Kapitel 56: Besuch im Maulwurfsloch

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Mrs. Chesterman wartete bereits vorne am Pult, während wir langsam in den Klassenraum eintrudelten.
Wir wussten inzwischen, das gerade unser letztes Stündlein geschlagen hatte.
Mrs Chesterman war immernoch stockwütend auf uns.
Unsere Klasse hatte sie seit unserer verkorksten Aufführung nicht mehr gesehen und ehrlich gesagt, hatte ich das auch nicht unbedingt so dringend vor gehabt.
Wir hatten die Vorstellung versaut und sie quasi ins schlechte Licht gestellt. Vor der gesamten Schule.
Es sprach sich bereits rum, dass die Chesterman kurz vor der Kündigung stand. Immerhin hatten wir in letzter Zeit sowieso einige Skandale angestiftet und sie wäre normalerweise verantwortlich für uns gewesen.

Als wir uns alle gesetzt hatten und mit schuldbewussten Gesichtern zu Mrs Chesterman schauten, dämpfte sich die Lautstärke.
Unsere Lehrerin rührte sich nicht.
Sie stand nur da, mit verschränkten Armen an den Pult gelehnt.
Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht lesen, doch eins konnte ich sehr gut erkennen: Sie kochte vor Wut.
Carter betrat als Letzter den Raum.
Er schloss die Tür hinter seinem Rücken und setzte sich auf seinen Platz.

Es wurde leise, totenstill im ganzen Klassenraum.
Keiner sagte etwas. Weder unserer Lehrerin, noch einer der Schüler.
Wir starrten alle schuldbewusst zu Boden.

Irgendwann knarzte der Pult.
Mrs Chesterman seufzte und erhob sich ruckartig.
Ihr Gesicht verzog keine Mine, als sie sprach: "Ich habe wirklich mehr von euch erwartet."

Sie warf einen strengen Blick durch die Reihen.
"Alkohol vor einer Schulvorstellung? Juckpulver im Puder? Prügelei auf der Bühne?"

Ihre Stimme bebte förmlich.
"WAS IST BLOSS IN EUCH GEFAHREN?" Wütend knallte sie mit ihrer Faust auf den Tisch. Der Knall hallte ohrenbetäubend durch den gesamten Raum.
Wir zuckten alle zusammen. Ich wechselte einen Blick mit Nash. Er sah mich nicht an, sondern massierte nur abwesend seinen Handrücken. Sein Gesicht war rot angelaufen.
Er hatte Angst.

"Zum Glück konnte ich das Juckpulver noch rechtzeitig mit dem richtigen Puder austauschen, bevor es zu einer weiteren Katastrophe kommen konnte. Aber die hübsche Showeinlage auf der Bühne konnte ich dann doch nicht verhindern." Sie sah von mir, zu Cameron und dann zu Nash.

Scheiße. Mir rutschte zitternd das Herz in die Füße.

"Ich weiß, ihr hattet eine harte Zeit und die Sache in Los Angeles ist auch noch längst nicht gegessen, aber denkt doch mal nach! Eure Mitschüler haben hart dafür gearbeitet, ist es euch nichts wert?"

Bedrückt schauten wir drei auf unsere Tischplatte.

"Ihr werdet zwei Wochen lang nachsitzen müssen. Nash und Cameron. Alle beide."

Ich sah hoch.
Nash und Cameron bewegten sich nicht. Sie sahen auch nicht hoch, sie blieben still in ihrer Situation verharrt. Cameron neben mir spannte seinen Kiefer an und ich hörte ihn laut schlucken.

"Und der Schulleiter und ich werden gemeinsam ein Gespräch mit euren Eltern führen müssen."

Jetzt hob Nash seinen Kopf.
Ich fragte mich, was gerade in ihm vorging.
Ich hatte seine Eltern bis jetzt noch nie gesehen und er hatte auch nie mit mir über sie sprechen wollen.
Als.... würden sie nicht existieren...
Nur das Familienfoto im Flur bewies was anderes.

Unsere Lehrerin nickte. "Gut. Ich hoffe ihr wisst, wie sehr ich mich schäme eure Lehrerin zu sein. Ich habe wirklich..."

Sie seufzte nochmal.
"...mehr von euch erwartet."

***

Bevor ich das Hotelzimmer betrat, atmete ich tief durch, um mich zu beruhigen, aber meine Finger krampften sich umeinander.
Als ich Kylie das letzte Mal gesehen hatte, habe ich ihr die Freundschaft gekündigt und ihr schlimme Sachen an den Kopf geworfen.

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