25. Kapitel

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Scott

Doch schließlich betritt noch eine dritte Person den Raum und Damara wirft uns nur verwirrte Blicke zu. Aber an ihrem Blick kann ich erkennen, dass es ernst wird und sofort wird mir bewusst, was los ist. „Wie viele haben sich zurückgemeldet?" 

„Mittlerweile haben sich fast alle zurückgemeldet und jeder hat dem Treffen zugesagt. Aus diesem Grund werden wir uns jetzt auf den Weg machen. Alissa ist auch schon wieder zurück." Mit einem Nicken stehen Niklas und ich auf und folgen Damara hinunter ins Wohnzimmer. Dort werden wir sowohl von Alissa, als auch dem Mann mit der Brille wieder erwartet. 

„Die Pferde stehen draußen bereit und das Proviant ist vorbereitet." Ehrfürchtig neigt er den Kopf vor seiner Alpha. 

„Möge euch Luna beistehen, dass ihr die Reise übersteht und heil wieder zurückkehrt." 

„Ich danke dir. So lange ich weg bin, wirst du meine Aufgaben übernehmen. Passe bitte auf, dass sollten wir uns plötzlich in einem Krieg wiederfinden, alle vorbereitet sind. Ich werde so schnell wie möglich wiederkommen." Mit diesen Worten zieht Damara ihn in eine Umarmung, die er scheinbar nicht erwartet hat. Danach verabschiedet er sich noch schnell von Alissa, ehe er sich an Niklas und mich richtet. 

„Ich hoffe, ihr werdet eure Freunde wiederfinden." Danach wendet er sich wieder von uns ab und verlässt das Haus ohne ein weiteres Wort. Damara zögern kurz, scheinbar fällt es ihnen nicht ganz so leicht, auf diese Reise zu gehen, wie so vorgeben. Aber nur einige Sekunden später hat sie sich wieder gefasst und folgt dem Mann durch die Tür. 

Draußen werden wir schon von dem halben Rudel erwartet, scheinbar ist Damara mehr als nur beliebt. Während Alissa, Niklas und ich schon mal auf die Pferde steigen, die bereitstehen, geht Damara noch bei einigen Personen vorbei und verabschiedet sich von ihnen. 

„Wir sollten uns beeilen", merkt Alissa an und bekommt damit einige böse Blicke von den Seiten zugeworfen. Wahrscheinlich würde es nicht jeder wagen, mit der Alpha so zu reden, aber generell habe ich das Gefühl, zwischen Damara und Alissa würde eine sehr entspannte Beziehung herrschen. 

„Du hast Recht. Wir sollten nicht unnötig Zeit vertrödeln", stimmt Damara ihr zu und macht sich auch daran, auf ihr Pferd, einen wunderschönen Friesen, aufzusteigen. Mit einem letzten Nicken in die Runde verabschiedet sie sich und gemeinsam beginnen wir die Reise. Während Damara vorreitet, bildet Alissa das Schlusslicht. In der Zeit, in der wir noch durch das Dorf reiten, stehen am Straßenrand immer wieder ein paar Leute, die uns zuwinken und uns verabschieden. Einige Kinder machen sich auch einen Spaß daraus, zu gucken, wie lange sie neben den Pferden herlaufen können, bis ihnen die Puste ausgeht. Aber am Rand des Dorfes bleiben schließlich die meisten stehen, um sich nicht zu weit von ihren Eltern zu entfernen. Schnell werfe ich noch einen Blick über die Schulter und sehe, wie die Kinder uns hinterherwinken, bis sich die meisten nach einige Sekunden zum Drehen umwenden.

Schon nach einigen Minuten, in denen wir schweigend geritten sind, wendet Niklas sich Damara zu und fängt an, mit ihr über irgendwas zu reden, wobei er sehr oft die Zügel nur mit einer Hand festhält. Die andere nutzt er hingegen, um wild zu gestikulieren, was er sehr gerne tut, wenn er mit jemanden diskutiert oder gar streitet. 

Nach einigen Sekunden, in denen ich das Ganze mit einem Lächeln beobachtet habe, lasse ich mich zurückfallen, bis ich mit Alissa auf einer Höhe bin. Sie wirft mir nur ein kurzes, gequältes Lächeln zu, ehe sie ihren Weg wieder nach vorne heftet. Ich runzel die Stirn, da mir nicht klar ist, ob ich irgendwas falsch gemacht habe oder ob sie einfach nur so schlecht gelaunt ist. Doch nach wenigen Augenblicken bemerke ich, dass sie auch alles andere als gut mit Pferden kann. Die ganze Zeit reißt sie an den Zügeln, während ihre Beine nur herunterhängen. 

„Du solltest deine Hände ein bisschen lockerer lassen. Pferde können es nicht leiden, wenn du ihnen so am Maul herumzerrst." Sie wirft mir einen kurzen verwirrten Blick zu, ehe sie tatsächlich tut, was ich ihr geraten habe. Doch im selben Augenblick fängt das Pferd an, aus irgendeinem Grund Schlangenlinien und Kurven zu laufen, die es eigentlich nicht soll. Sofort versteift sie sich wieder und bringt ihr Pferd somit wieder auf eine gerade Linie. 

„Locker lassen, dafür die Fersen ein bisschen in den Bauch des Pferdes drücken und es somit lenken." Sie braucht einen Moment, in denen sie scheinbar überlegt, ob sie meinem Rat folgen soll, ehe sie es schließlich tut. Diesmal klappt es auch bedeutend besser, als bei ihrem ersten Versuch und sie schenkt mir ein leichtes Lächeln. 

„Vielen Dank. Mit Pferden konnte ich noch nie besonders gut umgehen."

 „Kein Problem, jeder von uns hat doch so seine Stärken und Schwächen, oder?" 

„Auf jeden Fall." Ihr entfährt ein Kichern und bringt mich damit zum Lächeln. In diesem Moment fühle ich mich so frei, so unbesonnen, als würde man nicht jede meiner Entscheidungen auf die Goldwaage legen. Nur am Rande bekomme ich mit, wie Niklas sich zu uns umdreht und auch auf seinen Lippen ein Lächeln auftaucht, doch ich bin viel zu fixiert auf Alissa. 

„Ich zum Beispiel bin ein grauenhafter Lügner. Eine Tatsache, worüber meine Freunde sich immer wieder amüsieren." 

„Wirklich? Na ja, ich habe zum Beispiel eine fürchterliche Phobie vor Motten, genau wie ..." Plötzlich bricht sie ab, als sei ihr entfallen, was sie genau sagen wollte. 

„Wie was?" Ich werfe ihr einen verwirrten Blick zu, doch sie heftet ihren Blick weiter auf den Hals ihres Pferdes. Nach einigen Sekunden, in denen ich sie unverwandt angestarrt habe, hebt sie wieder den Blick. 

„Ach, nicht so wichtig." Auf ihren Lippen taucht ein Lächeln auf, aber diesmal erscheint nicht dieses Funkeln in ihren hellbraunen Augen wie eben. Stattdessen bleiben sie leer und dunkel, als wäre sie mit ihren Gedanken an einem weit entfernten dunklen Ort. 

„Alles in Ordnung?" Besorgt mustere ich sie und werfe nur ab und zu einen Blick nach vorne, um zu sehen, ob wir den Anderen immer noch folgen. 

„Ja." Ihre kurze, einsilbige Antwort überzeugt mich nicht wirklich, vor allem, da sie auch mehr gemurmelt, als alles andere war. Doch stattdessen versuche ich, diese Tatsache einfach zu übergehen, und wechsel das Thema. 

„Du magst weder Pferde noch Motten? Gibt es den ein Tier, das du magst?" Aber statt mir zu antworten und auf den Themenwechsel einzugehen, zuckt sie nur leicht mit den Schultern. Hätte ich sie nicht so sehr beobachtet, wäre mir diese kleine Bewegungen wahrscheinlich gar nicht aufgefallen und ich runzel die Stirn. Was habe ich falsch gemacht, dass sie jetzt so in ihre Gedanken vertieft ist? Habe ich etwas Falsches erwähnt? Doch anstelle von Antworten, stellen sich mir nur noch weitere Fragen, von denen ich mir nicht mal sicher bin, ob ich sie je beantwortet bekomme. 

Ob es vielleicht etwas Privates bei ihr ist? Natürlich würde es mich freuen, wenn sie mir davon erzählen würde. Aber auf der anderen Seite kennen wir uns noch lange nicht genug, als dass ich wirklich von mir aus sagen könnte, ich würde ich bedingungslos vertrauen. Völlig in meine Gedanken vertieft reite ich ein bisschen schneller. Zum Einen, um wieder zu den anderen beiden aufzuholen und zum Anderen würde ich mir nur noch mehr Gedanken machen, wenn ich jetzt die ganze Zeit neben ihr reiten würde. 

Als ich mal wieder aufblicke, sehe ich Niklas in die Augen, der mich verwirrt mustert. Scheinbar hat er sein Gespräch mit Damara unterbrochen und auch ohne Worte weiß ich, dass er wissen will, was vors ich gefallen ist. Doch ich zucke einfach nur mit den Schultern schließlich weiß ich es selber noch nicht einmal. Jetzt dreht auch Damara sich im Sattel um und als ihr Blick von mir zu Alissa schweift, bilden sich mehrere Falten auf ihrer Stirn. 

Schon wieder fällt mir auf, dass die beiden eine engere Beziehung zueinander haben, so besorgt wie Damara dreinblickt. Hat sie vielleicht eine Vermutung, was mit Alissa los sein könnte? Aber als sie wieder zu mir blickt und den Kopf schüttelt, ist mir klar, dass auch sie keine Lösung hat. Also entweder lassen wir Alissa mit ihren Gedanken alleine oder sie muss von sich aus auf uns zu kommen, was ihr wahrscheinlich eher schwerer fallen wird.

Der schwarze BetaWhere stories live. Discover now