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Nervös strich ich mir über meine Kleidung, bevor ich nach einer Scheibe Toast griff. »Ich weiß ja, wie sehr du sie alle magst, aber ich halte es nicht fürs gute, dich in diesen Gang Angelegenheiten einzumischen.«, frustriert glitt der Blick meiner Mutter, über mich.

»Mom, ich weiß deine Besorgnis zu schätzen.«, begann ich und strich mir, eine Strähne hinter meinem Ohr. »Und das ich dir nicht eher etwas gesagt habe, tut mir leid. Aber diese Gang, Mikey, Ema, all die anderen. Sie werden mir nichts tun, hier zu sein, ist das größte Geschenk, dass du mir geben konntest.«

Ich zog meine Beine an mich und schlang meine Arme um diese. »Sie sind wie Familie und würden mir kein Haar krümmen, dass weißt selbst du. Ich werde auf mich aufpassen und so gut es geht, aus den Angelegenheiten der Gangs raushalten.«, versprach ich, während sich ein zuversichtliches Lächeln auf meinen Lippen ausbreitete.

Ihre Angst war berechtigt, denn ich war ihre einzige Tochter, die sie liebte. Dass ich verprügelt wurde, machte das alles umso schlimmer. »Okay.«, gab sie nach. »Ich werde aber vorher noch mit Manjiro sprechen!«

Seufzend nickte ich, da es nichts brachte, wenn ich widersprach. Meine Mutter wusste was sie tat und war definitiv nicht dumm. »Er wird nachher da sein, um mich abzuholen. So lange bin ich im Zimmer.«, gab ich meiner Mutter Bescheid, die zustimmend nickte.

Ein sanfter Luftzug kam mir entgegen, als ich die Tür, zu meinem Zimmer öffnete und hineintrat. Das kahle Zimmer wirkte auf den ersten Anblick erdrückend, doch ich gewöhnte es mir ab, mein Zimmer gemütlich zu gestalten. Vielleicht lag es einfach an meiner Angst, dass, wenn ich mir etwas nettes anschaffte, es jemand zunichte machte.

Das einzige, dass mein Zimmer gemütlich machte, waren die Bilder an meiner Wand, die ich ohne bedenken dahin hängen konnte. Wenn ich dann auf mein Bett lag, konnte ich sie mir ansehen und in Gedanken schwelgen.

Ich hob mein Shirt, während ich in den Spiegel sah. Meine Lippen presste ich aufeinander, derweil ich versuchte, meine Tränen zurück zu halten. Mein angeekeltes Gesicht brennt sich in meinen Kopf, genauso, wie meine Hände über das Verband fuhren und sanft zudrückten, um die Schmerzen zu testen.

Hinter diesem Verband verborgte sich eine Menge von Dingen, die ich verabscheute.  Dinge, die mir angetan wurden und ich zu hassen begann.

Der Körper, der eins mir gehörte, war nicht mehr das, was es einmal war. Ich war mir fremd geworden.

Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich da stand und mein Bild im Spiegel ansah. Aber es musste so lange gewesen sein, dass es Zeit war. Ein sanftes klopfen beförderte mich zurück in die reale Welt, in der ich nicht ertrunken war, umgeben von grässlichen Gedanken.

»Ja?«, mein Shirt zog ich herunter und schnappte mir eine Strickjacke, die ich mir überzog, da sich Gänsehaut auf meinen Körper legte. »Ich bin's.«, sein blonder Schopf lugte hinter der Tür hervor und ließ mich lächeln. »Ich ziehe mir nur schnell meine Jacke an.«

»Deine Mutter hat mich gerade belehrt.«, murmelte er und lachte. Seufzend griff ich nach meiner Jacke und wandte mich ihn zu. »Sie wollte mich erst nicht gehen lassen. Was hat sie dich gefragt und wie hast du geantwortet?«

Sein breites grinsen, ließ mich unsicher hinter meine Tür blicken. »Ich habe wahrheitsgemäß geantwortet und wie du siehst, stehe ich hier vor dir, lebendig und mit einem Lächeln.«

Ich habe nicht an ihn gezweifelt und doch hatte ich Bange davor, was meine Mutter tat. Sie war gruselig, wenn sie ernst war. »Ich bin verletzt, aber noch lange nicht blöd.«

Mit vorsichtigen Schritten näherte er sich mir. Still blieb ich stehen und beobachtete seine nächsten Schritte. Unbemerkt hielt ich den Atem an, als er nahe vor mir stand und nun mein Gesicht, mit seinen warmen Händen umfasste. »Sollte das nur ein Traum sein, dann lasse ihn bitte nie enden.«, hauchte er.

»Das ist aber kein Traum.«, ich kniff ihm in die Seite und schmunzelte. »Lass es dennoch nie wieder enden.«, er zuckte zusammen. »Ja.«, stimmte ich zu und schloss meine Jacke.

»Lass uns gehen, die anderen warten.«, meinte er und ließ von mir ab, um sich von mir abzuwenden. Ich zögerte nicht und lief ihm, wie ein Enten Kind, hinterher. Meiner Mutter wank ich zu, die mir noch hinterher rief, dass ich auf mich aufpassen sollte und Mikey würde sie Persönlich in die Hölle begleiten, sollte er sein Versprechen nicht halten.

Selbst mir machte es Angst, wenn meine Mutter solche Dinge von sich gab und auch tot ernst dabei aussah. Man wusste nie, ob sie es ernst meinte oder es ein Witz gewesen war.

Mit einem kräftigen Atemzug genoss ich die Kälte, die mich mit einem Windzug empfing. Es tat gut, die Wärme in meinen Wangen, mit der Kälte zu kühlen. Es war ungewöhnlich, wie das Blut in meinen Wangen schoss und mir mal wieder bewies, dass ich zurück war.

Lange hatte ich dieses Gefühl nicht mehr, das meinen Körper leben ließ. Das mein Herz zum höher schlagen brachte und ich das Gefühl hatte, wieder ich zu sein. Die, die ich einmal war. Doch das Gefühl erlosch, weil ich schmerzlichst daran erinnert wurde, was man mir antat, was aus mir geworden war und wie ich anfing, mich an diesem Alltag zu gewöhnen.

Nie wieder würde es einmal so werden, wie es einmal war. Nie wieder werde ich denken können, dass es nur positives im Leben gab. Ich würde als depressives Wrack eingestuft werden, wenn jemand erfahren würde, was in meinem Kopf durchging.

Ich wusste, etwas musste sich ändern.

Ich musste mich ändern, denn ich war nicht mehr in meiner persönlichen Hölle. »Das ist toll!«, rief ich gegen den Wind und lachte herzlich auf, während meine Hände an den Hüften des Jungen lagen, den ich nach allem noch immer liebte.

𝐓𝐡𝐞 𝐬𝐡𝐢𝐧𝐞 𝐢𝐧 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐞𝐲𝐞𝐬Место, где живут истории. Откройте их для себя