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Matilda

Kaum habe ich die Tür hinter ihm zugeknallte, lehne ich mich an diese und lasse mich daran auf den Boden herunterrutschen. Mein Gesicht dabei in meinen Händen vergraben und fange an bitterlich zu weinen. Was hatte ich getan? Wie konnte ich es nur so weit kommen lassen? Wieso habe ich mich so von meinem inneren Verlangen nach Harry steuern lassen? Für den Bruchteil einer Sekunde waren alle Sorgen vergessen. Ich habe nur noch ihn gesehen. Nur noch ihn gefühlt und genau das war es. Dieser Moment als sich etwas in mir zusammenzog, dieses Gefühl, was bisher niemand außer Harry in mir ausgelöst hat, machte alles kaputt. Dazu die Erkenntnis das wir wieder einmal ohne in Kondom miteinanderschliefen war genug. Ich konnte nicht anders als ihn einfach rauszuschmeißen. Noch jetzt überkommen mich meine Gefühle ich muss mich stark darauf konzentrieren genug Luft zu bekommen, so stark bin ich am Weinen.

Ich höre gedämpft, wie er gegen meine Tür klopfte, immer und immer wieder. Ich höre, wie er nach meinem Namen ruft. Ich weiß, dass ich ihm eine Entschuldigung und vor allem eine Erklärung über mein Verhalten schuldig bin, aber jetzt gerade war ich nicht in der Lage dazu. "VERSCHWINDE!" schreie ich irgendwann laut und sofort verstummt es vor meiner Tür. Kurz darauf höre ich wie sich Schritte entfernen und die Treppen hinunter gehen. Als ich dann die Haustür unten im Flur zufallen höre, weiß ich das er gegangen ist. Er ist weg.

Ich ziehe die Beine eng an meinen Körper, umschlinge sie mit meinen Armen, vergrabe mein Gesicht zwischen meinen Schenkeln und weine, ich weine, bis keine Tränen mehr kommen, bis ich nur noch schniefend dasitze, meine Augen aufgequollen und rot unterlaufen sind. Sie brennen, wie Feuer und ich kann mich nicht daran erinnern, wann es mir das letzte Mal so schlecht ging. Ich schaffe es irgendwann mich wieder aufzurappeln, mir etwas anzuziehen. "Wo... Ist mein scheiß Pullover???" fluche ich und fühle zwischen meine Kissen auf der Couch. "Da bist du... oh..." ich ziehe ein Stück Stoff hinter einem der Kissen hervor und muss feststellen, dass es nicht mein Oberteil ist, sondern das Sweatshirt von Harry. Ich schlucke. Fuck. Durch den plötzlichen Aufbruch, habe ich ihm tatsächlich meinen Pullover in die Hand gedrückt? Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen und muss mir einen Moment doch bildlich vorstelle, wie er gerade mit einem viel zu kleinen rosafarbenen Pullover durch London läuft.

Doch mein kurzes euphorisches Auflachen hält nicht lange an, denn kaum kommen mir die Bilder von Harry in den Sinn, kommen auch die Tränen zurück. 10 Monate absolute Funkstille, 10 Monate kein Wort und plötzlich steht er vor mir und erzählt mir das morgen früh die ganze Welt weiß, dass ich eine Fehlgeburt hatte.

Ohne zu überlegen, greife ich nach meinem Handy und rufe Mary an. Nach dem 4. Tuten geht sie endlich dran. „Mati, süße. Was gibt's?" will sie wissen. Schniefend halte ich mein Handy ans Ohr „Ich habe mit Harry geschlafen!" platze ich direkt mit der Katze im Sack heraus. Stille. Sehr lange Stille. „Sag was..." wimmerte ich leise in mein Telefon und hoffe das sie nicht völlig ausrastet. „Matilda, sag mir, dass das nicht wahr ist?" kommt die leise Gegenfrage meiner besten Freundin. „D....doch? Wir... er war hier... und... dann... ich... in mir ist irgendein Hebel umgelegt worden. Fuck, ich habe alles ausgeblendet und bin förmlich über ihn hergefallen... und als wir dann wild auf dem Sofa da... da wurde plötzlich bewusst, WAS ich da tue... ich habe ihn rausgeschmissen...ich habe ihn einfach vor die Tür gesetzt, Mary!" ich rede ohne Punkt und Komma, rede viel zu schnell und hab keine Ahnung, ob sie überhaupt irgendein Wort versteht, was ich da runterrattere.

„Du hast ihn nackt im Flur stehen lassen? Respekt Matilda, DAS hätte ich dir nicht zugetraut!" ich kann ihre Anerkennung deutlich heraushören und kurz darauf ein leises Lachen. „Verdammt, Marryyyy, das ist nicht witzig..." raufe ich mir die Haare. „Gib mir 15 Minuten, ich komme zu dir!" und schon hat sie das Gespräch beendet. Ich lasse mich auf die Couch fallen und jammere einmal laut auf. Das kann doch alles nicht wahr sein.

You can let it go (H.S.)Where stories live. Discover now