21|Assistenten sind nicht gleich gute Chauffeure

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M I R A

Papierkram ist kein Witz. Das fühlt sich an, als hätte die Welt mir all ihre Probleme aufgelistet und ich muss nun alles sortieren und regeln. Auch noch ganz alleine.
Ich bin erst seit einer Woche in diesem Beruf! Ich verstehe überhaupt nicht was genau ich hier denn eigentlich mache, während ich es noch tue!

Das Telefon klingelt ununterbrochen und ich muss drangehen, weil es sonst niemand anderes tut und ich habe bereits all die Unterlagen auf meinem Tisch vertauscht und muss sie wieder irgendwie in die richtigen Mappen bekommen, wenn ich denn die Zeit dazu finde.
Und das alles ohne überhaupt einen Kaffee getrunken zu haben.
Es ist jetzt schon zwölf Uhr und ich hetze in meinem Büro auf und ab, suche die Regale nach dem Ordner mit der Kundennummer bei der Bank ab, weil ich es brauche, um die anstehenden Überweisungen tätigen zu können.

Gerade als ich einen Ordner zurücklege und nach dem daneben greife, klingt das Telefon wieder.
„Leck mich!", fluche ich und schlage den Ordner zurück, um schnell zum Telefon zu gelangen. Bevor ich abhebe räuspere ich mich und setze mich an den Schreibtisch.
„Einen schönen Hallo-", rutscht es mir raus und ich beiße mir sofort auf die Lippe,„Ich meine einen schönen Tag. Entschuldigung."
Die Frau am anderen Ende der Leitung lacht.

„Ihnen auch ein schönes Hallo. Ich rufe von der Schneiderei Teichert an. Wir hatten bereits am Freitag via Mails geschrieben.", sagt sie und ich setze mich sofort aufrecht hin, was dumm ist, denn sie ist gar nicht hier im Raum und sieht mich nicht.
„Natürlich! Hallo Frau Teichert. Ich muss Sie einen Moment warten lassen, dann setze ich Sie sofort mit Herrn Sezin in Verbindung.", plappere ich und nachdem sie es bejaht, halte ich die Leitung und wähle die kurze Nummer zu Herr Sezins Büro.

Während ich anrufe, sehe ich ihn durch das Fenster an und warte darauf, dass er endlich abhebt. Sein konzentrierter Blick geht nur langsam vom Computer zum Telefon, das er in die Hand nimmt.
„Ja?"
„Frau Teichert ruft an. Soll ich sie durchleiten?", frage ich und er sieht flüchtig zu mir. Wartend runzle ich die Stirn.
„Ja."
Damit legt er auf und widmet sich wieder den Unterlagen auf seinem Tisch und seinem Computer. Er hat einfach aufgelegt! Wie unhöflich!

„Ich leite Sie nun weiter, Frau Teichert.", sage ich, als ich die andere Nummer wieder anklicke und die Taste drücke, wie Deon es mir gezeigt hat. Ich warte noch einen Moment mit dem Hörer am Ohr und schaue zu Herrn Sezin herüber, um zu sehen, ob ich es auch richtig gemacht habe. Er nimmt den Hörer wieder in die Hand und ich lasse mich seufzend nach hinten fallen.
Dieser Job ist echt nicht einfach.

D E M I R

Kurz klopfe ich an und trete schon in Frau Acars Büro, bevor sie antworten kann, denn ich habe schon durch das Fenster gesehen, dass sie gerade empfänglich ist.
Auf ihrem Tisch sind ein Haufen Zettel verteilt und sie schaut überfordert auf.

„Packen Sie zusammen. Wir fahren nach Duisburg.", teile ich mit und sofort wechselt ihr Gesichtsausdruck zu purer Verwirrung.
„Wieso das denn?", fragt sie und legt die Zettel in ihren Händen auf den Tisch.
„Ich habe mit Frau Teichert gesprochen-"
„Das weiß ich. Ich habe ja das Telefonat durchgeleitet.", unterbricht sie mich, dass ich den Kiefer anspanne.

Wieso ist sie so wie sie ist?

„Wenn Sie mich mal ausreden lassen!", keife ich und räuspere mich, um eine monotone Tonlage wiederzufinden,„Wir haben eine Vereinbarung getroffen. Sie müssen knapp sechs Ihrer Freunde dorthin bringen. Einige der Schneider dort werden mit, von uns bezahlten, Überstunden helfen und wir fahren hin, um alles im Auge zu behalten. Ich will nichts mehr dem Schicksal überlassen und weitere Rückschläge erleiden."
Das macht mir wieder Hoffnung, die ich das Wochenende über kaum noch hatte.
Frau Teichert kennt uns schon seit Jahren und wir sind gute Geschäftspartner, deshalb hat sie es in die Wege geleitet, dass wir genug Hilfe kriegen, um dieses Desaster noch zu retten.
Wenn wir schnell sind, könnten wir es schaffen und es wäre keine unvergessliche Blamage, die man immer mit unserer Marke in Verbindung bringen wird.

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