48 -Tomatenrot

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The Chainsmokers & Coldplay - Something Just Like This

Die Wolken vor meinem Fenster färben sich in die verschiedensten leuchtenden Farben. Ich kann den Blick nicht von ihnen abwenden, so schön sind sie. Heute ist Noahs Geburtstag und es sieht ganz danach aus, als würde es ein schöner Tag werden. Der Wetterbericht meldet für heute Temperaturen von fast 20 Grad - zu viel im Oktober, wenn es nach mir geht. Aber wer fragt mich schon. Die bunten Blätter leuchten bereits jetzt golden im Licht der aufgehenden Sonne. Es ist noch früh am Morgen und ich bin hundemüde. Jedoch kann ich definitiv nicht mehr schlafen vor lauter Aufregung. Ich habe Angst, dass Noah mein Plan für seinen Tag nicht gefällt. Geplant ist, dass wir uns um 14:00 Uhr an der Gemäldegalerie treffen und uns die dortigen Bilder ansehen. Danach möchte ich mit ihm in den Park, etwas durch das knirschende Laub spazieren gehen und uns anschließend einen Kaffee holen. Den Abend habe ich bei mir geplant. Ich werde für ihn kochen - meine berühmten Spaghetti Napoli - einem Film, Snacks und guten Gesprächen. Mein Unterleib zieht sich zusammen, weil der Verräter auf mehr hofft als auf Gespräche.

Mit schlurfenden Schritten gehe ich ins Bad und stelle mich unter die Dusche. Grinsend schüttle ich den Kopf. Es gab schon lange keinen Mann mehr, der mich eine Sehnsucht dieser Art hat spüren lassen. Und ich weiß, dass es übertrieben schnell gehen würde, wenn wir heute miteinander schlafen, aber andererseits fände ich es irrsinnig schön. Jedoch würde er seinen Geburtstag immer mit uns verbinden - und falls er irgendwann genug von mir hat, muss er an seinem Geburstag immer an uns denken; das will ich ihm eigentlich nicht antun. Ich gebe Shampoo auf meine Hand und knete es in meine Haare. Seufzend schließe ich die Augen und lasse das warme Wasser über mein Gesicht laufen. Er würde es sich selbst vermutlich nicht antun wollen, mich nackt zu sehen. Wer will das schon?

Mehr schlecht als recht schlucke ich meine Cornflakes hinunter. Ich gebe immer zuerst die Cornflakes in die Schüssel und erst dann die Milch. Jeder, der das in verkehrter Reihenfolge macht ist komisch.

Mein Handy piept und zeigt eine Nachricht von Noah an.

N: Ich freu mich auf dich.

L: Ich mich auf dich.

Kurz darauf verlasse ich meine Wohnung und mache mich auf den Weg zu unserem Treffpunkt. In der Gemäldegalerie war ich noch nie, aber mir wurde sie sehr ans Herz gelegt. Aus diesem Grund bin ich auch sehr gespannt, was mich dort drin erwartet. Und ich hoffe so sehr, dass es Noah gefällt.

Die öffentlichen Verkehrsmittel sind heute nicht so voll wie üblich. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass die meisten Menschen um diese Uhrzeit noch arbeiten. Grummelnd werfe ich einen Blick auf mein Handy. Seit mehreren Tagen warte ich bereits auf einen Rückruf der Unternehmen bei denen ich mich beworben habe, aber es kam noch nichts. Schnell stopfe ich es in meine Handtasche und werfe einen Blick aus dem Fenster der S-Bahn. Die Landschaft zieht an mir vorbei, wie schnelle Pinselstriche auf einem Gemälde. Der Platz neben mir ist frei und es lässt sich ein älterer, leider etwas ungepflegt erscheinender Mann neben mich und rülpst. Er riecht streng und trotz der doch eher wärmeren Temperaturen bin ich froh um meinen Schal, hinter dem ich mich verstecken kann. Ich bin froh, dass ich die nächste Haltestelle aussteigen kann und atme erstmal genießerisch die frische Luft ein. So schnell ich kann laufe ich zur Gemäldegalerie und hoffe, dass Noah noch nicht da ist - aber das ist er.

Mit dem Rücken zu mir steht er vor dem Gebäude und betrachtet es. Ich bekomme von seinem Rücken nicht genug und wünsche mir, seine Haut unter meinen Händen zu spüren. Schnell schüttle ich den Kopf, um die unanständigen Gedanken daraus zu entfernen, kann aber nicht verhindern, dass ich rot werde. Ich trete langsam an den Mann heran und räuspere mich leise. Doch bevor ich etwas sagen kann hat er sich umgedreht. Sein Blick ist ernst, abwartend. Er scannt mich von oben bis unten, auf der Suche nach einem auffälligem Geschenk oder irgendwas anderes das gegen seine Regeln verstoßen würde. Aber sein Geschenk ist sicher in meiner Handtasche verpackt.

NOAH | ✓Where stories live. Discover now