Teil14

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Es waren bereits drei weitere Wochen vergangen seit Ralf nun nicht mehr an meiner Seite war und in diesen drei Wochen hörte ich auch nichts mehr von Marco. Mein Knöchel, wie auch meine Hand waren auf dem Weg der Besserung und ich konnte alles soweit wieder normal benutzen. Es war Samstag und ich lag auf meinem Sofa und schaute Fußball. Kaum zu glauben das ich mich jemals für so etwas begeistert konnte. Das Spiel selbst war natürlich nicht der Grund, sondern die einzige Möglichkeit Marco zu sehen. Wenn es auch überhaupt nicht vergleichbar war mit einem Spaziergang am See oder einem gemeinsamen Essen vom Chinesen. Dennoch fühlte ich mich ihm so etwas näher. Da er anscheinend einen so hohen Bekanntheitsgrad hatte, schnappte ich mir schon vor einigen Tagen mein Laptop und bemühte Google mit der Suche. Unzählige Bilder und Berichte hatte ich gefunden und verbrachte Stunden mit lesen und anschauen von Interviews. Ich war überrascht, erstaunt und zu gleich wütend. Irgendwann hatte ich durch die Blume bei Hannelore angefragt ob sie eine Adresse oder Telefonnummer hätte von Marco, doch leider war das ohne Erfolg. An dem Mittag als sie mich aus dem Bett geholt hatten und ich dem Fragenkatalog rede und Antwort stand, ließ ich es nicht durchblicken was da zwischen Marco und mir war. Auch versuchte ich ihrer Frage nach dem warum ich sie mit Marco angesprochen hatte unbeantwortet. Ich erzählte nur dass er wohl da war bevor er zurück nach Dortmund sei. Mehr wollte ich nicht sagen, auch wenn Lore mir an dem Tag am Telefon sagte, wieviel Verständnis sie hätte und Marco doch so nett sei. Es gab einfach Sachen, die erzählte man nicht sondern behielt sie für sich. Ich führte täglich ein Zwiegespräch mit Marco und Ralf, in dem ich beide nach dem Warum fragte. Es fehlte nicht mehr viel und ich würde mich selbst einweisen müssen. Hinzu kamen die Sorgen um die Gerichtsverhandlung. Einen Tag zuvor bekam ich einen Brief von dem Anwalt aus Dortmund in dem stand, dass man darum bemüht sei das Verfahren voran zu treiben in Münster, damit es endlich zu einem Gerichtstermin kam. Es war schon fast zum verzweifeln und es konnte mir nicht schnell genug gehen. Ich wollte Strobels Kopf endlich in einer Schlinge sehen. Meine Augen wurden immer schwerer und ich bekam so gut wie nichts mehr mit von dem Spiel. Es waren nur noch ein paar Minuten bis zur Pause und ich versuchte mich krampfhaft wach zu halten, doch mein Körper war stärker als mein Wille.

Ich hatte den Kampf dann doch gewonnen und riss meine Augen ruckartig auf. Doch das was ich sah hatte nichts mit meinem Wohnzimmer zu tun. Ich stand mitten in einem Raum der vom Boden bis zur Decke schneeweiß gefliest war. Neonlicht brannte mit hoher Intensität und schmerzte mich in meinen Augen. Das Licht hatte doppelte Wirkung durch die Fliesen die es reflektierten. Es machte mich schier wahnsinnig und ich hielt mir die Hand vor die Augen um sie abzuschirmen. Ich versuchte mich zu orientieren, was mir nicht leicht fiel. So viel Licht und doch sah man nichts. Langsam tastete ich mich zur Wand, Schritt um Schritt und musste feststellen dass der Weg weiter war als zu erst gedacht. Als ich es dann doch schaffte, legte ich meine Hände auf die Fliesen und tastete mich so weiter. Direkt an der Wand war das mit der Helligkeit auch nicht mehr so das Problem. Ich sah kurz über meine Schulter und musste direkt meine Augen zusammen kneifen. Es war als würde man in eine Sonne schauen, zum Glück war es nicht auch so warm. Ich suchte nach einem Ausgang und hatte schon die dritte Ecke hinter mir gelassen, doch eine Tür fand ich nicht. Es war schon mal beruhigend zu wissen dass es wirklich ein Raum war mit wohl vier Wänden. Doch auch die vierte Wand hatte keine Tür und ich verfluchte diesen Raum, diese Zelle. Wütend stemmte ich meine Hände in die Hüften und schaute so weit es ging mich um. Es konnte doch nicht sein das ich hier eingemauert war wie Rapunzel persönlich. Ich ging nochmals den ganzen Weg ab, vielleicht hatte ich ja was übersehen? Doch es blieb dabei auch nach der nächsten Runde. Ich wurde immer nervöser und bekam Angst. Ich zweifelte an mir, an dem Raum, an meinem Leben und ich merkte die Tränen. Mit der Wand im Rücken und den Händen im Gesicht ging ich in die Knie und setzte mich auf den Boden. Was sollte diese Scheiße? Warum gab es hier keinen Ausgang? Nicht mal ein Fenster! Aus Verzweiflung wurde aufgeben, aus aufgeben wurde Wut, rasende Wut und ich stand wieder auf. Ich war kein Mensch der den Kopf in den Sand steckte. Ich war es von klein auf gewohnt zu kämpfen, warum wollte ich jetzt und hier aufgeben? Ich würde ein Weg finden und mit neuem Elan machte ich mich dran nicht nur einfach die Fliesen abzutasten, sondern klopfte vor jede und versuchte zu lauschen ob es sich irgendwo hol anhörte. Ich brauchte eine Ewigkeit, doch wie mir schien hatte ich ja Zeit. Als ich schon fast wieder aufgeben wollte, klopfte ich an eine Stelle die sich tatsächlich hol anhörte. Ich klopfte drum herum und auch die Stellen waren hintendran leer, da war ich mir schon fast sicher. Es war aber nicht so eine große Fläche das man hätte davon sprechen können, es wäre eine Türe, doch ich fing an davor zu hauen. Immer fester, erst mit der Handfläche, dann mit der Faust, bis ich meinen Ellenbogen nahm und es irgendwie schaffte einen Sprung in eine Fliese zu schlagen. Ich fühlte so etwas wie Hoffnung in mir aufkeimen, es gab doch ein Weg und ich gab nicht auf. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an die ich brauchte bis aus dem Sprung eine ganze Fliese wurde die ich achtlos zu Boden fallen ließ. Plötzlich war der Rest nur noch ein Kinderspiel und ich konnte eine Platte nach der anderen weg brechen. Ich nahm meinen Schuh zur Hilfe um damit davor zu schlagen und hatte recht zügig ein Loch vor mir was gut ein Quadratmeter groß war. Ich zog meinen Schuh wieder an und musste mich hochstemmen um in das Loch zu kommen. Auf der anderen Seite war es zwar auch hell, aber bei weitem nicht so wie in dem Raum in dem ich eben noch war. Langsam rutschte ich durch, Stück für Stück und stellte fest dass es ganz schön weit war um auf die andere Seite zu kommen. Als würde es hier überhaupt keine Definition geben für Entfernungen, es wirkte alles einfach kürzer als es dann schlussendlich war. Was es noch schwerer machte war die Tatsache das, das Loch irgendwie immer schmaler wurde. Ich konnte mit mühe gerade noch so meinen Körper durch schieben und es glich schon fast eines Auftauchens aus der Tiefe eines Sees. Ich streckte weit meine Arme nach vorne und legte meine Hände auf den Rand. Zog mich so den Rest nach vorn, wobei ich kaum noch eine Möglichkeit hatte meine Arme richtig zu knicken um mich einfacher an den Rand zu ziehen. Irgendwie schaffte ich es und drückte mich Kopfüber ganz aus dem Loch raus. Rasch sah ich mich um, was aus meiner Position nicht wirklich viel war, doch ich konnte unter mir ein Bett sehen und war richtig dankbar dafür, so konnte ich mich einfach aus dem Loch fallen lassen ohne Angst zu haben mir den Kopf auf dem Boden aufzuschlagen.

Als ich mich aufgerappelt hatte und mich orientieren konnte wurde mir schlagartig bewusst wo ich mich befand. Es war mein Kinderzimmer! Das konnte doch nicht sein? Dieser Ort war wirklich kein Ort an dem ich sein wollte. Als Kind hasste ich schon mein Zimmer und Verband damit nichts gutes, warum war ich also hier? Ich musste träumen, das alles konnte nur aus den tiefen meiner Erinnerungen stammen. Als hätte ich nicht schon genug fragen die mich quälten, musste ich mich jetzt auch noch damit auseinander setzen. Doch das wollte ich nicht! Ich rannte auf die Zimmertüre zu und riss sie auf. Mein Drang war, so schnell es geht hier weg. So weit meine Füße mich trugen und noch viel weiter, doch ich kam nicht sonderlich weit, denn ich prallte gegen Marco. Nun war die Verwirrung perfekt! Was hatte er denn in meiner Kindheit zu suchen? Dieses Bild von ihm war so falsch wie ein Kühlschrank in der Wüste und dann redete er auch nur dummes Zeugs. „Wir hätten mehr Pressing spielen müssen. Aber wichtig ist der Endstand und der sagt das wir gewonnen haben"


Ein Leben danachNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ