10|nur drei Wochen

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M I R A

Anders als ich spart sich die kommende Person die Höflichkeit des Anklopfens und die Tür wird kräftig an die Seite geschoben, dass ich mich bei dem Geräusch schnell vom Stuhl und ihm darauf entferne. Ich bin so schnell rückwärts gegangen, dass ich gegen die Stehlampe hinter mir knalle und mich dort festhalte, bevor sie oder ich umfallen.
„Hey D, diese Unterlagen hier-", spricht Frau Nowak, als sie hineinkommt, doch hält inne, als sie mich entdeckt.
Ihr Boss räuspert sich und setzt sich auf seinem Stuhl wieder aufrecht hin, während er meine Mappe vor sich auf den Tisch legt und ich langsam wieder die Lampe loslasse.

Ich weiß nicht, ob man uns ansieht, dass der Lauf der Dinge hier drinnen eine ganz andere Richtung, als erwartet, eingeschlagen hat, aber Frau Nowak tritt so langsam in den Raum, als wäre sie in die Höhle des Löwen gekommen.
„Da sind Sie ja, Frau Acar.", sagt sie und legt die Unterlagen, die sie mitgebracht hat, auf dem Schreibtisch ab, bevor sie lächelt,„Wo waren Sie gestern nur?"
Sofort schüttle ich den Kopf, bevor ich den Mund öffne.
„Nein.", lehne ich strikt ab,„Ich will den Job nicht mehr und ich will nichts mehr von diesem Unternehmen. Ich will nur meine Mappe zurück, mehr nicht."

Irritiert zieht sie die Brauen hoch und schaut zu Demir Sezin, der jedoch stumpf auf seinen Computer schaut, ohne etwas darauf zu machen.
„Mappe?", hakt sie nach und sieht mich wieder an. Ich deute mit den Augen auf das schwarze Ding auf dem Schreibtisch. Er hält seine gesunde Hand wie einen verdammten Briefbeschwörer darauf, dieser Blödmann.

„Die gehört jetzt mir.", beharrt er, dass ich gleich wieder auf ihn springen würde, um ihm die Augen auszukratzen oder etwas ähnliches. Auf jeden Fall etwas, das wehtut.
„Nur über meine Leiche!", keife ich und er schaut zu mir auf.
„Aufgeschlitzt oder Erschossen?" , fragt er lieb.
Schock und Wut überkommt mich.
Ich versuche alles davon in meinem Blick zu legen, mit dem ich ihn gedanklich erdolche und er zieht nur herausfordernd eine Braue hoch, als ob er mir nicht glauben würde, dass ich bis zur letzten Sekunde mit ihm kämpfen würde. Ihm scheint die gebrochene Hand nicht gereicht zu haben.

„Sie haben einen Vertrag unterschrieben.", wirft Frau Nowak ein, dass ich aufgebracht den Kopf zu ihr herumdrehe.
„Na und? Ich nehme es zurück!"
Überrascht sieht sie ihn wieder an, dann doch mich, als er nichts dazu sagt.
„Sie haben unterschrieben, Frau Acar. Sowas können Sie nicht einfach zurücknehmen. Sie haben eine Kündigungsfrist von drei Wochen."
„Was? Da stand doch eine Woche!", rufe ich aus. Frau Nowak schüttelt den Kopf.

„Ich will sie nicht! Sie kann ja nicht einmal lesen!", mischt mein verhasster Vorgesetzter sich ein. Warnend sehe ich ihn an und er verdreht nur die Augen darüber. So ein Arsch!

„Wäre ich für ihn zuständig?", frage ich und haue gegen seinen Stuhl, dass er nun mir einen warnenden Blick zuwirft.
„Hey, behalten Sie Ihre Hände bei sich!"
„Ja. Seine Assistentin.", bestätigt Frau Nowak mir und ich will mich am liebsten unterm Tisch verstecken und meinen Frust hinausschreien. Das Leben ist nicht fair!
Das kann niemals klappen, das sieht man doch! Wir streiten jedes Mal, wenn wir einander begegnen und verstehen uns nicht. Das ist kein gesundes Arbeitsverhältnis, da bin ich mir sicher.

Aber ich brauche auch Geld.
Und das ist wirklich viel Geld.
Zwei Monatslöhne, die ich im Sailor bekommen hätte.
Vielleicht muss ich ihn gar nicht wirklich sehen. Seinen Assistenzkram machen, wie eine gute Angestellte.
Telefonate führen, Termine für ihn planen, ihn an Meetings erinnern, seinen Kalender im Auge behalten. Eben Dinge, die ich nicht während seiner Anwesenheit erledigen muss. Sicher habe ich mein eigenes Büro oder etwas Ähnliches.
Und ich kann mich hocharbeiten, Kontakte knüpfen und im besten Fall das Unternehmen wechseln.

Was soll mich schon von meinem Aufstieg in der Karriere aufhalten? Ein Mann?
Das werde ich mir nicht vorwerfen lassen.
Diese Zeit ist nicht jetzt und wird auch niemals kommen.

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