134|Endziel: Mira

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M I R A

Eine Tatsache über mich, die ich während dieser Dreharbeiten gelernt habe, ist, dass ich Dinge viel zu lange vor mich hinschiebe. Die Dreharbeiten sind fertig und wir reisen in zwei Stunden wieder ab, aber ich habe weder meine Sachen fertig zusammengepackt, noch glaube ich, dass alles überhaupt in die Koffer passen wird. Habe ich hier neue Kleider gekauft? Ich kann mich nicht erinnern, doch irgendwie ist alles mehr, als das, was ich mitgenommen hatte.

„Endlich kommst zurück," spricht Yaz durch den Lautsprecher meines Handys, das zwischen all den dicken Pullovern auf dem Hotelbett liegt,„Es hat viel zu lange gedauert."
Meiner Meinung nach ging es sogar viel zu kurz. Diese zwei Monate sind nur so davongeflogen, nur die einsamen Nächte, in denen ich alleine im Bett lag, waren unendlich lang.

Jetzt geht es zurück nach Hause und mich erwartet ein riesengroßes Nichts. Was soll ich nur tun? Ich habe keinen Job mehr. Aber ich habe mehr Follower auf meinen sozialen Medien bekommen und vielleicht könnte ich zwischenzeitlich Mode-Bloggerin werden. Es ist nicht mein Traum, aber es ist besser als nichts. Mein Gehalt vom Filmdreh wird mich die nächsten Monate noch über Wasser halten können, besonders mit Yaz an meiner Seite, aber ich sollte mich dennoch schnell auf die Suche machen.

„Wir müssen Modehäuser abklappern," sagt sie, als hätte sie meine Gedanken gehört.

„Die großen Häuser sind aber nicht alle bei uns vor der Tür," erinnere ich sie. Eine schicke, kleine Boutique in der Innenstadt könnte auch mein Neubeginn werden. Ich könnte meine Entwürfe verkaufen.

„Dann ziehen wir halt nach Italien. Oder rüber nach Paris." Ich stoppe das Einpacken und schaue hoch zu meinem Bett, erwarte Yaz dort entspannt liegen zu sehen, aber sie ist ja nur am Telefon. Gott, habe ich sie vermisst. Das einzig Gute an meiner Rückkehr wird sein mit ihr und deftiger Pizza im Wohnzimmer wieder Filme schauen zu können. An jemand anderen kann ich jetzt nicht denken, sonst kriege ich noch einen Herzinfarkt vor Nervosität.

„Das würdest du für mich tun?"
„Natürlich. Du würdest es auch für mich tun." Das würde ich. Aber aus ihrem Mund zu hören, dass sie für mich alles stehen und liegen lassen würde um in ein anderes Land zu ziehen? Diese bedingungslose Liebe von ihr zu spüren, wenn es die einzige reine Tatsache in meinem Leben ist...

„Werd' jetzt ja nicht sentimental. Ich nehme es zurück," fügt sie eilig und mit strengem Ton hinzu,„Ich schmeiße dich raus, wenn du deinen Teil der Rechnungen nicht zahlst, hörst du?" Ich schmunzle und fahre mit dem Packen fort.
Heute Abend bin ich wieder zuhause.

Heute Abend trennt mich kein Ozean mehr von ihm.

„Oh, Mira, warte kurz," spricht Yaz und ein Rascheln und Gemurmel ist um sie zu hören,„Ich muss doch nochmal ein Top anprobieren." Sie ist seit einer Weile bei den Anproben für Sezin's neue Show, die in Berlin stattfinden wird. Davon habe ich im Internet gelesen und Yaz hat es mir vorhin nochmal beiläufig erzählt, da sie die Show schließen wird.

„Okay, leg auf wenn du magst!", rufe ich rüber und schnappe mir einen weiteren Pullover, um ihn in den Koffer quetschen zu können. Mit etwas Glück sollte es passen. Summend lehne ich mich zum Koffer und versuche es zu schließen. Natürlich klappt es nicht. Wieso auch? Einmal Glück wäre definitiv zu viel für mich.

Gerade als ich mich draufsetzen will, klopft es an der Tür meines Zimmers. Müssen wir etwa jetzt schon raus? Da wir alle nicht zurück in das selbe Land fliegen sind alle Abreisen zu unterschiedlichen Zeiten, doch die Flüge zurück nach Deutschland sollten nicht jetzt sein oder habe ich die falsche Uhrzeit gelesen? Mist.
Schnell eile ich zur Tür und als ich sie öffne, kann ich meine Überraschung nicht verbergen.

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⏰ Last updated: Mar 02 ⏰

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