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Sanft prasselte der Regen gegen das Fenster, wodurch kleine Punkte entstanden. Von oben sah man nur die Regenschirme, von den vorbeigehenden Leuten und sah wie sich am Boden die Pfützen bildeten. Der Klang von den Regentropfen hatte eine entspannte Wirkung auf mich. Es war so ruhig, außer dem Regen hörte man nichts.

Früher hatte meine Mom, mir, immer wenn ich traurig war, erzählt, dass nicht mal der Himmel immer glücklich sein kann und die Sonne scheinen lässt. Auch er ist manchmal traurig und lässt es regnen. All seine Tränen fallen auf uns herab, doch der Regen hält nicht für immer an. Wir müssen deshalb auch nicht immer traurig sein, egal, wie hoffnungslos es scheint. Wir dürfen niemals aufgeben.

Vielleicht war dieser Gedanke der Grund, dass ich den Regen so mochte.  Jedes Mal ist es so, als könnte ich meinen Schmerz mit ihm teilen.

Ich saß vor dem offenen Fenster und schaute dem Regen immer noch zu, bis sich meine Tür öffnete. "Du hast doch nicht etwa vor zu springen." Minho riss mich aus meinem Bann und ich drehte mich zu ihm um. "Nein natürlich nicht. Ich schaue nur dem Regen zu."

Ich drehte mich um und sah wieder nach draußen." Ist dir nicht kalt." Mir war tatsächlich etwas kühl durch den immer wieder kommende Windzug. Noch bevor ich ihm antworten konnte, legte er eine Decke über mich und setzte sich dann mir gegenüber. Ich deckte mich zu und sofort wurde mir etwas wärmer.

Er sah auch aus dem Fenster und strahlte eine unerwartete Ruhe aus. Seine Atemzüge waren gleichmäßig und seine Augen hatten ein wunderschönes dunkelbraun. Auf mich wirkte er komplett gelassen. Er bewegte sich kein Stück, nur seine Haare flogen ab und zu durch den Windzug nach oben. Als er so bei mir saß, hatte ich nicht einen Funken Angst gespürt. Ich wurde nicht mal nervös oder bekam Panik. Ganz im Gegenteil, er gab mir das Gefühl von Sicherheit.

Bis zu dem Moment als er sich in meine Richtung umdrehte, hatte ich nicht gemerkt, wie sehr ich ihn angestarrt hatte. Sein Blick war undefinierbar für mich, jedoch strahlte er Wärme aus.

Ich schaute schnell wieder nach draußen und er lachte leise. Wir saßen dort für ungefähr eine halbe Stunde, bis Minho diese angenehme Stille unterbrach. "Wenn es heute Abend immer noch regnet, können wir nicht herausgehen." Ich sah ihn enttäuscht an. "Habt ihr keine Regenschirme?"
"Du willst da trotzdem raus?" Ich nickte ernst. "Ich habe es dir ja versprochen." "Danke, Minho".

Ich sprang vor Freude auf und ihm in die Arme. Er hatte es nicht erwartet, doch legte dann eine Hand auf meinen Rücken. Als ich realisierte, was ich grad tat, ließ ich ihn sofort los. "Sorry"
"Mich stört das nicht. Du warst diejenige, die nicht berührt werden wollte." Er grinste. Ich merkte wie meine Wangen leicht rot wurden und ich mied seinen Augenkontakt. "Ja. Tut mir leid."

Es vergingen ein paar Stunden und es wurde Zeit endlich herauszugehen.
"Komm endlich oder ich überlege es mir anders."
"Ja, bin ja da." Ich zog schnell meine Jacke über und lief zu Minho, der vor der Tür auf mich wartete." Wehe, ich bereue das." Sagte Minho nochmal ernst, bevor er die Tür öffnete. "Wirst du nicht."

Als wir raus aus der Wohnung gingen, kam mir die kalte Abendluft entgegen und ich atmete einmal tief ein. Der Regen nieselte immer noch aus dem Himmel herab. Wir nahmen den Aufzug nach unten und liefen dann zum Han River.

Er gab mir den zweiten Schirm und wir liefen nebeneinander entlang des Han Rivers. Das Wasser von den Regentropfen lief am Rand des Schirms herunter und man hörte es unterm Schirm wie sie auf ihn prasselten.

An uns kam eine etwas ältere Dame vorbei und er sah mich warnend an. Doch ich war still und genoss einfach es draußen zu sein und er entspannte sich ebenfalls wieder.

Wir liefen entlang des Han Rivers und alle Straßenlaternen, funkelten im Wasser. Ab und zu fuhr ein kleines Schiff an uns vorbei und man hörte die Wellen dann an der Mauer abprallen, genauso wie die Regentropfen, die alle ins Wasser prasselten. Keiner von uns redete, jedoch war es nicht diese unangenehme Stille, es war diese ruhige, gemütliche. Diese, die man mit nur wenigen Menschen in seinem Leben teilen konnte und ich genoss diesen Moment grade einfach nur.

Ich bemerkte, dass sein Blick auf mich gerichtet war und ich sah ihn ebenfalls an. In seinen Augen war so viel Wärme und Geborgenheit. Sie lösten ein Gefühl in mir aus, welches sich komisch, aber auch wunderschön anfühlte. Es ließ mein Herz schneller schlagen. Es ließ mich leicht nervös werden und es ließ mich nur an ihn denken.

Alles an ihm wirkte so perfekt. Wie das Licht der Straßenlaterne auf ihn fiel, seine rosa Lippen, seine perfekt liegenden Haare und seine dunkelbraunen, fast schwarzen Augen. Er war sehr attraktiv, das musste ich zugeben.

Ich merkte, wie ich leicht rot wurde und den Augenkontakt brach. Er lachte leise und lächelte dann. "Wir sollten zurückgehen. Sonst rastet Chan noch komplett aus." Meinte in einem sanften Ton. "Ja, da hast du wahrscheinlich recht."

-

"Minho wir müssen für unser Comeback trainieren, was sollen wir mit ihr machen. Wir können sie schlecht allein lassen, aber wir müssen alle zusammen üben." Sagte Han.

Nachdem ich und Minho heim gekommen waren, setzten wir uns auf das Sofa und machten uns einen Film rein und wenige Minuten setzte sich Han neben uns.

Minho dachte nach und ich schaute die beiden abwartend an. "Wir müssen sie mitnehmen."
"Sollen wir sie einfach so mit ins JYP Building mitnehmen? Die lassen sie doch gar nicht erst rein."
"Wir werden schon eine Lösung finden. Wir fragen Chan einfach später."

"Jungs? Ihr wisst schon, dass ich noch hier sitze, oder?" Sie ignorierten mich. "Trotzdem werden wir sie nicht hereinbekommen." Sagte Han. "Wir werden sehen." Die beiden schauten wieder auf den Fernseher und es trat wieder Stille ein.

Ein paar Minuten hielt diese Stille an bis ich sie brach. "Wie habt ihr euch eigentlich verwandelt?" Fragte ich nun interessiert. Minho blieb still. Han entgegen fing an sofort an zu erzählen. "Ich war zu dem Zeitpunkt 20 und wusste, dass alle außer mir, Felix und Jeongin jeder ein Vampir war. An dem Tag war ich mit Chan im Auto unterwegs und er fuhr. Plötzlich kam ein Auto aus einer Seitengasse und trotz Chans Reflexen konnte er nicht mehr ausweichen. Dadurch knallte das Auto gegen uns und unser Auto überschlug sich ein paar Mal und blieb dann auf dem Dach liegen. Chans Verletzungen heilten schnell, doch ich hatte eine Wunde an meinem Kopf und Glassplitter in meinem Körper. Eine steckte in meinem Hals und ich bekam immer schlechter Luft."

Er war kurz ruhig. "Chan wollte es nicht machen, doch ihm blieb keine andere Wahl, sonst wäre ich gestorben. Er gab mir sein Blut und noch bevor der Krankenwagen ankam, starb ich. Chan hatte mich in der Zwischenzeit aus dem Auto getragen und in eine leere Gasse gebracht. Ich wachte nach paar Minuten auf und meine Wunden fingen sofort an zu heilen. Chan fühlt sich seitdem unheimlich schuldig, weil er mich unfreiwillig zum Monster gemacht hatte. Doch ich bin ihm dankbar, dass er mich gerettet hatte."

Ungläubig, aber auch mitfühlend, sah ich ihn an. Ich könnte es mir gar nicht vorstellen, wie es ist, wenn man langsam stirbt. Aber ich wollte es auch gar nicht. "Oh, das tut mir leid."
"Na ja. Lebe ja jetzt wieder." Er lachte. Ich sah zu Minho, dem es anscheinend immer noch unangenehm war, darüber zu reden. Han bemerkte es ebenfalls und wir ließen ihn in Ruhe.

Etwas später kam Chan in den Raum und wollte an uns vorbei in die Küche, doch Han hielt ihn auf. "Chan wir müssen noch was klären. Du kannst ruhig schon ins Bett gehen, Minji."
"Der Film ist noch gar nicht zu Ende." Meckerte ich genervt. "Geh ins Bett. Du bist sowieso todmüde. Du bist eben beinahe neben mir eingeschlafen." Sagte Minho mit einer etwas tieferen Stimme als sonst. "Na gut."

Ich nickte, ging ins Bad, mich frisch machen und legte mich ins Bett. Ich konnte nicht aufhören, an Minho zu denken. Alles an ihm machte mich verrückt, jedoch war es wie eine Droge. Eine so tödliche Droge.

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"Eyes don't lie"

Dancing in Nightmares | Minho Vampire ffWhere stories live. Discover now