20|Cappuccino-schoko

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Hier saß ich also, im Caffé chère amie, während ich auf Drew wartete, der mich letzte Woche noch einlud, jetzt aber schon seid zehn Minuten nicht vorzufinden war, obwohl wir uns vor zehn Minuten hier treffen wollten.

,,Ich bin schon da!" Ein gehetzter Drew, welcher einen Haufen Bücher auf den Arm trug kam durch den halben Laden gerannt.

Er sah schon süß aus, wenn er vollbepackt, mit Büchern und diesem kindlichen Gesichtsausdruck durch die Gegend lief. Vor allem weil die schweren Bücher seinen Bi- und Trizeps anspannen ließen, welche von einem engen Hemd umschlungen waren.

,,Tut mir leid, für die Verspätung, komme gerade von einer Vorlesung." Er ließ die Bücher auf den Tisch fallen, hing seinen Rucksack, an der übrigens seine Lederjacke hing, um den Stuhl und setzte sich seufzend hin.

,,Schon gut", sagte ich lächelnd. ,,Wie war die Schule?", fragte er daraufhin.
Ich sah verstört in seine Augen. ,,Frag das nie wieder! Das klingt, als würdest du mit deinem Kind reden." Ich schüttelte den Kopf.

Drew fing an zu lachen. ,,Okay, tut mir leid." Immer noch grinsend musterte er mein Gesicht. ,,Ich hab mich nicht getraut es dir das letzte Mal zu sagen, aber du bist im Laufe des Jahres echt hübsch geworden, Hailey."

,,Danke", sagte ich knapp.

,,Warum wolltest du dich hier eigentlich mit mir treffen?", fragte ich neugierig. ,,Hier gibt es guten Kaffee. Außerdem sieht es hier echt cool aus, findest du nicht?" Sein Blick wanderte durch den Laden, bis er jemanden angrinste, der sich als einen Kellner herausstellte.

,,Doch, sieht gemütlich aus." Ich musterte das kleine gemütliche Caffé nochmal. Eine Wand war komplett aus den unterschiedlichsten Büchern gemacht, was für mich, als Bücherwurm, ein echtes Spektakel war.

Ich löste meinen Blick von der Wand und wendete dem Drew zu. ,,Aber jetzt mal ehrlich. Warum sollte ich kommen?" Drew beugte sich nach vorne und sah mir in die Augen.

Ich erwiderte seinen Blick, welcher mich schon immer faszinierte. Jedenfalls seid dem ich diese Augen kannte. Sie erinnerten mich an Moos. So bescheuert es auch klang, ich liebte diese Augen, die mich immer an Moos erinnerten.

Sie waren genau so grünbraun, wie das frische Moos in den Wäldern. Außerdem konnten sie einen so sanft angucken. Als würde ich auf das weiche Moos fallen und ihr Geruch einatmen, wenn ich in seine fesselnden Augen sah.

,,Ich wollte das fortführen, was wir vor mehr als einem Jahr beenden mussten", antwortete Drew und setzte sich wieder aufrecht hin.

Gerade, als ich etwas darauf erwidern wollte, kam ein Kellner auf unseren Tisch zu. ,,Was darf es sein?", fragte er höflich wie eh und je. ,,Zwei Cappuccino-schoko's bitte", antwortete Drew genau so höflich.

,,Kommt sofort." Der Kellner verschwand und ich wendete meinen Blick wieder Drew zu. ,,Was meinst du damit?", fragte ich interessiert. ,,Ist das nicht offensichtlich? Meine Güte, Hailey. Du hast ein schlaues Köpfchen, also tu nicht so, als würdest du nicht verstehen, was ich damit sagen wollte", erwiderte er selbstgefällig. ,,Also sollen wir uns wieder Daten?", fragte ich zögerlich, obwohl ich ganz genau wusste, was er damit sagen wollte.

,,Und die 10.000 Euro gehen an Hailey, die so tut, als sei sie dumm." Ich lachte. ,,Danke, danke."

Der Kellner kam mit unseren Getränken und stellte sie auf den Tisch ab. ,,Danke sehr." Ich umgriff die Tasse mit meinen beiden Händen, da sie mittlerweile ziemlich kalt waren.

Während sich mein Blick an die beigefarbene Flüssigkeit haftete, umkreisten meine Gedanken regelrecht meinen Kopf. Ich weiß nicht, ob ich sowas jetzt schon, nach meiner Beziehung mit James ertragen könnte. Abgesehen davon, muss Drew mich irgendwie neu kennenlernen, da sich doch schon einige meiner Charaktereigenschaften verändert hatten.

Ich meine, ich war immer schon diszipliniert, respektvoll gegenüber meinen Mitmenschen, selbstbewusst und verrückt, aber früher war ich zum Beispiel um einiges naiver, wobei ich jetzt an jeden neuen Menschen in meinem Leben erst einmal zweifelte und nach mehreren Monaten trauen konnte, so wie es eigentlich sein sollte.

Vielleicht findet man jetzt schon Freunde, mit denen man viel Spaß haben konnte, aber das Vertrauen muss man sich bei mir jetzt hart verdienen, obwohl Drew es eigentlich schon vollkommen hatte, wobei er nie nur ein Freund war.

Außerdem müsste ich es wieder, aufgrund des großen Altersunterschied, vor meiner Familie geheim halten und das würde mich dazu veranlassen sie anzulügen, was ich wiederrum immer vermeiden wollte.

Wobei ich nicht wusste, ob mein Vater erleichtert sein würde, dass ich mir nicht so einen unreifen Burschen, wie er die Jungs in meinem Alter immer nannte, geangelt hatte oder eben unzufrieden, weil Drew dann doch fünf Jahre zu alt war.

Meine Mum ist ein echt liebenswürdiger Mensch, weswegen ich denke, dass sie eher auf seinen Charakter und seine Interessen eingehen würde, als auf seinen Alter. Darüber hinaus würde Drew mit seinem Medizinstudium echt gut Punkten.

Ich bließ mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und musterte Drew noch einige Minuten, bevor ich ein Entschluss folgerte. ,,Drew, lass mich darüber nachdenken, okay?" Ich nahm zögerlich meinen ersten Schluck, da die Flüssigkeit im Glas doch ziemlich heiß war.

,,Natürlich, schon klar." Er schenkte mir ein ehrliches Lächeln, was mich ebenfalls zum Lächeln brachte.

,,Du musst wissen, ich komme aus einer Beziehung, die nicht gerade gut auseinander ging. Ich will gar kein Mitleid oder derartiges, aber du sollst wissen, dass wenn ich zustimme, du auf gar keinen Fall eine Ablenkung sein würdest. Du bist eine einzigartige Nummer für dich." Ich musterte Drews Gesichtsausdruck, welcher von mitleidig zu lächelnd wechselte.

,,Schon gut." Nun grinste er mich an. ,,Ich komm auch von einer Beziehung. Nur ging die glücklicherweise im Guten zu Ende." Sein verschmitztes Grinsen, war genau so ansteckend, wie vor einem Jahr.

Da saßen wir also. Wir schlürften jeweils an unserem Cappuccino-schoko, redeten über einige Sachen, die der andere in den letzten Jahr erlebt hatte und alberten rum.

Shit happens  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt