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Ich schreckte aus meinem Schlaf auf. Warme Tränen auf meinen Wangen. Mein Kopf dröhnte. Minho hielt mein Gesicht in seinen beiden Händen und untersuchte mich. Seine Augen besorgt, ängstlich, verwirrt und das nur meinetwegen.

Ich hatte schon wieder vom Umfall geträumt und Minho hatte mich geweckt, als er mich schreien hörte. „Was ist los?" Seine Stimme klang so sanft, doch mir kam ein Geruch von Blut entgegen. Mir war sofort klar, dass er grad erst was getrunken haben muss, um die Kontrolle in meiner Nähe beherrschen zu können.

Ich war erschöpft, obwohl ich mindestens fünf Stunden geschlafen haben muss, da es mittlerweile dunkel draußen war. Mir war so warm und ich schwitze, weshalb ich die Decke wegschmiss. Minho beobachtete jede meiner Bewegungen und hielt mir seine Hand an die Stirn. „Du hast Fieber. Warte." Mein Atem war unregelmäßig und ich spürte meinen Puls.

Was war mit mir los? Die Gedanken an den Unfall kamen immer wieder zurück und ich konnte nichts dagegen machen. Immer wieder musste ich es durchleben und es war das Schrecklichste, was mir je passiert war. Jedes Mal werden die Schuldgefühle schlimmer. Ich wollte einfach nur weg hier. Warum sollte ich es verdienen zu leben, wenn ich daran Schuld bin, dass meine Eltern starben? Wäre es nicht das Beste, wenn ich einfach verschwinde?

Minho müsste sich nicht um mich sorgen, niemand hätte mich mehr zur Last, ich würde niemanden mehr verletzten. Es wäre vorbei. Minho unterbrach meine Gedanken, als er durch die Tür kam und sich wieder neben mich setzte.

Er drückt mich vorsichtig zurück ins Bett, sodass ich auf meinem Rücken lag und legte mir ein kaltes Handtuch auf meine Stirn. Sofort kühlte mein Kopf ab und meine Kopfschmerzen linderten sich. Sein Blick lag auf mir, mit soviel Wärme und Bewunderung in seinen Augen. Er war die erste Person, die mich je so angesehen hatte. Als wäre wirklich etwas an mir was Wert war, angesehen zu werden. Konnte ich ihn in dieser schrecklichen Welt zurücklassen?

Vorsichtig strich er mir eine Strähne aus dem Gesicht und ein roter Schimmer erschien auf seinen Wangen. Er war so besonders für mich. Ich konnte es nicht beschreiben. Alles an ihm war perfekt, was wollte er mit jemanden wie mir. Jemand so kaputtem. Nie hatte sich jemand die Mühe gemacht, die Scherben von mir aufzuheben und versucht, sie wieder an ihren richtigen Platz zu legen. Nie fühlte ich mich so wie in seiner Nähe. Es war unfassbar für mich, dass er noch nicht gelangweilt von mir war.

„Was war eben los? Hatte es mit der Panikattacke im Auto zu tun gehabt?" Noch nie zuvor erzählte ich jemandem, was genau passiert war und dass ich Schuld war. Solang schon trug ich diese Last mit mir herum und ich hatte Angst, dass er denkt ich wäre ein Mörder wenn ich es ihm erzählen würde. Er würde mich hassen. Ich konnte es ihm nicht erzählen. Nicht mal realisierend fingen an sich Tränen in meinen Augen zu bilden und er sah mich geschockt an.

Sofort nahm er mich in den Arm und strich mir über den Rücken. „Du musst nicht darüber reden. Ist okay. Sorry." Er atmete einmal schwer ein und hielt die Luft an. Ich fiel in seinen Armen zusammen und ließ mich auf ihn ein. Alles war so kaputt. Ich war so kaputt und ich konnte das nicht länger aushalten. Es machte mich fertig.

Er ließ mich nicht los, doch ich merkte wie sein Atmen unregelmäßiger wurde und sein Herz anfing schneller zu schlagen. Er hielt die Luft an. Er versuchte sich zu kontrollieren und es fiel ihm schwer. Es fühlte sich an, als würden tausend kleine Messer in mich einstechen, bis langsam alles schwarz wurde, die Bettwäsche sich mit meinem Blut rot färbte und ich langsam in meinem Bett verblutete, ohne eine Sicht auf Hilfe. Denn ich hatte es nicht verdient. Mir stand ein schmerzlicher Tod vor, dass wusste ich seit dem Tag als ich den Unfall überlebt hatte.

Ich drückte ihn weg und er sah mich verwirrt an. „Du musst mir nicht so nah kommen, wenn es dir weh tut. Wenn es so schwer für dich ist, die Kontrolle zu behalten, verstehe ich das." Ein Lächeln baute sich auf seinen rosafarbenen Lippen auf. „Mach dir keine Sorgen um mich, mir geht es g..." Sofort unterbrach ich ihn und sein Lächeln verschwand. „Bleib am besten fern von mir. Ich frage, ob Yuna auf mich aufpasst. Bitte. Ich will nicht, dass es dir meinetwegen schlecht geht. Und was, wenn JYP es heraus ..."

Ich stockte, meine Augen weiteten sich, mein Herz blieb stehen. Alles in mir ging auf Standby, mein Gehirn stoppte zu arbeiten und mein Körper handelte von selbst, als er seine so sanften Lippen auf meine setzte. Es war, als wären sie nur für meine gemacht wurden. Automatisch schloss ich meine Augen, als mein Bauch anfing zu kribbeln und eine Gänsehaut über meinem ganzen Körper lief. Wie sehr ich mir diesen Moment gewünscht hatte. Wie oft ich es mir vorgestellt hatte.

Ich war woanders, in diesem Moment. Es fühlte sich an wie eine Schneeflocke im Winter, beim Regen drinnen im Warmen zu sitzen und den einzelnen Regentropfen beim Fallen zuzusehen, die Sonne an einem perfekten Morgen beim Aufgehen zu beobachten, abends am klaren Himmel Sternschnuppen zu sehen und wie einen Roadtrip bei Sonnenuntergang. All diese perfekten und magische Momente in einem einzigen Kuss zusammen gesetzt und es war der beste, den ich je hatte. Auch wenn er schnell wieder wegzog, fühlte es sich an wie eine Ewigkeit.

Seine braunen Haare fielen ihm ins Gesicht, als er Luft schnappte und sich seine so warmen Augen mit meinen trafen. Ich vergaß zu atmen und mein Herz schlug schneller. „Siehst du ... Ich hab mich unter Kontrolle." Seine Unterlippe zitterte und es hörte sich so an, als würde er nicht mal selbst glauben, was er sagte. Trotzdem lächelte er mit seinen sanften Lippen und ich vermisste sie jetzt schon auf meinen.

„Ich möchte bei dir sein. Mir geht es nicht schlecht, glaub mir." Diesmal klang er sicher und ich versuchte ihm zu glauben. Immer noch lächelnd sah er mich an und ich konnte mir meins nicht unterdrücken.

Er löste diese Gefühle in mir aus, die meinen Körper von selbst handeln ließen. Er machte mich so glücklich. Es machte mir schon Angst, denn dies zeigte nur, dass ich ihn nicht verdient hatte und ich wusste nicht, wie lange er noch bei mir bleiben würde, bis er ebenfalls von mir weggenommen wird. Jeder Moment mit ihm zeigte mir, dass ich ihm nicht bieten konnte, was er verdiente, doch trotzdem verließ er mich nicht.

Alles machte keinen Sinn mehr. Was wenn ich ihn mit in den Abgrund zog? Was, wenn ich ihn verletzte? Es waren diese Zweifel, dieser Selbsthass, die Unsicherheit und die Angst, die mich von innen nach außen zerstörten. Ich war mir nicht mehr sicher, wie lang ich es noch aushalten könnte, doch er lächelte mit seinen so rosafarbenen Lippen. Diese Wärme welches es in mir ausbreitet, es verdrängte all die Dunkelheit in mir. Er ließ mich wieder das Licht sehen, was mich aus der Dunkelheit leitete. Er war der Grund, warum ich nicht aufgeben konnte. Er war die einzige Medizin, die ich benötigte.

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„You will never be alone again"

Dancing in Nightmares | Minho Vampire ffWhere stories live. Discover now