09 - Olivgrün

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▷ Twenty One Pilots - Trees ◁


Am nächsten Morgen werde ich von Leonie geweckt, die an meinem Bett steht und sich über mich gelehnt hat. Ich erschrecke so sehr, dass ich schreie.

Erschrocken und vorwurfsvoll sieht sie mich an.

"Beruhige dich. Ich bin es doch nur."

Ich rolle mit den Augen. "Ja, aber muss man sich so über mein Bett lehnen?", murmle ich und verkrieche mich unter meiner Bettdecke.

"Wir müssen aufstehen. Kommst du mit zum Frühstück?", möchte sie wissen und zupft an meiner Bettdecke.

Ich schüttle den Kopf ehe mir einfällt, dass sie diese Bewegung ja nicht sehen kann.

"Nein. Ich hab keinen Hunger", gebe ich grummelnd von mir.

"Möchtest du nicht mal Kaffee?" Leonie zieht die Bettdecke ein Stück runter und sieht mich frech an.

Seufzend schlage ich die Bettdecke zurück und rolle mit den Augen. "Ja, gut. Kaffee wäre natürlich wunderbar. Nach der Nacht."

Während ich mich fertig mache denke ich an gestern Abend zurück. Noah und ich sprachen nicht wirklich viel im Raucherraum, aber die Stimmung war etwas entladener als die ganzen letzten Tage. Und ich habe die leise Hoffnung, dass er sich langsam beruhigt und ich mir nicht mehr jeden Tag dumme Kommentare anhören muss. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Und ich weigere mich einfach, aufzuhören, an das Gute im Menschen zu glauben.


Leonie und ich betreten den Speisesaal der gut besucht ist. Zielstrebig gehe ich auf unseren Tisch in der Ecke zu und winke Leonie zum Abschied.

"Guten Morgen", sage ich zur Kaffeekanne und meine damit eigentlich die Leute aus meiner Gruppe.

"Guten Morgen, Schlafmütze. Hast du Hunger?" Aaron steht neben mir und grinst mich an. Ich lächle kurz zurück und schüttle den Kopf.

"Ah, Kaffee. Das braune Gold. Lebenswichtig für die Morgenmuffel." Er stupst mich kurz an und verlässt dann den Speisesaal um rauchen zu gehen. Ich schließe mich ihm an, nachdem ich meinem Kaffee noch Milch hinzugefügt habe.

"Hast du Feuer, Aaron? Ich finde mein Feuerzeug nicht mehr." Stirnrunzelnd suche ich in meiner Tasche nach dem Feuerzeug aber es ist einfach unauffindbar.

"Klar, warte." Er hält mir sein Feuerzeug unter die Nase und ich inhaliere den blauen schädigenden Rauch so tief, dass ich ein Husten unterdrücken muss.

"Wie geht es dir, Lia? Hast du dich, bis auf einige Zwischenfälle, soweit gut eingelebt?" Aaron zieht an seiner Zigarette und pustet den Rauch in die Luft.

"Es geht. Ich bin müde weil ich wenig schlafe. Aber ansonsten ganz gut. Und dir?" Ich nippe an meinem Kaffee um weiteren Fragen ausweichen zu können. Diese Frage nach dem Befinden hat mir noch nie wirklich gefallen. Ich neige dazu, bei dieser Frage immer zu lügen. Im Endeffekt interessiert es nicht wirklich jemanden wie es einem geht.

Die Tür öffnet sich und ich merke anhand der Spannung die sich auf all diejenigen legt die mit Aaron und mir draußen stehen, dass es Noah ist. Er geht direkt in unsere Richtung und kurz bekomme ich Angst, dass er etwas Dummes sagt. Aber er wirft mir nur einen kurzen Blick zu und stellt sich auf die Wiese. Aaron zieht die Augenbrauen hoch und deutet mir, dass er seine Zigarette ausdrückt und reingeht.

Ich stehe alleine vor dem Eingang und rauche meine Zigarette während ich an meinem Kaffee nippe. Alle anderen unterhalten sich und machen sich langsam für die Millieu-Sitzung fertig, die in zehn Minuten beginnt. Ich bringe meine Kaffeetasse zurück und beschließe, den Weg durch den Garten zu nehmen. Mein Handy vibriert und ich werfe einen Blick auf das Display. Meine Mutter ruft an. Ich drücke sie weg und nehme mir vor, sie später zurückzurufen. Leider habe ich keine Ahnung was vor mir passiert, als ich gegen jemanden laufe. Gegen jemanden mit Kaffeetasse. Gegen jemanden, dessen Kaffee sich nun auf dem Boden verteilt.

NOAH | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt