You can let it go (H.S.)

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Harry

Meine Lust, auf diese Spendengala für Kinder zu gehen, hält sich echt extrem in Grenzen, aber Jeff meinte, dass es wichtig ist, dass man nicht nur Negativ-Schlagzeilen von mir liest. Also gehe ich über den roten Teppich einige Meter vor ihm und winke brav nach links und rechts, während ich mich innerlich schon darauf freue, wenn ich gleich einen Drink in der Hand halte.

Die Menschen, die sich dort versammelt haben, um mir zuzujubeln verschwimmen zu einer Masse und es fällt mir schwer mich auf die einzelnen Gesichter zu konzentrieren. Vielleicht hätte ich die drei Gläser Bourbon vorhin nicht trinken sollen, aber seit sich mein Leben so verändert hat, halte ich es kaum noch ohne aus. Jeff tritt neben mich und gibt mir ein Zeichen, dass es an der Zeit ist nach drinnen zu gehen. Irgendwie ist er in den letzten Monaten mehr zu meinem Kindermädchen mutiert, als dass er mein Manager ist.

Als wir die Halle betreten sind schon fast alle Tische voll besetzt und ich bin wieder einmal einer der letzten, der sich setzt. Dem Gelaber, das der Moderator von sich gibt, folge ich nur auf halbem Ohr und lasse stattdessen den Eiswürfel in meinem Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit kreisen. Gelangweilt male ich mit dem Messer das Muster auf der Tischdecke nach und nicke ab und zu den Personen zu, die sich im näheren Umfeld befinden und mich begrüßen. Ob das respektlos ist? Bestimmt... aber es interessiert mich nicht das kleinste bisschen.

Mein Interesse ist erst geweckt, als ich den Namen meines besten Freundes höre und sich mein Kopf schlagartig in Richtung der Bühne dreht. Haben wir mal darüber gesprochen, dass er hier auftreten wird? Ich weiß es nicht mehr, aber ich habe ihn in den letzten Tagen auch nicht erreichen können...

Nachdem ich herausgefunden habe, dass sie bei einem seiner Songs die Back-Vocals übernommen hat, habe ich mehrfach versucht bei ihm anzurufen, aber immer nur die Mailbox dranbekommen. Und er hat es nicht für nötig empfunden mich mal zurückzurufen. Eigentlich sollte ich ihn direkt von der Bühne ziehen.

Aufgebracht stehe ich auf und will gerade losstürmen, als die ersten Töne seines Songs ertönen und alle anderen im Raum auch von ihren Stühlen aufstehen und ihm tosend applaudieren. Jeff reagiert mal wieder schnell und hält mich am Arm zurück, als Louis auf die Bühne springt und der Scheinwerfen ihn anleuchtet. Gut gelaunt performt er dort oben und für einen Moment kommt es mir so vor, als würden auch die anderen Beiden herauskommen und wir wären einfach wieder nur fünf Jungs, die gemeinsam Spaß haben.

Doch was mir dann ins Auge fällt, ist alles andere als das.

Dort steht sie... Am Rand der Bühne... wunderschön wie eh und je... in einem grünen Kleid, dass ihre perfekte Figur nicht besser hätte zur Geltung bringen können. Meine Brust zieht sich augenblicklich zusammen und ich habe das Gefühl, dass ich keine Luft mehr bekomme. Meine Finger umklammern das Glas, dass ich noch immer in der Hand halte, und ich starre sie einfach nur an.

Ihre Augen sind geschlossen und es sieht nicht so aus, als würde sie sich dort oben wohl fühlen. Ich blende alles Andere um mich herum aus und fokussiere nur sie. Beobachte jede ihrer Bewegungen. Wie sie mit einer Hand das Mikrofon umklammert und sie andere so verkrampft um den dazugehörigen Ständer schließt, dass man das weiße an ihren Knöcheln sehen kann.

Zum Glück hat sie mich noch nicht entdeckt. Das gibt mir die Chance sie später abzupassen und dann kann ich auch gleich mit Louis ein Hühnchen rupfen. Ich verstehe immer noch nicht, warum er mich belogen hat. Es fühlt sich an, wie ein Betrug und wer weiß, was dahintersteckt, dass er es mir verheimlicht hat.

Eine Stunde später hat sich das Ganze in den Bar-Bereich verlagert und ich bin von Whiskey auf Wein umgestiegen. Langsam gehe ich zwischen den Stehtischen hindurch und scanne den Raum nach den blonden Haaren ab, die mich seit Monaten in den Träumen verfolgen. Der Alkohol in meinem Blut macht sich bemerkbar und ich muss mich ab und zu kurz sammeln, damit ich nicht in Schwanken gerate.