19. Kapitel

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Scott

Wortlos folgen Alissa, Niklas und ich Damara ins Innere des Hauses wieder, wo wir im Wohnzimmer schon von einigen Leuten empfangen werden.
Es sind ungefähr gleich viele Männer und Frauen, wobei die meisten über vierzig zu sein scheinen.
„Du sagtest, ihr hättet eine Entscheidung getroffen?" Alissa blickt die Alpha fragend an, nachdem wir einige Sekunden im Raum herumstanden.
„All diese Nachrichten, die ich heute erfahren habe, deuten daraufhin, dass wir uns nicht länger verstecken können, sondern das wir handeln müssen." Damara's Aussage scheint mehr als einleuchtend, doch weder mir, noch den anderen Beiden scheint dies Antwort genug zu sein.
„Wir werden ein Alphatreffen einberufen. Und ihr drei werdet Damara begleiten", eröffnet uns einer der eher älteren Männer und blickt uns eingehend durch die runden Brillengläser an.
„Ein Alphatreffen?" Alissa scheint sofort alarmiert zu sein. Ich hingegen brauche einige Sekunden, bis mir wieder einfällt, was Alissa mir über die Alphatreffen erzählt hat.
„Ja, ein Alphatreffen. Oder hat einer von euch etwas dagegen?" Der Blick des Mannes wird noch misstrauischer und unruhig verlagere ich mein Gewicht von dem einen auf den anderen Fuß, da ich es in keiner Weise leiden kann, wenn man mich so ansieht.
„Könnten Sie bitte damit aufhören?" Meine Stimme klingt leiser, als sie es eigentlich sollte, während ich dem Mann einen bittenden Blick zu werfe. Damit scheine ich ihn nun komplett herausgebracht zu haben, denn nun wirft er mir verwirrte Blicke zu.
„Er meint damit, dass Sie ihn nicht so misstrauisch mustern sollen", kommt mein Freund mir zur Hilfe und ich werfe ihm ein dankbares Lächeln zu. Der Mann zögert eine Sekunden, ehe er mir entschuldigend zunickt. Wahrscheinlich ist ihm sein Blick selber nicht aufgefallen.
„Wäre damit nun alles geklärt? Ich wollte erst mit euch sprechen, ehe ich die Nachricht an die anderen Rudel schicke." Damara sieht uns fragend an und nach und nach nickt jeder von uns drei.
Sie atmet erleichtert auf, ehe sie mehrere Blätter Pergament vom Tisch nimmt. Es dauert einige Sekunden, bis sie jedes einzelne unterzeichnet hat und dann erwartend in die Runde blickt.
„Schickst du die Nachrichten mit den Vögeln los?" Fragend blickt sie den Mann von eben an, der mit einem Nicken die Blätter entgegen nimmt.
„Ich werde mich sofort melden, sobald einer der Vögel wiedergekommen ist." Mit diesen Worten verlässt er den Raum. Es dauert einige Sekunden, bis auch die anderen Anwesenden gehen und sich wieder ihren normalen Aufgaben zu wenden.
„Was machen wir jetzt?" Mittlerweile stehen nur noch Niklas, Alissa, Damara und ich im Raum und Niklas wirft den beiden Damen verwirrte Blicke zu.
„Jetzt warten wir." Alissa's Antwort klingt so, als wäre es eigentlich schon von vornerein klar gewesen.
„Warten? Worauf bitteschön?" Meine Frage klingt wahrscheinlich ziemlich unhöflich, doch in diesem Moment habe ich wirklich keine Ahnung.
„Auf eine Antwort natürlich. Erst wenn wir die Zustimmung von mindestens vier anderen Alphas haben, sollten wir uns auf den Weg machen. Selbst, wenn dann ein paar absagen, sind wir immer noch die Hälfte und können somit vorläufige Entscheidung auch ohne die abwesenden Alphas treffen zum Wohle der Gesellschaft", erklärt Damara mir ausführlich.
„Gut, ich habe keine Ahnung, wie groß die kalte Welt wirklich ist, aber rein gefühlsmäßig müssten die Vögel doch Stunden brauchen, um überhaupt ihr Ziel zu erreichen. Oder irre ich mich da in irgendeiner Weise?"
„Vom Prinzip her hast du Recht, Niklas, aber es sind keine normalen Vögel. Diese Vögel sind im Gebiet von Nikita, der Botin von uns, gezüchtet worden. Allein auf diesem Gebiet wächst eine Blume, die physische Kräfte stärkt, sowohl von Tieren als auch von Menschen.
Die Tiere, die sie essen, werden nicht nur schneller, sondern haben auch eine bessere Ausdauer und einen besseren Orientierungssinn. Für solche Moment, in denen jeder Moment zählt, hat sie jedem Alpha neun Vögel geschenkt.
Zwar brauchen sie jetzt nicht mehr so lange, wie früher, aber zwei bis drei Stunden sollten wir schon mitrechnen. Also, möchte noch jemand von euch einen Tee?" Mit einem Schulterzucken nehme ich Damara's Angebot an, sowie Alissa, und Damara verschwindet daraufhin durch eine Tür, hinter der ich die Küche vermute.
„Wir sollten uns setzen", meint Alissa leise und mit einem Nicken lasse ich mich auf der Couch nieder, die, genau wie alle anderen Möbel, mit bunten Tüchern bedeckt ist.
Alissa und Niklas lassen sich hingegen an dem Tisch nieder. Nach einigen schweigenden Minuten kommt Damara wieder, in jeder Hand eine Tasse Tee.
„Vorsicht, er könnte noch heiß sein", warnt sie uns, kurz nachdem sie mir die zweite Tasse in die Hand gedrückt hat. Doch für Alissa scheint dieser Hinweis zu spät gekommen zu sein, da sie schon die Tasse an den Mund angesetzt hat und jetzt anfängt, leise zu fluchen.
Ich hingegen mustere das dunkle Gebräu und den Dampf der von ihm aufsteigt erst einige Sekunden, ehe ich einen vorsichtigen Schluck nehme. Sofort macht sich ein sehr bekannter Geruch in meinem Mund breit, doch ich bekomme den Namen einfach nicht zu fassen.
„Was ist das für eine Geschmacksrichtung?"
„Auf der Verpackung steht Früchtetee, doch die Mango ist recht Dominant." Mit einem Nicken nehme ich ihre Antwort zur Kenntnis, ehe ich einen weiteren kleinen Schluck nehme.
So bleiben wir einige Minuten schweigend sitzen, während Alissa und ich damit beschäftigt sind unseren Tee auszutrinken.
„Ich habe vor, sobald wir die Antworten von vier anderen Alphas bekommen haben, aufzubrechen, damit wir so wenig Zeit wie möglich vergeuden.
Also Alissa, falls du dich noch von einigen Freunden verabschieden willst oder etwas mitnehmen, solltest du es jetzt tun, bevor es zu spät ist." Damara wirft ihr einen eingehenden Blick zu und Alissa verlässt darauf eilig das Haus.
„Wenn ihr wollt, könnt ihr beide euch auch mal eben frisch machen. Den Flur entlang und dann die Treppe hoch, dort findet ihr ein Zimmer mit Kleidung und ein Bad. Ich werde euch rufen, sobald wir aufbrechen."
„Danke." Ich neige leicht den Kopf, ehe ich Niklas hinter mir her ziehe und der Wegbeschreibung von Damara folge.

Im Raum angekommen beginne ich sofort damit, mir frische Sachen überzuwerfen, wobei ich erst jetzt merke, wie nötig es eigentlich gewesen ist.
„Du magst sie, oder?" Niklas Stimme durchbricht die Stille und lässt mich für einige Sekunden innehalten.
„Ich verstehe nicht genau, was du meinst."
„Du weißt genau, was ich meine. Du magst Alissa." Diesmal antworte ich nicht direkt, da ich mir nicht sicher bin, was ich genau sagen soll. Mag ich Alissa?
„Du weißt rein gar nichts über sie, dass ist dir doch wohl klar. Vielleicht hat sie einen Freund oder sogar einen Mate. Das kannst du alles nicht wissen", spricht Niklas weiter, als von mir keine Antwort kommt.
„Mögen ist zu viel gesagt, glaube ich. Sie ist interessant und wirkt sehr nett." Zwar bin ich mir selbst noch nicht so sicher, ob dies wirklich die Wahrheit ist. Aber Niklas zieht nur eine Augenbraue hoch, ehe er das Gespräch auf sich beruhen lässt.
„Glaubst du, den Anderen geht es gut?" Erst als Niklas diese Frage stellt, schweifen meine Gedanken wieder zu Adriana und Newt.
Seltsamerweise habe ich kaum an sie gedacht, in der Zeit, wo wir nun hier sind. Obwohl Niklas bei weitem nicht so viel mit ihnen, außer Adriana zu tun hatte, ist er trotzdem der Erste von uns Beiden, der diese Frage stellt.
„Ich bin mir sicher, dass sie sich irgendwie durchgekämpft haben, du kennst schließlich Adriana." Ich schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln und meine meine Worte damit vollkommen ernst.
Nach all der Zeit, die ich Adriana nun schon kenne, weiß ich mehr als gut, dass sie sich nicht einfach unterkriegen lässt. Vorher würde sie bis zum Tode kämpfen.
„Erinnerst du dich noch damals, als Adriana sich in der Klasse immer mit der Lehrerin streiten musste, weil sie andere Meinung gewesen ist?" Auf Niklas Lippen taucht ein Grinsen auf, das mich sofort ansteckt, als ich mich daran erinnere.
„Oder daran, als ...", fahre ich fort und wir fangen an, uns lustige Geschichten von Adriana zu erzählen, die wir mit erlebt haben. Es endet schließlich damit, dass Niklas und ich ins laute Gelächter ausbrechen und in diesem Moment scheinen alle Sorgen vergessen.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir dort auf dem Boden gesessen haben, um nicht vor Lachen umzukippen.

Der schwarze BetaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt