15|| Narben, Narben

1.3K 47 7
                                    


Ich atme hektisch und kralle mich an meinem Oberteil. Mein Herz rast, wie ein Presslufthammer und Schweiz rinnt meine Stirn hinab. Ich bin Schweiß gebadet und meine Decke von meinem Bett gerutscht. Ich reiße mir mein Shirt vom Leib und Taste mich ab. Ich gucke nach Hämatomen, nach neuen Verletzungen. Aber ich finde nichts, außer die Narben, die Jahre her sind. Die Narben, die mich daran erinnern, was passiert ist. Und dank Mikey habe ich gelernt, die Narben zu akzeptieren, weil er mich mit den Narben liebt.

Ich greife nach meinem Telefon und stelle schockierend fest, dass es bereits nach 10 Uhr ist. Voller Hektik wähle ich die Nummer der Schule und melde mich ab, wohlwissend, dass ich längst zu spät damit komme und dennoch eine Ausrede parat habe. Mein Herz rast immer noch. Ich lege mich zurück und starre an die Decke. Die Angst packt mich erneut und bei jedem Geräusch, dass erklingt zucke ich zusammen. Ich isoliere mich ein, weil ich Angst habe.

Angst, dass Ryu herkommt und sich alles wiederholt.
Angst, dass ich neue Narben bekomme.
Angst, dass ich mich nicht traue mein Mund zu öffnen.
Ich habe gelernt, in den letzten Jahren, mit der Angst umzugehen, doch jetzt übermannt mich alles. Ich habe gedacht ich sei ihm los. Und ganz plötzlich steht er im Wohnzimmer und sieht mich mit diesem süffisanten grinsen an.

Ich höre die Klingel und spanne mich an. Mit wackligen Beinen, tapse ich die Stufen herunter und achte dabei keine Geräusche zu machen. Erneut klingelt es und lässt mich zusammenzucken. Ich atme - viel zu schnell. Mein Herz rast - viel zu schnell. Mein Körper zittert - viel zu doll. Erneut klingelt es und jemand hämmert gegen die Tür, dass ich in meiner Bewegung inne halte. Ist er das?

„Beruhig dich!", brüllt jemand von draußen und dieser Stimme ordne ich Kenny zu. Erleichterung durchfährt mich und ich stürze zur Tür. „Bin ich froh.", krächze ich, als ich die Tür aufgestoßen habe und in die Gesichter meiner Freunde blicke. Dicke Tränen bilden sich in meinen Augen. „Und ich erst, Mikey hätte beinahe die Tür eingetreten.", Kenny schüttelt seufzend den Kopf und betritt das Haus, während Mikey mich sofort in seinen Armen schließt.

„Du hattest Angst um die Tür?", frage ich belustigt. „Ich auch!", ertönt eine weitere Stimme. „Kei!", rufe ich laut, wie ein kleines Kind. Mikey murrt. „Ich mache mir Sorgen um dich und du freust dich mehr um Kei, als um mich?", er öffnet empört sein Mund, ehe er mich ins Wohnzimmer zieht. „Hey! Ich will ihm auch hallo sagen.", beschwere ich mich bei Mikey, der mich in seinen Armen gefangen hält. „Hast du überhaupt geschlafen? Oder gegessen?"

Sofort werde ich still und höre auf mich zu wehren, denn ich habe weder etwas gegessen noch habe ich viel Schlaf abbekommen. „Nicht wirklich.", ich lächle und versuche meine Müdigkeit nicht all zu offensichtlich anzudeuten. Aber so wie ich die Jungs kenne, werden sie sich trotzdem sorgen. Ich lehne mich also zurück und frage mich, ob das schon alles war, oder noch mehr kommt? Ist Ryu nur hierhergezogen, um mir Angst einzujagen?

„Ich hab's versucht, aber das wissen, dass Ryu hier ist, macht mich fertig.", ich seufze laut und lege mir eine Haarsträhne zurück. Zum ersten Mal heute, kann ich mich entspannen. Die Jungs geben mir das Gefühl in Sicherheit zu sein. „Und dann habe ich noch ganz vergessen, dass heute Schule ist.", ich lasse zu, dass Mikey's Griff um mich stärker wird. Ich starre den Platz an, auf dem Ryu gestern saß und plötzlich kommt es mir so vor, als ob er gerade da sitzt.

Dass er da sitzt und mich mit süffisantem Grinsen anschaut, während ihm etliche Szenarien durch den Kopf gehen. Szenarien in denen er mich verletzt und Spaß daran hat. Erneut wird mir schlecht und mein Körper beginnt zu zittern. „Sagt.. wieso seid ihr hier?", Wechsel ich wohl bewusst das Thema. „Du warst nicht in der Schule, deswegen hat mich Kiri angeschrieben.", erklärt Mikey.

„Du sollst ihn doch nicht so nennen.", ich verdrehe meine Augen und lächle. „Ich nenne ihn so, wie ich will.", erwidert er trotzig. Ich seufze und belasse es dabei, denn ich habe keine Energie für sowas. Mikey bettet mein Kopf auf seiner Brust und streicht mit seiner Hand mein Haar entlang. Er will, dass ich zur Ruhe komme. Er weiß, dass in mir ein unruhiger Sturm tobt.

Ich gähne, als plötzlich mein Handy klingelt und mich augenblicklich versteifen lässt. Ich setze mich auf und hole mein Handy aus der Tasche meiner Schlafhose. Mit zitternden Händen gehe ich ans Telefon. »Ja?« »Hast du mich vermisst?«, schallendes Gelächter erklingt und Tränen bilden sich in meine Augen, während ich gepresst zu atmen beginne. »W-Was willst du?« »Dich sehen.«, seine Stimme hinterlässt eine Gänsehaut.

»Dich leiden sehen.«, meine Augen sind geweitet und ich starre den schwarzen Bildschirm, des Fernsehers an. Er lacht. Eklig und voller Freude daran mich fertig zu machen. Mich leiden zu sehen. »Ich schätze, Sie haben sich verwählt.«, murmle ich und lege auf. Ich schalte mein Handy aus. »Wer war das?«, Mikey's Griff um meinen Hüften wird stärker. Ich lächle. »Jemand der sich verwählt hat.«

»Ryu, der sich zufällig verwählt hat.«, sagt Mikey zähneknirschend. »Warum fragst du, wenn du es bereits weißt?«, ich blicke über meine Schultern zu ihm. »Sollte er es sich wagen dich auch nur einen Meter näher zu kommen, sagst du uns Bescheid und er ist erledigt.«, ich nicke, denn wenn ich widerspreche, werden am Ende die anderen sowieso gewinnen - ich bin pessimistisch geworden...

𝐓𝐡𝐞 𝐬𝐡𝐢𝐧𝐞 𝐢𝐧 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐞𝐲𝐞𝐬Onde as histórias ganham vida. Descobre agora