Teil31

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Der Rest vom Abend verlief sehr unspektakulär und wir gingen recht zeitig ins Bett. Eng schmiegte ich mich an Marcos Brust und konnte es doch nicht lassen einfach nur so einzuschlafen. Sein Herzschlag so nah an meinem Ohr, eine Musik tief in meinen Sinnen, ein Beat der weit hinunter ging in meine Seele. Automatisch gingen meine Hände auf Wanderschaft und erkundeten seine Brust- und Bauchmuskeln, fühlte die warme weiche Haut unter meinen Fingerspitzen die hin und wieder leicht zuckte. Er reagierte direkt auf meine Berührungen, sein Brust und auch seine Bauchdecke bewegten sich immer unkontrollierter, was ihn verriet. Leise, fast nicht zu hören, vernahm ich seine Stimme in der Dunkelheit „wolltest du nicht schlafen?" ich fing an zu grinsen und küsste mir einen Weg von seiner Brust rauf zu seinem Mund um ihn sanft und zärtlich zu verschließen. Ich merkte wie auch seine Mundwinkel sich zu einem Lächeln verzogen „hab es mir anders überlegt" nuschelte ich in den Kuss. Seine Hand schob sich in meinen Nacken und er zog mich näher an sich heran, mit seiner anderen Hand streichelte er meinen Rücke. Langsam und sachte, immer und immer wieder hoch und runter, was in mir eine endlose Gänsehaut auslöste. Seine Lippen bewegten sich auf meinen immer fordernder, ich gab ihm eine leidenschaftliche Antwort darauf und doch alles mit Bedacht. Durch die Dunkelheit waren alle Sinne geschärft und ganz auf den anderen eingestellt, bewegten wir uns wie in Zeitlupe. Nackte Haut die sich aneinander rieb, warmer Atem der über Gänsehaut streifte. Immer mehr heizten sich unsere Körper auf und in der Luft, die knisterte, hing ein unverkennbarer Duft. Ich saß auf seinem Schoss und bewegte mich langsam, in kreisenden Bewegungen. Nicht zu schnell um es so lang wie möglich genießen zu können. Meine Hände in seinen verschlungen und von ihm gestützt, beugte ich mich keuchend tief zu ihm runter um meinen Mund auf seinen zu legen. Den süßen Geschmack auf seinen Lippen zu kosten und mit ihm zusammen den Höhepunkt zu erleben. Mit sanften Küssen versuchten wir unserem Puls wieder Herr zu werden, lagen Seite an Seite da und ließen es ausklingen wie es anfing, durch zärtliche Berührungen die einfach nur tiefer und tiefer gingen als sonst etwas. Das Lächeln auf meinem Gesicht blieb und ich schlief ein um mich davon zu träumte, in eine Welt die perfekt war, so schien es zumindest.

Tiefer und tiefer ging es runter. Eine Wendeltreppe ohne Anfang und ohne Ende, in der Mitte nur ein schwarzer Abgrund ohne Boden. Ich tastete mich an der Wand entlang nach oben um von diesem schrecklichen Ort weg zu kommen, doch es war wie auf einer Rolltreppe. Ging ich einen Schritt nach oben, sog es mich zwei Stufen nach unten. Eine sich abwärts drehende Spirale ins Ungewisse. Wie konnte ich nur hierher kommen? Alles fing doch so gut an! Ich lag im Bett bei dem Menschen den ich liebte. Ja, ich war mir sicher dass es Liebe war die ich für Marco empfand. Wenn ich nicht bei ihm sein konnte, schnürte es mir die Kehle zu und ich hatte das Gefühl zu ersticken, weil ich keine Luft mehr bekam. Er vollbrachte Dinge in mir die nicht annähernd Ralf schaffte, ich fing an mich mit meiner Kindheit auseinander zu setzten, aber dieser Ort gehörte ganz sicher nicht dazu. Also was suchte ich dann hier? Tränen kullerten über meine Wangen weil ich so am verzweifeln war und nicht wusste wie ich dieser Spirale entkommen konnte. Ich wusste dass ich träumte. Es brauchte eine Zeit bis ich gelernt hatte damit umzugehen und zu unterscheiden, doch als ich den Dreh raus hatte, war es ganz leicht und ich kam der Lösung meines Problems immer näher. Seit dem Morgen an dem ich in Marcos Bett aufgewacht war weil ich mich übergeben musste und danach von meiner Mutter geträumt hatte, ließ ich diese Träume zu und versuchte sie zu verstehen. Es ging immer um meine Mutter, jeder Traum, jede Nacht. Nur dieser Ort war mir absolut neu und hatte mit nichts in meinem Leben zu tun. Ich versuchte mich zu erinnern wie ich hier her gekommen bin und ging wieder zurück zu dem Augenblick als ich meine Augen schloss. Ich fühlte mich leicht wie eine Feder, weil ich so zufrieden und glücklich war. Bilder zogen an meinem inneren Auge vorbei, dir mir all die schönen Augenblicke zeigten die ich bisher mit Marco verbringen durfte. All das ließ mich davon treiben auf einer Welle die warm, weich und nur ein wohliges Gefühl auslösten. Fühlte immer noch seine Lippen auf meinen von den zärtlichen Küssen die er mir gab. Spürte seine Hände auf meiner Haut und seine unter meinen. Niemals mehr wollte ich von ihm weg und doch war ich auf einmal hier gelandet und wusste nicht warum. Ich sah vorsichtig in diese gähnende Leere hinunter und versuchte nicht zu weit an den Rand der Stufe zu gehen, aus Angst ich könnte runter fallen und wäre dann einfach weg. Ich holte tief Luft für ein lautes und kräftiges „Hallo!", doch es war als würde die Stille meine Stimme verschlucken. Kein Hall, kein Echo einfach nichts! Ich drückte mich wieder zurück an die Wand und schaute nach oben, ich merkte wie mein Atmen wieder schneller ging und mein Brustkorb sich immer mehr hob und senkte. Meine Handflächen lagen auf kühlem Stein der sich leicht moosig anfühlte und ich erinnerte mich an den Traum den ich hatte als ich auf dem Friedhof war. Dieser Keller, die Folterkamme! Auch dort gab es solche Mauern. Ich blickte wieder nach unten und ich versuchte eins und eins zusammen zuzählen. Vielleicht war ich wieder an diesem Ort und ich brauchte nur nach unten zu gehen und würde dort angelangen? Entschlossen diesem Gedanken zu folgen, wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und ging nun nicht mehr länger den verzweifelnden Weg nach oben, sondern nach unten. Erst dachte ich die Treppe hätte sich geändert und ich würde jetzt immer zwei Stufen hoch gehen wenn ich eine runter ging. Doch dem war zum Glück nicht so und auf einmal bekam die Sache einen Sinn. Wie Alice im Wunderland, die in das Kaninchenloch gefallen war, ging ich immer schneller nach unten. Es zeigte Wirkung, denn auf einmal veränderte sich alles. Was vorher noch in der Mitte düster und dunkel war, wurde auf einmal immer heller. Einige Stufen später konnte ich so gar richtiges Licht ausmachen und erkannte Fackeln die an der Wand hinten in schmiedereisernden Vorrichtungen. Ich hatte nur noch eine Stufe vor mir und setzte dann doch leicht zögerlich meinen Fuß auf das leicht nasse Kopfsteinpflaster mit dem ein langer Flur vor mir ausgelegt war. Da ich nicht wusste ob es überall solche Fackeln gab, ging ich zu der einen Wand rüber, stellte mich auf Zehenspitzen und konnte gerade so dran kommen. Ich nahm sie aus der Befestigung und ging den Flur weiter, über mir war die Decke gebogen wie es üblich war für einen solch alten Gewölbegang doch ein Hall gab es hier immer noch nicht. Zumindest hing mein erneutes rufen stumpf in der Luft. "Hallo, ist da jemand? Haaaallo?" Ich lauschte doch alles was ich hörte war das knistern des Feuers in meiner Hand. Es gab hier auch keine Abzweigung oder eine Tür. Nichts deutete darauf hin das es hier was anderes gab als nur mich. Was auf der Treppe noch Verzweiflung war schlug nun um in Wut. "Verdammte scheiße! Was soll dieser fuck nur!" Ich trat vor einen Stein der am Boden lag und sah ihm nach wie er durch die Luft flog. Er hätte nie und nimmer so weit hoch, geschweige denn so weit weg fliegen können. Es war als würde er keine Schwerkraft haben und auf einmal knallte er zu Boden. Ich konnte deutlich ein klackendes Geräusch hören was mich von meiner Wut ab brachte da es mich absolut verwirrte. Meine Stimme und meine Füße hatten die ganze Zeit kein Echo aber dieser simple Stein machte Krach als wäre er ein Felsbrocken. Dann hörte ich noch was anderes und lauschte danach. Blendete das Rauschen in meinen Ohren aus was mein Blut und mein Herzschlag verursachten auch das Knistern der Flamme hielt ich von meinem Ohr fern. Es war ein dumpfes Hämmern in unregelmäßigen Abständen. Ich ging dem nach und stand plötzlich vor einer Tür. Es war ein Déjà-vu, denn vor dieser Tür stand ich wirklich schon einmal. Es war genau die der Folterkammer hinter der Strobel gefesselt an einem Kreuz hing. Nun wusste ich das ich wirklich nicht mehr hier sein wollte denn mein Hass auf Strobel hatte ich doch längst unter Kontrolle nach allem was ich über Ralf erfahren hatte und mich darauf konzentrierte das die Gerechtigkeit durch ein Richter gesprochen werden würde. Auch wollte ich es nicht wegen Marco denn ihn wollte ich nicht durch dumme Handlungen und falschen Rachegelüsten verlieren. Dennoch verspürte ich den drang die Türe zu öffnen und nach zu sehen ob es immer noch Strobel war der da hing. Vielleicht wäre ich ja auch bereit ihn zu retten statt zu töten. Langsam und vorsichtig drückte ich gegen das Holz und öffnete die Tür. Es knarrte in der Angel und es war schwerer als das erste Mal. Ich sah mich um und wurde bestätigt, es war der selbe Raum, mit den selben Wänden, dem selben Boden, den selben Instrumenten zum Foltern auf einem Tisch und auch das Kreuz war da an dem man jemand fest machen konnte, nur es war nicht Strobel der da befestigt wurde.


Ein Leben danachKde žijí příběhy. Začni objevovat