Kapitel 56

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***15. Dezember 2018***

Wenige Tage später haben wir Gewissheit. Milli wird zwar lernen müssen, mehr auf seinen Körper zu achten als andere, er muss Medikamente einnehmen aber er wird wieder ganz der Alte. Der Profisport allerdings wird noch fast ein Jahr warten müssen. Zuerst die Reha, sowieso kann er mit den gebrochenen Rippen noch nicht Fussball spielen. Dann wird er stufenweise das Training aufbauen, alles beginnt mit diversen Koordinations- und Konzentrationsübungen bevor auch die Kondition und die Kraft aufgebaut werden.

Bereits in einer Woche wird er nach Hause dürfen und von dort aus mit der Rehabilitation beginnen. Da bei der Hirnblutung die Schädeldecke geöffnet werden musste, muss Milli noch auf vieles Acht geben. Damit immer jemand auf ihn aufpassen kann wird er entweder bei uns einziehen oder in der WG mit den anderen Jungs wohnen. Natürlich nur für eine gewisse Zeit, denn irgendwann wird sich der Alltag wieder einleben und Milli wird auch wieder selbstständig für sich sorgen können.

Momentan ist es allerdings viel zu gefährlich, ihn nicht zu beobachten. Als Nachwirkungen oder Folgebeschwerden dieser Hirnblutung können Kopfschmerzen, Orientierungsstörungen, Verwirrtheit oder gar Bewusstseinsstörungen auftreten, ich möchte ihn im Moment nicht alleine lassen.

***22. Dezember 2018***

Und dann ist es so weit. Wir dürfen ihn mit nach Hause nehmen. Das klingt jetzt wie man ein Plüschtier aus dem Laden mitnimmt, aber ich kann es nicht fassen dass Milli das Krankenhaus verlassen darf. Roman war in letzter Zeit nicht so glücklich, dass ich noch mehr Zeit als sonst im Krankenhaus verbracht habe. Er war auch nicht glücklich darüber, dass sich mein Band zu Milli noch mehr gestärkt hat. Es wäre ihm lieber gewesen, wenn ich die Abende mit ihm zuhause auf der Couch verbracht hätte. Doch zum Abholen kommt er mit und ausserdem versteht er auch, dass Millis Gesundheit im Moment für alle vorrangig ist.

Millis Arm steckt noch in der Schlinge, sein Schlüsselbein muss von selbst wieder verheilen. Die Rippen sind noch sehr empfindlich und auch sein Kopf muss sehr geschont werden. Leandro fährt das Auto, ich sitze auf dem Beifahrersitz und Roman sitzt mit Milli hinten auf der Rückbank und zappelt nervös rum.

„Alles klar Roman?", frage ich besorgt. Er nickt bloss und schaut mit einem glasigen Blick aus dem Fenster. Als ob ich ihm das abkaufen würde! Das kann er von mir aus seinem Kellergespenst erzählen, mir aber nicht. Wir stoppen bei der WG, wo Jule und Erik uns schon freudig erwarten. Ganz behutsam umarmen sie ihren Teamkollegen, der übers ganze Gesicht strahlt. Roman sieht nicht glücklich aus, er steht etwas im Abseits während ich meine Hände um Leandros Bauch lege und ihn umarme. Er gibt mir ein kaum bemerkbares Zeichen dass ich zu Roman gehen soll. Und das tue ich auch.

Während die WG ihren neuen Mitbewohner begrüsst gehe ich zu meinem Freund hin und nehme seine Hand in meine. „Roman, was ist los?" „Alles gut, hab ich doch schon im Auto gesagt.", meint er abweisend. „Ne, nicht alles gut. Rück schon raus, ich habe gedacht wir erzählen uns alles. Ich bin für dich da, das weisst du.", sage ich vertrauensvoll. Er nickt und schaut mir dann in die Augen, ehe er den Blick senkt. „Du warst in letzter Zeit kaum zuhause, ich hab dich so vermisst. Ich hatte solche Angst, dass du dich in Milli verliebst und hab mich zuhause verrückt gemacht. Ich habe darüber nachgedacht, was jetzt wohl bei euch im Krankenhaus geschieht und..."

Oh Gott, er hat wirklich gedacht ich will ihn ersetzen. Dass er sich benachteiligt fühlt, wusste ich ja. Aber dass er gleich solche Gedanken hat, das ist schon schrecklich. Ich nehme ihn in den Arm und streiche ihm über den Rücken. „Roman, du bist mein Ein und Alles. Glaub mir, Milli, Jule, Leo und alle anderen sind bloss gute Freunde. Meine besten Freunde. Aber du bist viel mehr. Du bist der, in den ich mich verliebt habe. Du bist mein bester Freund und meine grosse Liebe Roman! Ich bin nicht der Typ für langes, romantisches Gesülze, das weisst du. Aber du bist der Einzige, den ich auch jemals nur anschauen werde, der Einzige mit dem ich mein Haus teilen will, mein Leben. Du bist meine Familie.", beende ich meine poetische Rede und bin schon etwas stolz, so etwas liebevolles gesagt zu haben.

Roman scheint auch sprachlos, mit so vielen Komplimenten überschüttet. Ich lächle vorsichtig, ehe er mein Gesicht zwischen seine Hände nimmt, mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht und mich küsst. Es ist der erste richtige Kuss seit mehr als einem Monat, der erste Kuss in dem ich wieder seine Liebe spüre. Die Zärtlichkeit, die Gefühle, einfach alles. Ich bin zu überwältigt um etwas zu erwidern, ich lasse es einfach geschehen.


„Herrgottnochmal, kommt sofort rein. In der Nachbarschaft gibt es noch Kinder, nicht dass die noch traumatisiert werden wegen euch.", schreit es aus dem zweiten Stock. Jule hängt halb aus dem Küchenfenster und wedelt mit dem Kochlöffel in der Luft rum. „Ju, lass das, wir kommen schon.", winkt Roman ab. Ich grinse. „Zum Glück sind wir nicht mit diesen Spinnern unter einem Dach, schon du und Cliff seid mir genug.", meine ich frech und stupse ihm gegen die Nase. „Ey, das ist gemein, wir sind beide brav. Ich meine... ja. Okay manchmal. Eigentlich immer. Fast."

Lachend renne ich ins Haus und mache die Türe zu, sodass er nicht rein kann. Dann stemme ich mit aller Kraft gegen seine Versuche, die Türe aufzumachen. Doch er siegt, natürlich. Denn ich bin viel Kleiner und somit auch viel schwächer als er. Er quetscht sich durch die Tür und drückt mich an die Wand. „Sag mal, was soll das?", fragt er mich lachend. Ich grinse, drücke ihm einen Kuss auf und schlüpfe unter ihm durch um die Treppe hochzurennen. Er sprintet hinterher und ich betrete quietschend die Wohnung.

Jule steht mit dem Kochlöffel im Flur und tippt sich mit dem Zeigefinger auf die imaginäre Uhr. „Das waren mindestens zehn Minuten für diese kurze Strecke.", meint er mit hochgezogenen Augenbrauen. Ich grinse, streife mir die Schuhe ab und ziehe Roman am Arm mit ins Wohnzimmer. Dort sitzen sie schon gemeinsam mit einem Stück Pizza auf dem Sofa. Milli ist schön zugedeckt brav in den weichen Kissen. Auch er hält ein riesiges Stück Pizza in der Hand und seine Augen leuchten. Das erste Mal seit Wochen dass ich ihn wieder so sehe. Freunde bewirken echt Wunder.

Roman nimmt Anlauf und springt auf die Couch. „Ey lass das, du machst unsere Couch kaputt.", kommt es von Jule lautstark motzend aus der Küche. „Ich lass sie ganz, keine Angst.", lacht Roman. Ich grinse und setze mich auf seinen Schoss. „Mensch, fresst euch nicht auf, ihr habt euch doch jetzt so lange am Stück gesehen. Ich will ja nicht wissen wie es ist wenn ihr euch einige Tage nicht seht.", beschwert sich Felix hinter mir.

Leandro verdreht die Augen. „Du weisst nicht wie schlimm das mal war. Als sie frisch zusammen waren, herrje, da war was los.", meint Leo stöhnend. Und sowas nennt sich mein bester Freund. Ich lache und schmeisse ihm die leere Pizzaschachtel an den Kopf. „Halt, stopp, es bleibt alles so wie es ist.", macht er diesen Typen von Frauentausch nach und wir kriegen alle einen Lachkrampf.


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I'm back! Hoffentlich habt ihr meine Geschichte nicht sehr vermisst. Im Moment bin ich leider in einer ähnlichen Situation wie Sarah im letzten Kapitel, es ist zurzeit alles etwas schwierig und stressig. Daher habe ich nicht ans Hochladen gedacht, die Fortsetzung der Fortsetzung wird aber fleissig weitergeschrieben (bin momentan bei 12'000 Wörtern, es sollen aber viele mehr werden).


Ich muss noch kurz spoilern, in Kürze folgt ein weiterer Höhepunkt der Geschichte, die sich leider langsam zu Ende neigt. Wenn ihr Glück habt, kommt heute Nachmittag, etwa um drei Uhr, noch ein Kapitel online.


Ich bin im Moment sehr froh, dass ich Wattpad habe, es dient sehr gut als Ablenkung, also wenn mir jemand eine Empfehlung für eine gute Geschichte hat, immer her damit!

Schönen Samstagnachmittag!


T.


47 degrees north (Roman Bürki FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt