Teil52

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Am nächsten Vormittag hatte Marco ein Zimmer in einem Luxushotel organisiert und ich brauchte nur noch zu packen für die zwei Tage. Dann ging es auch schon los und jeder Meter der mich weiter nach München brachte, war ein Stück Freiheit die man mir an irgendeinem Teil meines Körpers abschnitt. Marco versucht immer wieder mit mir ein Gespräch anzufangen, doch ich konnte mich einfach nicht konzentrieren was dazu führte das ich ständig den Faden verlor. Schlimm wurde es als er mir die elementarste Frage stellte, die er mich fragen konnte „auch wenn deine Mutter dich so gequält hat, gibt es einen Teil von dir der sich nicht doch irgendwie auf sie freut?" Wie konnte er auf solch eine Idee kommen nach dem was er alles von ihr wusste? Es war für mich nicht begreiflich das er glauben konnte das ich auch nur irgendwas gutes für sie empfinden könnte. Ich sah aus dem Fenster und es war wie immer, die Landschaft verschwamm vor meinen Augen und ich sah Bilder aus meiner Kindheit. Es war aber nicht so wie sonst, das ich mich darin verlor, sondern es war wie man es schon mal so hatte wenn man sich an etwas zurück erinnerte, schlecht ist nur wenn man sich nicht zurück erinnern will. "Alles ok?"-"ähm ja denke schon" Marco hatte es wieder einmal geschafft mich aus der Vergangenheit heraus zu reisen mit nur wenigen Worten und das bevor ich mich doch noch verlieren konnte. "Sieht nicht so aus als würde es solch einen Teil in dir geben was? War auch eine blöde Frage von mir" entschuldigend legte er seine Hand auf mein Bein und legte meine auf seine um sie leicht zu drücken. "Ist schon ok, ich sollte es nach so langer Zeit doch mal etwas lockerer nehmen, vielleicht hätte ich dann auch nicht diese Probleme in meinem Kopf"-„Du hast die Probleme weil sie dir so schreckliche Sachen angetan hat"-„kann sein" wir beließen es dabei und suchten uns einen Rastplatz zum Essen. Ich wollte nur was schnelles, einfaches, etwas was man auch im Auto essen konnte und Marco fand die Idee nicht schlecht. Der nächste McDonalds war also unser ausgewähltes Restaurant und wir nahmen jeder seinen Lieblings Burger mit Pommes und Cola. Ich griff in die Schachtel mit dem viel zu großen Bausatz aus dem man kaum erkennen konnte das es eigentlich ein Brötchen mit Fleisch sein sollte, hob es hoch „ein Hoch auf die Fastfood Industrie, die es geschafft hat, widerliche Sachen super lecker schmecken zu lassen" ich grinste und biss herzhaft hinein.

Wir hatten noch gut zwei Stunden fahrt und das obwohl Marco nicht wirklich langsam fuhr, er fuhr mir schon fast zu schnell, denn ich wollte am liebsten niemals ankommen. Was sollte ich nur tun, wie sollte ich das alles erklären? Nein, ich konnte ihr immer noch nicht entgegen treten, ich wollte sie ja eigentlich nie wieder sehen und nun trennten uns nur noch ein paar Kilometer. „Du scheinst nervös?" erst hörte ich die Frage gar nicht so richtig und musste sie mir in meinen Gedanken langsam Wort für Wort ausknobeln. „Etwas nervös, ja das bin ich. Ich weiß nicht was mich erwarten wird"-„ach es wird schon alles gut gehen da bin ich mir sicher" er lächelte mich mild an und drückte meine Hand leicht. Er hatte die ganze Zeit meine Hand in seiner und das Gefühl was sie diese Berührung auslöste wunderte mich wieder einmal. Er konnte mich beruhigen nur durch Handauflegen, das war wirklich unglaublich. Warum hatte ich nur Marco jetzt erst kennen gelernt und nicht schon vor fünf Jahren, oder 10 Jahren. Warum sind wir nicht einfach zusammen aufgewachsen? Vielleicht hätte er meinem Leben eine ganz andere Wende gegeben? Ach was, ich war mir sicher das vieles einfach ganz anders gelaufen wäre. Leichter, einfacher und glücklicher! Ich beugte mich zu ihm rüber und küsste ihn zärtlich auf die Wange. „Für was war das?" er zog seine Augenbraue hoch und grinste mich an „einfach so, weil du es verdienst und ich dich liebe" schmunzelte ich und gab ihm einfach noch einen Kuss. „Mhmm ich glaub es wird Zeit das wir beim Hotel ankommen, damit ich die Hände vom Steuer bekomm um dir zu zeigen wie sehr ich dich liebe"-„das klingt sehr verlockend" koket zwinkerte ich ihm zu und genoss die Idee was er wohl mit mir alles anstellen würde hinter einer verschlossenen Hotelzimmertüre. Ich erinnerte mich an das was er tat in Dortmund bei dem Kurzurlaub vor ein paar Wochen. Da stieg ein Kribbeln von meinen Beinen nach an und sammelte sich in meinem Schoß.

Nach einem Stau, in dem wir fast eine Stunde standen, kamen wir endlich in München an und bezogen auch direkt erst einmal unser Zimmer. Marco hatte wieder mal etwas leicht übertrieben und wir waren umgeben von Luxus pur „kannst du auch mal etwas normales machen?" sagte ich frech zu ihm. Natürlich war es schön verwöhnt zu werden, aber für den Anlass, der Grund warum wir in München waren, hätte es auch eine Absteige getan. Es hätte meiner Stimmung besser gestanden, zumindest die Stimmung die ich bekam wenn ich an meine Mutter dachte. Den Trip nach München, ohne diesen Gedanken und dieses Zimmer? Ich würde nicht mehr vor die Türe wollen, ach, erst gar nicht mehr aus dem Bett. Marco legte meinen kleinen Koffer genau auf dieses und ich ging direkt darauf zu „ich geh duschen, irgendwie bin ich total verschwitzt und dann werde ich versuchen meine Mutter anzurufen"-„ist ok und ich ruf Mario an. Magst du gleich zu deiner Mutter wenn du sie erreichst oder sollen wir heute Abend erst mal in Ruhe etwas essen gehen, vielleicht mit Mario und seiner Freundin?" ich nickte ihm zu „ja das wäre mir ganz recht". Er tat mir wirklich damit einen Gefallen, das ich nicht direkt von ihm zu meiner Mutter gedrängt wurde und ich es in Ruhe angehen konnte.

Der Abend lief dann wirklich so ab wie ich es mir gewünscht hatte, auch wenn ich die Gegenwart von Marios Freundin nicht besonders angenehm fand, er war ganz witzig und schien Marco richtig vermisst zu haben. Es wurde natürlich über Fußball gesprochen aber auch über den Grund des Besuches und als ich die Frage hörte, schnellte mein Kopf in die Höhe und ich sah leicht verzweifelt zu Marco „ähm naja, wir wollten einfach mal eine andere Stadt sehen" eindringlich schaute er mich an und wollte wohl eine Bestätigung das ich mit dieser Geschichte zufrieden war und ich lächelte, denn ich war es. Er schmückte es dann noch etwas aus und Ann-Katrin fühlte sich gezwungen mir zu erklären wo man die besten und teuersten Geschäfte finden konnte und was sie gerade anboten. Ich merkte das ihre Welt meiner sich überhaupt nicht einfügen würde und anders rum wohl auch nicht. „Ich bin von hier aber danke für die Tipps, es scheint sich doch einiges in den letzten Jahren verändert zu haben" ich versuchte nicht hochnäsig mich anzuhören und dennoch wollte ich ihr sagen das ich nicht ein Dummchen vom Land war. „Oh ok, ähm, wenn du magst können wir ja morgen zusammen shoppen gehen? Dann machen wir uns einen schönen Mädels Tag und die Jungs sind unter sich" sie kicherte und lachte wie ein Schulmädchen, dennoch war mir diese Idee verlockender als meine Mutter zu besuchen. „Das klingt nach einem super Vorschlag, wir können uns ja dann noch über die Zeit klar werden und uns dann treffen?!" wild nickte sie so das ihre künstlichen Locken auf und ab wippten. Ich hatte keine Ahnung wie und warum, aber der Gedanke mein Steakmesser zu nehmen und sie ihr abzuschneiden brannte in mir und ich hätte es am liebsten gleich gemacht. Tapfer lächelte ich die Vorstellung einfach weg und konzentrierte mich wieder auf mein Essen. Den Rest vom Abend verbrachten wir mit reden über Oberflächlichkeit, was nicht meinem naturell entsprach aber ich ging es durch und es war ja doch irgendwie ganz witzig, an manchen Stellen zumindest. Ich erfuhr so auch ein paar kleine Geschichten von Marco die er mit Mario zusammen in der Mannschaft erlebt hatte. Nach dem wir satt waren, genug getrunken und geredet hatten, fuhren wir ins Hotel zurück, da die Müdigkeit doch über uns beide gewaltig herein brach nach der langen Fahrt. Ich konnte mich gerade noch an Marcos Brust kuscheln und hörte noch wie er mich fragte wie ich die Abend fand, nur antworten konnte ich nicht mehr und schlief tief, fest und traumlos ein.

Erholt und gut gelaunt wachte ich auf und schaute direkt zum Fenster raus. Ich gähnte und streckte mich einmal kräftig durch, bevor ich mich zu Marco rüber beugte und ihn sanft anfing zu küssen um ihn so zu wecken. Langsam schlug er seine Augen auf und fing direkt an zu grinsen „guten morgen meine Kleine. Hast du gut geschlafen?" ich nickte „ja sehr so gar, fast vergessen wo ich bin"-„schön" er machte es mir nach was ich schon tat als er noch schlief und er streckte sich einmal quer durchs Bett. „Also mein Schatz, wie magst du es heute anstellen? Erst shoppen oder erst zu deiner Mutter? Hast du sie eigentlich gestern noch versucht anzurufen? Hab gar nichts mitbekommen"-„ähm ja hatte ich, ohne Erfolg"-„ok, ich bin ehrlich! Auch wenn du sie nicht magst, was ich ja verstehen kann, aber ist das nicht etwas ungewöhnlich das du sie überhaupt nicht mehr erreichst?"-„Keine Ahnung vielleicht ist sie ja auch mal eben in einen Urlaub gefahren" ich zuckte mit den Schultern und stand auf. „Ok wenn du dir da keine Sorgen machst, dann mach ich mir auch keine. Ich kenn sie ja auch gar nicht"-„vielleicht ist das auch eine gute Idee und wir fahren einfach wieder"-„quatsch Sassi, jetzt sind wir hier und jetzt ziehst du das auch durch" ich nickte und suchte mir was zum anziehen aus. „Also wie magst du es heute anstellen?"-„Erst frühstücken, dann zu meiner Mutter. Danach shoppen mit Ann"-„na das klingt doch schon mal ganz gut!" er schwang seine Beine aus dem Bett und wir stritten uns ums Badezimmer. Was natürlich damit endete das ich gewann und er mich nieder knutschte. Es war so schön mit ihm, warum mussten wir das zerstören mit einem Besuch bei meiner Mutter?


Ein Leben danachWhere stories live. Discover now