50|Hochzeitsglocken und falsche Erwartungen

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M I R A

Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist, wird immer gesagt, weil es nie schöner als dann werden kann.
Wenn es so ist, dann müsste ich jetzt sofort sterben und meinem Leben ein Ende setzen, denn jetzt ist mit Sicherheit der schönste Moment meines Lebens.

Ich bin alles, was ich je werden wollte.
Eine unabhängige schöne Frau, die der Tätigkeit, die sie liebt, nachgeht. 

Gut, ich wollte auch noch erfolgreich werden, aber das ist jetzt nebensächlich.
Ich bin Modedesignerin! Ein Teil von mir glaubt es immer noch nicht und ich erwarte, dass Herr Sezin mir ins Gesicht lacht, wenn ich im Unternehmen bin und mir sagt, dass er mich gestern nur verarscht hätte, weil ihm so etwas Spaß macht.

Das Date gestern war wirklich schön.
Wenn Frau Nowak weiterhin solche Dinge plant, dann habe ich kein Problem damit öfter mitzumachen. Es war ganz entspannt und inspirierend und Herr Sezins Gesellschaft -wenn ich ganz ehrlich bin- war ausnahmsweise auch mal ganz schön, ohne einen Moment, in dem ich die Augen über ihn verdrehen musste.
Und als wäre das alles nicht genug, habe ich ein Jobangebot als Modedesignerin bekommen! Kann es noch besser werden?

„Guten Morgen!", trällere ich Livia zu, als ich durch den Eingang zur Treppe gehe. Sie lächelt auf.
„Guten Morgen, Mira. Hübsch siehst du aus." Ich lächle noch breiter.
„Danke! Deine Frisur ist schön.", schmeichle ich ihr auch und sie fasst vorsichtig an den strengen Zopf, in den sie ihre rotblonden Haare gebunden hat.

Ich gehe die Wendeltreppen hoch und im zweiten Stockwerk angekommen, wird mein Name gerufen. Sofort schaue ich zum Foyer nach links und sehe Leo und Levi mit einer ganzen Meute auf den Sitzmöglichkeiten sitzen. Levi winkt mir zu.
„Komm her, Mira!" Ich lasse das Treppengeländer los und gehe statt nach oben in mein Büro, zu ihnen. Sie alle sehen zwischen mir und dem Laptop auf Leos Schoß her.

„Hey. Was macht ihr hier?", frage ich und Leo grinst mich verschwörerisch an.
„Da kommt der Star der Stunde.", schmunzelt Levi und ich runzle die Stirn. Ich bin der Star der Stunde? Nicht, dass ich mich beschweren werde, aber wieso?

„Was schaut ihr euch an?"
„Die neusten Fotos von dir und dem Chef.", antwortet Nova und sieht mich monoton an, dass ich nicht ganz weiß, ob ich da Eifersucht hinaus höre.

Ich lehne mich vor und probiere auf den Laptop zu sehen, damit ich die neusten Fotos von uns anschauen kann. Gestern Abend habe ich im Bett darüber nachgedacht welche Fotos die Presse auswählen wird und ich war mir sicher, dass es das sein wird, auf dem wir die Bretzel teilen.
Das ist auch zu sehen, doch daneben ist ein Foto von uns, wie ich ihm in die Arme springe, aber das ist nicht, was meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist die Schlagzeile.

Läuten etwa die Hochzeitsglocken?, heißt es.

Alarmiert reiße ich die Augen auf. Hochzeit?! Oh nein!
Hitze schießt mir in die Wangen, als alle mich auf eine Antwort wartend ansehen. Das ist doch scheiße, dass wir ununterbrochen beobachtet werden! Machen die etwa nie Pause? Wahrscheinlich ist hier irgendwo auch jemand, der alles aufnimmt, was ich tue.

„Seid ihr jetzt zusammen?", fragt Leo und ich schüttle die ganze Aufregung, die in mir aufkommt, von mir.
Hochzeitsglocken... Die sind doch verrückt! Es würde nicht ein Jahr mit ihm als Ehemann brauchen, bis ich mich in eine Anstalt einweisen lassen kann.
„Wer?", frage ich und bemühe mich um einen unschuldigen Blick.

Jimin, der hinter Levi sitzt, lehnt sich vor und sieht mich aus zusammengezogenen Brauen an.
„Wer denn wohl? Ihr seid in aller Munde.", sagt er mit der entspanntesten Stimme auf dieser Welt. Ich glaube nicht, dass ich ihn jemals anders, als ruhig miterleben werde.

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