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Wie ein Engel, der vom Himmel fiel, stand sie vor mir. Ihre blasse Haut, glich dem Schnee im Mondschein.

Mit meinen Fingern hielt ich ein Zipfel ihrer Jacke, während ich sie anstarrte. Mein Herz pochte rasend gegen meine Rippen, derweil ich meinen Blick fallen ließ. Sie sah verletzt aus, weswegen ich mich fragte, was in unserer Abwesenheit mit ihr geschah?

Was musste sie ohne uns erleben, dass sie so fertig aussah? Sie hielt sich die Hand vor ihrem Bauch, viel mehr um sich die Rippen zu schützen. »Was ist passiert?«, fragte ich, doch es waren noch viel mehr Fragen, die ich hatte.

Sie brannten auf meiner Zunge und bettelten geradezu nach Antworten. Meine Arme kribbelten, weil ich sie abermals in meine Arme schließen wollte. »Halb so wild.«, belachte sie meine Frage, aber man sah, dass sie etwas bedrückte.

Ihr Lachen klang mal echt und lebendig, doch nun war es gezwungen, als wollte sie, dass wir dachten, dass es ihr gut ging. Sie nach vier ganzen Jahren wieder zu sehen, war wie Balsam für meine Seele und doch schmerzte es, denn sie hatte sich verändert. Viel zu sehr, dass ich dachte, jemand anderes Stünde vor mir.

»So siehst du aber nicht aus.«, erhob ich meine Stimme und sie verzog ihr Gesicht. »Bitte, wenigstens ihr.«, flehend schimmerten ihre Augen. »Macht wenigstens ihr euch keine Sorgen, denn meine Mutter macht sich allein schon zu viele Sorgen.«

Sie seufzte und legte ihre weniger kaputte Hand, auf meiner. Ein kribbeln durchschoß mich, während ich ihr in die Augen starrte, die mich geradezu anflehten. »Ich möchte alles vergessen und einfach froh sein, wieder zurückgekehrt zu sein.«

Ein warmes, einladendes Lächeln zierte ihre kirschroten Lippen, doch ich war zu sehr damit beschäftigt, mir Gedanken zu machen. »Erzähl mir, was passiert ist.«, beharrte ich und bekam von Kenny einen leichten Schlag.

Aber wir wussten beide, dass wir es nicht auf nichts beruhen lassen würden. Sie war ein Teil von uns, unser fehlendes Puzzleteil. »Mikey.«, es klang wie Musik in meinen Ohren, als ich ihre sanfte Stimme horchte. »Antworte mir.«

»Bedräng sie nicht.«, forderte Kenny mich auf, doch ich ignorierte ihn. »Es war nur eine kleine Rauferei mit Klassenkameraden, mehr nicht.«

»Du wurdest verprügelt. Was daran ist normal und klein?«, ich umgriff ihre Hand, während sie kaum merklich zusammenzuckte und es einen Stich in meinem Herzen versetzte. Hatte sie Angst vor mir? »So habe ich mir unser Wiedersehen nicht vorgestellt.«

Verletzt trat sie ein Schritt zurück. »Nicht.«, flehe ich, aus Angst, sie wieder verlieren zu müssen. »Geh nicht, bitte.«

Man sah, wie sie mit sich selbst zweifelte, ehe sie, zu schnell um es zu realisieren, in meine Arme kam. Ihr Körper zitterte, aber schmiegte sich an mich, als suche sie halt. »Ich will nicht mehr zurück.«

Mein Herz sank in sich zusammen, als es ihre schluchzende Worte hörten. Ich legte meine rechte Hand auf ihren Hinterkopf, während ich sie mit der anderen Hand hielt. Mein Blick fällt zu Kenny, als ich uns leicht drehte.

Unsere Blicke sprachen mehr als tausend Worte. Wir wussten, dass etwas dort geschehen war, wofür sie noch nicht bereit war, es uns zu erzählen. Aber sie würde es uns erzählen, wenn es soweit war und wir wussten nicht, ob wir damit klar kämen.

Wir hatten einiges erlebt, doch wenn es um jemand von uns ging, kannten wir keine Gnade. »Oh man, ich bin ja eine richtige heulsuse.«, ihr Lachen erklang, während sie meinen Griff lockerte. Ihre Augen schauten in die meine und urplötzlich stand die Welt erneut still.

»Ihr seid doch sicher solche Gentlemans und bringt mich nach Hause?«, sie grinste frech über ihre Lippen. »Da fragst du noch?«, Kenny schnipste gegen ihre Stirn, während ich sie noch immer hielt und sie nicht los lassen wollte. »Wie geht es den anderen?«

Ich runzelte meine Stirn, als sie von mir abließ und Kenny ansah. »Den Idioten geht es bestens und Ema ist auch okay.«

Diese Bekanntheit mit ihr, tat mir seit langem mal wieder gut. Es war, als würde sie mir die Last von den Schultern nehmen, jetzt, wo ich nun wusste, dass sie lebte und es ihr einigermaßen gut ging.

Alles würde dennoch anders werden, denn wir waren längst keine Kinder mehr. »Wir haben sogar neue Freunde kennengelernt.«, fügte Kenny hinzu und sah auf sie herab. »Der eine ist sogar recht besonders.«, dabei fiel sein Blick auf mich, weswegen ich zustimmend nickte und zu ihr sah. »Oh.«, murmelte sie.

»Ich will sie kennenlernen.«, plötzlich griff sie nach meiner Hand und belächelte mich. Ich kniff mich, denn ich war mir sicher, dies wäre nur ein Traum gewesen. Es war surreal, dass sie neben mir herlief und meine Hand hielt, wie in alten Zeiten. Als wäre sie nie weggewesen. Als wären die vier Jahre nie ohne sie gewesen, dass es nur Einbildung war.

»Wirst du.«, versprach ich und erwiderte den Händedruck. Diese bekannte Wärme, ließ mein Herz erneut höher schlagen. »Schon morgen.«, warf ich ein und sie hob überrascht ihre brauen. »Morgen?«

Kenny starrte zu mir rüber, nicht sicher ob es gut war, sie morgen mitzunehmen. »Ich hole dich ab, die anderen werden auch da sein.«, voller Vorfreude grinste ich und war imstande sie erneut zu umarmen, doch ich rief mir selbst zu, dass es nicht anständig wäre.

»Wieso bist du eigentlich wieder hier?«, fragte Kenny, weshalb ich neugierig in ihre Richtung sah. Ihr Blick blieb strikt nach vorne gerichtet, ehe sie ihren Mund öffnete. »Meine Eltern lassen sich scheiden, ich war einer der Gründe.«

Sie seufzte. Der Schnee bedeckte all das Land, auf dem wir uns befanden und glitzerte im Licht der Laternen. Einige Flocken verfingen sich in unseren Haaren und schmolzen dahin.

»Meine Verletzungen ... Mom-«, sie hielt die Luft an und stieß sie wieder aus. »Mom hatte nicht bemerkt, dass ich oft verletzt war, weil sie viel arbeitete und mein Vater hatte es stets ignoriert.«

Mit einem Mal, verkrampfte sich mein gesamter Körper. Oft verletzt war? Wie konnte ihr eigener Vater so vernachlässigend werden? Wie konnte es passieren, dass jemand mein Mädchen so dermaßen strangulierte? Was war so scheiße, dass es einen Grund hatte, sie zu verprügeln?

𝐓𝐡𝐞 𝐬𝐡𝐢𝐧𝐞 𝐢𝐧 𝐲𝐨𝐮𝐫 𝐞𝐲𝐞𝐬Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon