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Kann mein Kopf nur für einen Moment leise sein? Nur ein paar Minuten? Ich möchte doch nur ein bisschen Stille. Manchmal wünschte ich mir, ich würde gar nichts denken. Oft glaube ich es, leer zu sein fühlt sich besser an, als diese niemals aufhörenden Stimmen in seinem Kopf zu haben. Nur noch ein bisschen Stille bitte. Nur noch ein bisschen.

Schuldgefühle sind eine, der schlimmsten, die man haben kann und ich hasse sie. Ich weiß, ich muss von den Jungs weg. Ich weiß, ich muss sie verlassen und nie wieder zurückkommen. Erst dann wird es ihnen gut gehen. Erst dann werden sie nicht verletzt. Was, wenn ihnen wieder was passiert? Nur meinetwegen?

Das soll aufhören. Sie sind mir zu viel Wert, dass ich ihnen weh tun möchte. Ich möchte ihr Leben nicht zerstören. Ich möchte Minhos Leben nicht zerstören. Er hätte sterben können. Nur meinetwegen. Trotzdem liegt er direkt neben mir. Ganz nah. Seine Arme, um meinen Körper geschlungen. Sein Atem auf meiner Haut. Es fühlte sich so gut an und tat gleichzeitig so weh.

Ich musste gehen. Ich durfte ihm nicht mehr Probleme machen. Er hatte jemand besseres verdient. Jemand, der ihn nicht in Gefahr bringt. Jemand, mit dem er sicher ist. Jemand, der nicht so ist wie ich. Der Moment wo Chan den Deal mit JYP einging, war ich so verwirrt. Ich hatte doch gesagt, ich würde gehen. Ich hatte doch gesagt, dass es egal war, doch in diesem Moment bekam ich kein Wort mehr aus meinem Mund. Mein Hals fühlte sich so trocken an. Meine Lunge war wie zugeschnürt.

Minho sah mich geschockt an, doch er schien es nicht zu verstehen. Er schien nicht zu verstehen, was ich meinte, dass ich es ernst meinte. Sie führten mich raus, aus dem Gebäude, was sich herausstellte, ein verlassenes Haus im Wald gewesen war.

Es war schon dunkel draußen. Einzelne Sterne leuchteten am Himmel. Nachdem ich sie gefragt hatte, wie sie mich fanden und wie Minho und Felix sich befreien konnten, erklärten sie mir alles. Wie sie uns in der Lobby sahen und ihnen hinterherfuhren. Wie Minho es geschafft hatte, mit der Hilfe von Chan die Fesseln zu lösen und die Wachen auszuschalten.

Es schilderte mir noch mal genau, wie dolle sie sich in Gefahr für mich brachten. Ich wollte das nicht. Ich hatte nie danach gefragt, doch sie taten es trotzdem. Als wäre es selbstverständlich. Sowas hatte ich noch nie. Ich wollte es nicht verlieren, doch ich musste loslassen, damit sie es nicht nochmal tun konnten.

Wir fuhren zurück in ihre Wohnung. Getrocknetes Blut auf meinen Lippen, der Geschmack auf meiner Zunge. Tränen auf meinen Wangen und rote, angeschwollene Augen. Trotzdem sah mich Minho lächelnd an, als wäre etwas an mir Wert angesehen zu werden.

Vorsichtig hielt er meine Hand in seiner und zog mich ins Bad. Erst dann im hellen Licht sah ich seine glasigen Augen. Mit warmen Wasser durchnässte er ein Handtuch und wusch mein Gesicht sauber. Alle Spuren von davor wischte er einfach weg. So vorsichtig, als könnte ich jederzeit zerbrechen. Es tat so weh.

Ich wollte es nicht verlieren. Nicht ihn. Danach ließ er Wasser in die Badewanne und half mir hinein. Vorsicht wusch er meine Haare und wischte all den Dreck und den Staub weg, der auf meiner Haut war. Wie sehr ich mir wünschte, man könnte die Erinnerung genauso wegwaschen.

Das Bild von der Leiche ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Egal wie sehr ich versuchte an was anderes zu denken. Es verschwand nicht und es ließ mich durchdrehen.

Das Wasser war angenehm warm und in seiner Nähe fühlte ich mich so geborgen. So sicher. Warum nur verdiente ich all dies nicht? Warum durfte ich nicht glücklich sein, ohne anderen zu Schaden? Vielleicht war dies schon immer meine Bestimmung. Allein zu sein. Für immer, um niemandem schaden zu können.

Wir redeten kein Wort und ich ließ ihn einfach machen. Ich bewegte mich nicht und ich genoss es. Dieses Gefühl, was ich in seiner Nähe habe. Wie sehr ich es den letzten Monat vermisst habe. Wie sehr ich ihn vermisst habe und bald muss ich mich wieder verabschieden und diesmal wirklich zum letzten Mal. Nur noch ein bisschen wollte ich die Zeit mit ihm genießen. Nur noch ein bisschen ist das zu viel verlangt?

Nachdem er mich fertig gewaschen hatte, half er mir aus der Wanne und legte ein Handtuch um meinen Körper. Er führte mich in seine Zimmer und gab mir seine Sachen. Ein breites Lächeln war auf seinen Lippen. Wie sehr ich dieses vermissen werde. Nachdem er gegangen war, zog ich mich in seine Sachen um und setzte ich mich auf sein Bett. Nach paar Minuten kam er wieder mit nassen Haaren. Auch er zog sich um und kam dann auf mich zu.

Vorsichtig legte er mich hin und legte die Decke um meinen Körper. Danach kroch er auch unter die Decke. Seine Arme legten sich um meine Hüfte und zogen mich so nah an ihn. Mein Kopf war an seiner Brust und ich konnte seinen Herzschlag hören. Er war so aufgeregt.

„Ich hab gedacht, Vampire müssen nicht schlafen." Es war das Erste, was ich sagte, seitdem wir wieder zurück kamen. Er lachte leise. Ich konnte sein Gesicht nicht sehen, doch ich wusste, er musste grinsen. „Wir müssen nicht, aber manchmal ist es echt beruhigend." Es war kurz still, bis er weiter redete. Meine Augen wurde glasig.

„Nach allem, was du durchgemacht hast, habe ich gedacht, du möchtest ein bisschen schlafen. Aber wenn du nicht möchtest..." Vorsichtig drückte er mich wieder von sich weg, um mein Gesicht zu sehen, doch ich unterbrach ihn und kuschelte mich wieder an ihn. „Nein, schon okay." Wieder lachte er und drückte mich fester an ihn.

Ich wollte nicht, dass er sah, dass meine Augen wässrig waren. Ich wollte es nur noch diesen Abend mit ihm verbringen. Nur noch einmal mit ihm zusammen sein. Er küsste meinen Haaransatz und ich konnte die Träne, die langsam meine Wange hinunterlief nicht zurückhalten. Alles in mir war dagegen, ihn zu verlieren. Alles in mir sehnte sich nach seinen Berührungen, seiner Stimme, seinen wunderschönen braunen Augen, welche mir soviel Geborgenheit gaben.

Trotzdem wusste ich, dass ich es nicht verdient hatte, dass er mit mir niemals Frieden und Glück finden wird. Er war mein Licht im Dunkeln, doch für ihn bin ich nur die Dunkelheit, die ihn verschluckte. Eine Träne nach der anderen kam und ich konnte es nicht kontrollieren. Es tat so doll weh. Es schmerzte so extrem.

Ich versuchte so leise zu sein wie ich konnte und drückte mein Gesicht in seine Brust. Auf keinen Fall sollte er es mitbekommen, doch mein Schluchzen konnte man nicht überhören. „Minji?" Er rückte ein bisschen von mir weg und hielt mein Gesicht in seinen Händen. Mit seinem Daumen fuhr er über meine Wange und wischte die Tränen weg.

Mein Blick war nach unten gerichtet. Ich wusste, dass wenn ich ihn ansehen würde, dass ich nicht mehr aufhören könnte zu weinen, doch er hob mein Kinn. „Schau mich an." Besorgt und leise war seine Stimme und ich sah ihn seine braunen Augen. Die nächsten Tränen kamen, als er mich mit so warmen und besorgten Augen ansah.

Sofort weiteten sich seine Augen und er drückte mich wieder fest an ihn. „Du bist jetzt sicher. Es ist alles wieder gut. Ich werde dich nicht noch einmal verlassen und glaub mir, ich werde niemanden dir je wieder was antun lassen." Er verstand es nicht und diese Worte ließen mein Herz in tausend Teile zerbrechen.

Wenn er wüsste, was ich ihm morgen sagen würde. Wie viel Schmerzen ich ihm geben werde. Es tat mir so leid, doch es war der einzige Weg wo ich mir sicher sein konnte, dass er sicher war, dass er glücklich werden konnte, dies jedoch nicht mit mir. Ich hätte von Anfang an niemals glauben sollen, dass ich ihn verdiene, dass ich die Richtige für ihn sein werde.

Von Anfang an lag ich falsch. Ich wollte es ihm noch einmal sagen und ich wusste wie egoistisch es war, aber er soll wissen, dass es stimmte, dass es die ganze Zeit so war. „Ich liebe dich, Minho."
„Ich dich auch Minji."

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„I can't imagine a world without him, because every time I look at him, I see the world in his eyes."

Dancing in Nightmares | Minho Vampire ffWhere stories live. Discover now