach nur und will losgehen. Ich werfe noch einen kurzen Blick auf den Wolf, aber es sieht nicht sonderlich danach aus, als würde er in nächster Zeit aufwachen. Trotzdem binde ich ihm mit einem Seil sicherheitshalber alle vier Pfoten zusammen.

„Sicher ist sicher", meine ich nur auf Kate's fragenden Blick und gemeinsam machen wir uns auf den Weg zur Quelle des Schreies. Schon auf den Wegen, die durch das Dorf führen, empfängt uns alleiniges Chaos. Immer wieder kämpfen schwarze Wölfe gegen meine Rudelmitglieder. Leider sieht es alles andere als gut für mein Rudel aus. Ich werfe Kate noch einen Blick zu, ehe wir uns fast gleichzeitig in Wölfe verwandeln und uns mit ins Getümmel stürzen.

Ich wende mich einem Jugendlichen zu, der sich alleine gegen einen Gegner behaupten muss und aus dem Augenwinkel stelle ich fest, dass Kate sich zu einer jungen Frau gesellt hat. Während ich kämpfe, werfe ich immer wieder einen Blick zu Kate, um mich sicher zu sein, dass es ihr gut geht. Doch scheinbar muss ich mir da in keiner Weise Sorgen machen, da Kate schon immer eine gute Kämpferin gewesen ist. Stattdessen konzentriere ich mich ein bisschen mehr auf meinen eigenen Kampf. Auf einmal wird der Kopf des Wolfes von einem Pfeil durchbohrt und mit einem letzten Heulen fällt er zu Boden, wo er liegen bleibt. Erstaunt blicke ich in die Richtung, wo der Pfeil herkam und ich werfe dem Ratsmitglied einen dankbaren Blick zu, der den Pfeil abgeschossen hat.

„Du bringst dich in Sicherheit. Guck vielleicht, ob du in den Häusern noch andere Jugendliche oder Kinder findest", weise ich den Jungen an. Dieser nickt einfach nur und ohne jeglichen Widerspruch tut er das, was ich ihm gesagt habe. Ich wende mich danach wieder dem anderen Ratsmitglied.

„Danke. Wir sollten weiter gucken, ob wir irgendjemanden helfen können." Er nickt einfach nur und gemeinsam suchen wir weiter nach Leuten, die unsere Hilfe brauchen. Gleichzeitig kann ich nur hoffen, dass Adriana es so schnell wie möglich schafft, die schwarzen Wölfe zu besiegen, jetzt wo ich sehe, was sie für ein Unheil anrichten können.

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt