Kapitel 95 - Sei ehrlich!

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PoV Stegi

Es entsteht eine drückende Stille. Jede Minute, die vergeht, steigt die Panik in mir. Das ist defintiv kein gutes Zeichen, dass Felix Rewi, dem mittlerweile wieder Tränen in die Augen gestiegen sind, aber immer noch seinem Blick standhält, anstarrt. Sowohl der Ekel, als auch die große Angst in seinen Augen, ist nicht zu übersehen. Ersteres sorgt irgendwie dafür, dass mein Herz beginnt zu schmerzen. Eigentlich selbstverständlich: Er ist gegen Homosexuelle. Dementsprechend gegen mich. Ein einst ganz guter Freund... Komisches Gefühl.
Aus meinen Gedanken werde ich dadurch gerissen, dass Felix sich erhebt und einige Schritte zurücktritt. Ich kann förmlich hören, wie die Zahnräder in seinem Kopf rattern und krampfhaft nach einer Lösung suchen. Für ihn gilt es jetzt, sich für seinen besten Freund oder gegen uns alle zu entscheiden. Ich hoffe, dass ihm die Freundschaft zu uns wichtig ist.
"Felix?" Alle Blicke wenden sich Tim zu. Außer Rewis. Er sieht seinen Lover noch immer unverändert an. "Was ist los?" Rotpilz öffnet seinen Mund, schließt ihn aber direkt wieder und sieht Sebastian dann voller Hass an. Ich muss schwer schlucken. Das kann er nicht bringen! Er darf jetzt einfach nichts sagen!
Also springe ich auf und halte abwehrend die Hände nach oben. "Bevor du jetzt irgendetwas sagst, was jemanden hier verletzen könnte, würde ich dich darum bitten, zu gehen!"
"Stegi..." Mit zusammengebissenen Zähnen sehe ich zu Rewi. "Ich möchte hören, was er zu sagen hat."
"Was ich zu sagen habe?!" Erschrocken zucke ich zusammen.  Felix' Stimme hat sich von einem Moment auf den anderen ums zehnfache erhoben. Er drückt mich zur Seite, weshalb ich kurz den Halt verliere und mich erst mal an der Schulter meines Freundes festhalten muss, der mich, mit einem Todesblick Richtung Rewi, auffängt und festhält. Der Auslöser lässt sich davon aber nicht beirren. "Mein bester Freund redet wochenlang nicht mit mir, ignoriert mich vollkommen und dann kommt der Moment, wo wir die Chance haben, endlich mal wieder Kontakt zueinander aufzubauen und dann erzählt er mir, dass er schwul ist?!"
"Ist das denn ein Problem?" Ehrlich gesagt bewundere ich die Ruhe in Rewis Stimme. Diese Ruhe, die den Kummer in seinem Inneren überspielt.
Rau lacht Rotpilz auf. "Es ist sehr wohl ein Problem! Homosexualität ist einfach ekelhaft! Sowas ist nicht normal und sollte auch nicht gestattet werden!"
"Okay, dann kannst du jetzt verschwinden." Dass Simon und Caty im Raum sind, habe ich komplett vergessen. Aber mit dem Satz macht sich der Veganer aufmerksam. "Wo die Tür ist, weißt du. Du brauchst nicht mehr hier aufkreuzen, es sei denn, du änderst deine Meinung und kommst im 21. Jahrhundert an."
"Wieso?" Empört sieht er ihn an. "Ich habe doch recht! Gib es zu!"
"Hör mal zu, Felix!" Simon baut sich vor ihm auf. Die Wut, die sich nach und nach in ihm aufbaut, kann ich geradezu spüren. "Ich habe nie behauptet, dass ich schwul bin oder dass ich das Bedürfnis habe, Erfahrungen mit Männern zu haben. Aber im Gegensatz zu dir sind mir meine Freunde wichtig! Und ich akzeptiere es, wenn jemand eine andere Sexualität hat! Jeder andere, der das nicht tut und meine Freunde deswegen beleidigt, kann mich mal. Also verpiss dich jetzt!"
Wow. Solche Worte hätte ich von ihm nicht erwartet.
"Ja, toll! Ich habe einen deiner Freun-"
"Mindestens drei, mein Lieber! Dass du überhaupt homophob gegenüber ihnen bist, ist schon schlimm. Aber dass du deinen BESTEN Freund einfach fallen lässt...Das hätte ich von dir NIE erwartet, Felix Hardy. Und jetzt verlass bitte meine Wohnung."
Felix sieht jeden einzelnen von uns an, wobei sein Blick an Tim und mir etwas länger hängen bleibt. Liegt wahrscheinlich daran, dass Tim seinen Arm um meinen Bauch geschlungen hat, um mir den benötigten Halt zu geben, damit ich nicht vor ihm zusammenbreche und mich angreifbar mache.
Schließlich löst er seinen Blick und geht zur Tür. Doch bevor er dort überhaupt ankommt, dreht er sich nochmal um und sieht Rewi an. "Mir hat die Freundschaft sehr viel bedeutet." Rewi nickt leicht und flüstert mit Tränen erstickter Stimme: "Mir auch." Dann ist Felix verschwunden...

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