Teil16

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Ich rappelte mich auf und sah immer noch wütend das Telefon in meiner Hand an. Der Tag konnte nur noch schlechter werden und meine Laune zu joggen war passe. Ich setzte mich auf den Sessel und legte meine Füße auf den Tisch. Marcos stimme zu hören war eine Wohltat nach dem ich die von meiner Mutter gehört hatte. Wie Balsam was alles heilte. Ich dachte an seine Augen und sein lächeln. An den Geruch den ich so tief eingeatmet hatte als ich seine Jacke an hatte. Wie mich das all meine Sorgen und Nöte hat vergessen lassen. Das ich mich schon fast wie neu geboren gefühlt hatte und dann dieser Kuss. So sanft, so vorsichtig, zurückhaltend und schüchtern. Bei diesem Gedanken fuhr ich langsam mit Daumen und Zeigefinger über meine Lippen und gab mich dieser Erinnerung ganz hin. Ich schloss meine Augen um diesen Bildern mehr Farbe zu geben. Es war fast als hätte ich wieder den Duft in meiner Nase und konnte ihn in meiner Nähe fühlen. Ich erinnerte mich daran wie diese dumme Sache mit meinem Fuß passierte und wie er mich dann getragen hatte. Wie ich mit meinem Gesicht seinem so nah war und schon fast mit Hingebung mir jede Einzelheit eingeprägt hatte. Jede Unebenheit seines Gesichtes und jedes Haar von seinem drei Tage Bart. Dann die Sache im Krankenhaus, das ich die Schwester im Glauben ließ das er mein Verlobter sei und wie er es aufnahm. Ich fing an zu schmunzeln als ich daran dachte und auch meine Beweggründe warum ich das gemacht hatte. Das Gesicht dieser Krankenschwester war aber auch einfach zu herrlich und dass Marco da mit machte, fand ich noch besser. In all diese Gedanken und in all diese Gefühle mischte sich eine frage. Woher hatte Marco meine Telefonnummer? Ich hatte sie ihm nicht gegeben und im Krankenhaus hatte ich keine auf das Formular geschrieben. Im Telefonbuch hatte ich auch keine angegeben und über Netzwerke schon gar nicht. Er musste sie also wo anders her haben. Da fiel mir nur eine Person ein und das war Hannelore. Schnell stand ich auf und machte das was ich schon vor über einer halben Stunde hatte tun wollen. Ich zog die Türe hinter mir ins Schloss und machte mich auf den Weg in die Lerchen Gasse. Diesmal war ich nicht so langsam wie an dem Tag als ich überrascht wurde von dem speziellen Gast, diesmal war ich so schnell da wie noch nie. Mein Fuß dankte es mir auch als ich gerade die Gartenzauntür auf machte. Leider würde diesmal aber kein Marco auf mich warten wenn ich das Haus betrat und ich merkte wie mir das Herz schwer wurde. Ich konnte nur hoffen dass ich mit meiner Vermutung Recht hatte und es war wirklich Lore die meine Nummer einfach so an ihn gab. Wenn er angerufen hatte, hier, dann war es vielleicht möglich dass er seine Nummer mitübertragen hatte und ich könnte so an seine kommen um ihn anzurufen. Ich schickte Gebete in den Himmel und bat gleichzeitig Ralf um Verzeihung. In der Beziehung war es wirklich schlimm um mich bestellt. Jeden Abend schlief ich mit einem Selbstgespräch auf den Lippen ein weil ich mich ja nur so mit Ralf unterhalten konnte. Nach dem Tag mit Marco hatte das für kurze Zeit ein ende gefunden, denn meine Gedanken kreisten ja nur um ihn und den Kuss. Mit dem Abstand verblassten die Bilder und so war mein schlechtes Gewissen am wachsen was ich Ralf gegenüber hatte. Auch das ging weg und ich unterhielt mich mit Ralf über meinen Tag. Bis Marco anrief war also alles wieder normal, wenn man eben diese Gespräche als solche ansah mit dem Beisatz 'Trauerbewältigung'. Ich drückte auf die Klingel und wartete dass man mir die Tür aufmachte. Gegen sonst ging es recht lang das sich etwas tat, klar hatte ich mich nicht angemeldet, doch das Auto stand in der Auffahrt also musste auch jemand zu Hause sein. Ein mulmiges Gefühl macht sich in meinem Bauch breit und ich hatte schon Sorge das etwas passiert war, doch als ich gerade mich über die Vorstufen zum Küchenfenster hangeln wollte ging die Türe auf „Oh Saskia!" Hans war nie ein Mann für viele Worte, doch eine freundliche Begrüßung bekam er zu Stande. Es musste also wirklich etwas passiert sein wenn er so drauf war und auch noch ein langes Gesicht dazu machte. „Hans was ist los? Du schaust als wäre ... ist etwas mit Lore?" Ich wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich auf und ging mir auch nicht aus dem Weg damit ich hätte ins Haus rein können. „Hans?" verständnislos schaute ich ihn eindringlich an. „Hans, was ist los?" fragte ich vorsichtig und war mir jetzt ganz sicher das etwas mit Lore sein musste. Ich sah mich schnell nochmal um, ob ich vielleicht einen Notarzt oder Krankenwagen übersehen hatte. Doch das war nicht der Fall, auf der Straße war alles ganz ruhig und nichts zusehen was von Panik, Unfall oder sonstigen zeugte. „Saskia" ich drehte mich schnell wieder zu ihm um und ich merkte dass seine Stimme ihm fast versagte „verdammt Hans was ist los?"-„Naja" er kratzte sich am Hinterkopf und schaute etwas verlegen auf den Boden „ist etwas mit Lore?" fragte ich dann doch geradeaus und er schüttelte mit dem Kopf „komm erst mal rein", endlich macht er mir den Weg frei und ich konnte rein. Nur weit kam ich nicht, denn er packte mich recht unsanft am Oberarm und zog mich in die Küche. Da war die Verwirrung erst recht groß „kann ich jetzt verdammt nochmal erfahren was hier los ist? Ich frag schon nochmal, aber ich finde es reicht jetzt"-„beruhig dich Saskia" er hatte recht ich fing an zu schnauben wie ein wild gewordener Stier, doch das war ja nicht wirklich ein Wunder so wie ich hier begrüßt wurde. „Saskia da gibt es etwas ... etwas ... etwas was auch für uns nicht ganz einfach ist" er schaute mich immer noch nicht an und es schien mir fast als hätte er ein schlechtes Gewissen, die Frage stand nur im Raum warum er das hatte. Ich wollte ihn aber nicht weiter mit meiner Aufgebrachtheit beim erzählen stören, also hielt ich mich zurück. Er zeigte auf einen der Stühle, was ich verneinte „doch setz dich!" Nur drei Worte und ich gehorchte. Eine Hand hatte ich auf den Küchentisch gelegt und merkte wie sich Schweiß dazwischen bildete, was Anlass war sie wieder vom Tisch zu nehmen und an meinem Hosenbein abzuwischen „Saskia wir haben heute etwas erfahren und klar ist das auch du es wissen solltest. Wir hatten nie wirklich ein Geheimnis vor dir und da du so was wie unsere Tochter schon immer warst und wohl hoffentlich immer bleiben wirst, stehen wir schon fast in der Pflicht es dir zu sagen" Ungeduld machte sich in mir breit und brachte mich fast zu platzen. Klar, er war kein Mensch vieler Worte und er brauchte gerade sehr viele Worte um mir etwas zu erklären was wohl nicht zu erklären war. Dennoch biss ich mir auf die Zunge und schaute nur zu ihm auf, denn er stand an der Küchenzeile und hatte es endlich geschafft seinen Blick aufzurichten und mir in die Augen zu schauen. Dabei hatte er die Arme fest und undurchdringlich vor der Brust verschränkt. „Saskia, wir haben heute Besuch bekommen" mein Herz machte einen kurzen Aussetzer und mein Hirn schrie nur „MARCO" doch das war wirklich unmöglich, er hatte heute ein Spiel, das auch noch gewonnen, da war sein erster Weg bestimmt nicht hierher, zumal er mich ja angerufen hatte. „Wir haben besuch bekommen von einer Frau" nun verstand ich den Zusammenhang nicht mehr und schaute ihn mehr als nur etwas fragend an. Ich zuckte mit den Schultern „und jetzt?"-„Das ist keine leichte Sache, denn diese Frau hat uns eine Gesichte erzählt von sich und Ralf" in meinem Kopf rief es im Echo „eine Frau und Ralf" langsam stand ich auf „ist sie noch da? Und was will sie?"-„Reg dich bitte nicht auf, es wird sich alles aufklären lassen" er kam nun auf mich zu mit ausgestreckten Armen und versuchte mich wohl zu beschwichtigen bevor überhaupt etwas eskalieren konnte. „Hans? Was hat sie euch erzählt?"-„Sie erzählte was davon das sie von seinem Tod durch die Zeitung erfahren hätte und es wohl an der Zeit wäre her zu kommen um naja, wir wissen noch nicht genau was sie überhaupt vor hat"-„was hat sie mit Ralf zu tun?"-„Sie sagt sie seien vor vier Jahren zusammen gewesen" nun schaute er mich nicht mehr an, denn er wusste genau so gut wie ich, das dies nicht sein konnte. Da wir schon fünf Jahre zusammen waren. „Wo ist sie?" ich wartete die Antwort nicht ab, sondern ging direkt durch die Türe und ins Wohnzimmer. Leise hörte ich Hans hinter mir noch etwas sagen, was ich gekonnt ignorierte. Ich war nur noch ein Schritt entfernt als ich etwas hörte was nicht ins dieses Haus gehörte und das war nicht nur eine fremde Stimme einer fremden Frau.

Ein Leben danachWhere stories live. Discover now