18 - Papyrusweiß

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▷ Nina Nesbitt - The Moments I'm Missing◁

Seufzend schlage ich die Decke zurück. Die Nacht war der Horror. Ständig bin ich aufgewacht. Sei es wegen irgendwelchen Mücken, die sich ausgerechnet mich als Blutspenderin ausgesucht haben, oder wegen irgendwelchen dummen Träumen. Träumen in denen ein ganz bestimmter tattoowierter Vollidiot vorkam und mich durch irgendwelche Städte jagte. Ich habe irgendwann aufgehört, auf die Uhr meines Handys zu starren und mich nur wütend in das Kissen zurückgeworfen. Es war das erste Mal, dass ich von Noah geträumt habe und ich hoffe, dass es das letzte Mal war. Gerädert setze ich mich auf. Ich habe aufgehört, zu zählen, die wie vielte Nacht ich inzwischen schlecht schlafe. Es ist anstrengend, wenn einen die Gedanken wachhalten - oder bescheuerte Träume, oder Mücken. Ich kann mich kann nicht entscheiden, was davon ich am meisten hasse.

"Alles gut, Dalí?" Leonie beugt sich zu mir herunter, um mir ins Gesicht zu sehen. In ihrer Hand hält sie ihre Haarbürste.

"Fängst du jetzt auch noch mit diesem bescheuerten Namen an?", grummle ich und stöhne.

Leonie grinst. "Was denn? Ich finde den ganz gut."

"Ist der etwa auf deinem Mist gewachsen?" Verzweifelt sehe ich sie an.

Meine Mitbewohnerin schüttelt mit dem Kopf. "Nope. Ganz allein auf Noahs. Aber ich habe ihn übernommen. Weil ich weiß, dass du ihn so magst."

"Bitte nenn' mich nicht so", flehe ich und setze meinen süßesten Dackelblick auf.

Leonie seufzt übertrieben und kämmt sich die Haare. "Na gut, dann nenne ich dich halt wieder Lia. Ganz ehrlich? Ich wollte nur sehen, wie du darauf reagierst und ich habe meine Antwort." Sie grinst.

Ich werde hellhörig. "Und die wäre?", möchte ich wissen.

"Dass es ihm Spaß macht, dich zu ärgern. Und was sich neckt-" Sie wird unterbrochen, als ich mein Kissen nach ihr werfe und sie lachend ausweicht.

"Wir haben gestern das erste Mal wirklich miteinander gesprochen. Und geneckt hat er mich bis jetzt ja nicht, er hat eher mit seinen Giftpfeilen aus Worten nach mir geworfen."

Leonies Blick wird ernst. "Ich weiß. Es war nur Spaß meinerseits. Er behandelt dich scheiße, aber ich habe ihm den Kopf gewaschen."

"Hoffentlich nicht mit deinem Erdbeershampoo, dann könnte ich ihn nicht mehr ernst nehmen." Jetzt muss ich grinsen, als ich mir das vorstelle.

"Wo wir gerade beim Thema sind: Ich brauche neues Shampoo, hast du Lust, dass wir nach der Aulagruppe in die Stadt fahren und kurz in den Drogerieladen gehen?"

"Oh, oh. Ich und Drogeriemärkte - ganz schlechte Kombination. Mein armes Konto."

"Gleichfalls. Aber wir müssen uns einfach zurückhalten, wir schaffen das zusammen, ja?"

"Das ist das erste Mal, dass ich die Klinik verlasse." Ich sammle meine Klamotten auf und gehe langsam zum Badezimmer.

"Stimmt. Das müssen wir feiern. Mit einem Essen danach? Heute Abend gibt es wieder irgendwas mit Gemüse, das eh nicht gewürzt ist. Vielleicht gehen wir dann einfach essen? Oder wir holen uns ein Eis und einen Snack?" Freudestrahlend sieht sie mich an.

"Na gut. Aber ich warne dich: Viele Menschen auf einem Platz machen mir manchmal Angst."

"Ich bin da und passe auf dich auf." Sie streckt ihre Arme in die Luft und mich überkommt eine Welle an Zuneigung für diese Frau, die mir gegenübersteht.

"Du bist toll, Leonie", sage ich leise und verlasse das Zimmer, ehe sie etwas erwidern kann.


NOAH | ✓Donde viven las historias. Descúbrelo ahora