49 - Zuckerwatteweiß

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▷ Coldplay - Yellow ◁


Ich werde wach, weil ein Handy vibriert. Meins ist es nicht, weil ich es immer auf Lautlos habe. Noah liegt neben mir, seine Arme um mich geschlungen, und seufzt mit geschlossenen Augen. Ich recke mich ein Stück und drücke ihm einen Kuss auf die Nasenspitze.

"Geh nicht", raunt er heiser.

"Dein Handy klingelt."

Noah stöhnt und schlingt die Arme noch fester um mich, als ich mich aufsetzen will. Kurz werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Es ist stockdunkel und ich vermute, dass heute noch Noahs Geburtstag ist. Ich betrachte sein Gesicht, seinen Dreitagebart, die langen dunklen Wimpern, die seine Augen betonen, seine Haare, die ihm - wie gewohnt - in alle Himmelsrichtungen vom Kopf stehen, seine weichen Lippen, die Grübchen, die sich jetzt bilden, weil ihm bewusst wird, dass ich ihn anstarre.

Er lacht leise. "Ich muss die Augen nicht mal aufmachen und weiß, dass du starrst."

Gespielt empört schiebe ich seine Arme von mir, oder versuche es zumindest.

"Aber ich predige Wasser und trinke Wein. Ich habe dich vorhin auch angestarrt. An dir kann ich mich nicht sattsehen." Noah schlägt die Augen auf und sieht mich intensiv an. Wüsste ich es nicht besser, würde ich sagen, seine Augen ist hungrig. Er macht mich allein mit seinem Blick verlegen und nervös und ich bin froh, dass ich die Möglichkeit habe, mich auf seine Brust zu legen, damit er mein Gesicht nicht sehen kann.

Wieder vibriert sein Handy und Noah seufzt erneut. "Wer ist denn das? Ich will hier mit meiner Freundin alleine sein."

Mit seiner Freundin.

Der Satz bringt mein Herz zum Überlaufen vor Kitsch. Ich bin seine Freundin.

"Vielleicht sollte mein Freund aber mal an sein Telefon gehen und den Anruf entgegennehmen, damit niemand mehr anrufen kann." Jetzt sehe ich ihn wieder an und er leckt sich nachdenklich über die Lippen. 

"Na gut." Langsam rappelt er sich auf und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. "Aber geh' nicht weg."

Ich grinse. "Das ist meine Wohnung. Wo soll ich hin?"

Er zieht beide Augenbrauen hoch und grinst kurz, ehe er einen Blick auf das Display seines Handys wirft. "Meine Mum. Stört es dich, wenn ich hier telefoniere? Ansonsten gehe ich-"

"Nein, mach ruhig. Ich räume hier kurz auf."

Noah nickt und wählt die Nummer seiner Mutter. Als sie abhebt, stehe ich auf, aber ich kann sie ein Geburtstagslied singen hören. Ich muss grinsen, staple das Geschirr leise aufeinander und bringe es in die Küche. Die restlichen Nudeln gebe ich zurück in den Topf und stelle diesen in den Kühlschrank, damit ich den Rest morgen noch essen kann. Dann lehne ich mich gegen die Arbeitsfläche und überlege unschlüssig, was ich tun soll. Auf Abwasch habe ich eigentlich keine Lust, denn der könnte auch noch bis morgen im Spülbecken stehen. Aber zu Noah kann ich auch nicht, weil ich ihn nicht belauschen will. Ich drehe mich um und starre aus dem Fenster, in die Dunkelheit. Einige Sekunden lang schließe ich die Augen und höre Noahs Schritte hinter mir. Kurz darauf schlingt er mir einen Arm um die Hüfte und drückt mich an sich.

"Ja, ich bin bei ihr."

Selbst mit geschlossenen Augen weiß ich, dass er lächelt. Ich höre es an seiner Stimme.

"Ich habe sie gefragt, ja. Sie kommt gerne mit."

Ich werfe Noah einen Blick zu und flüstere: "Und ich freu mich schon!"

NOAH | ✓Onde histórias criam vida. Descubra agora